Österreichs Behörden beobachten mutmaßliche Jihadisten und gefährdete Objekte.
Nach dem Anschlag auf das Satire-Magazin Charlie Hebdo sucht die Welt nach Auswegen gegen den Terror: Am Sonntag treffen sich in Paris zehn EU-Innenminister und der US-Justizminister; Österreich wird durch Ressortchefin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) vertreten.
Heimische Behörden haben 67 Rückkehrer im Visier
„Ich sehe für Österreich eine abstrakte höhere Gefährdung. Wir beobachten jetzt jeden mutmaßlichen Jihadisten ganz genau“, kündigt die Innenministerin im Interview einen harten Kurs gegen Terrorismus an.
Im Fokus: 67 Österreicher, die aus dem Krieg für den „Islamischen Staat“ in Syrien und im Irak zurückgekehrt sind. Laut Verfassungsschutzbericht stellen sie eine „Gefahr für die nationale Sicherheit“ dar. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen sie wegen Verdachts der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung. Ebenfalls im Visier: jene Österreicher, die bisher in den Jihad gezogen sind – wie Mohamed M., der Wiener Firas H. oder die beiden Mädchen Samra und Sabina. Sie alle werden international gesucht, Österreich kooperiert eng mit Interpol.
Und: Nach dem Attentat wurde jetzt der Schutz potenziell gefährdeter Objekte erhöht, dem Vernehmen nach primär von Gebäuden mit Frankreich-Bezug. Auch Medienhäuser wie ORF oder Standard werden von Sicherheitseinheiten geschützt.
Demnächst will Mikl-Leitner noch zusätzliche Maßnahmen präsentieren, mehr Personal ist angedacht. Terror-Experte Udo Steinbach streut Rosen: „So eine Tragödie ist in Österreich nicht passiert, weil die Dienste besser aufgestellt sind.“
Mikl-Leitner: "Wir haben jeden Rückkehrer genau im Visier"
ÖSTERREICH: Sie fahren nach Paris zu einem Innenministertreffen. Warum?
Johanna Mikl-Leitner: Gerade jetzt ist es wichtig bedingungslose Entschlossenheit für Freiheit und Toleranz zu zeigen. Und dieses Zeichen wird am Sonntag in Paris gesetzt werden.
ÖSTERREICH: Aus Syrien sind rund 60 Jihadisten zurückgekehrt. Wie schützen Sie die Österreicher davor?
Mikl-Leitner: Wir gehen mit null Toleranz gegen Jihadisten vor, gegen Verbrecher, die bereit sind, zu töten, zu morden, also hier Gewalt anzuwenden.
ÖSTERREICH: Wie sieht das konkret aus?
Mikl-Leitner: Jeder Kämpfer, der aus Syrien zurückkehrt, steht genau im Fokus des Staatsschutzes, jeder wurde angezeigt. Vorgeworfen wird ihnen die Teilnahme an einer terroristischen Organisation.
Steinbach: "Dienste sind in Österreich besser aufgestellt"
ÖSTERREICH: Ist im Anschlag von Paris eine neue Qualität des Terrors zu sehen?
Udo Steinbach: Es ist keine neue Qualität gegenüber dem, was wir seit Jahrzehnten erleben. Aber es ist ein neuer Kulturkrieg entstanden. Das Neue ist, dass hier bewusst eine Front aufgemacht wird aus dem Nahen Osten und in unsere Gesellschaft gebracht wird. Von Männern, die militärische Fronterfahrung haben. Wir sind gegen so etwas einfach nicht geschützt.
ÖSTERREICH: Einer der Brüder wurde von Al-Kaida ausgebildet. Was bedeutet das?
Steinbach: Sie agierten mit einer beängstigenden Professionalität. Sie müssen die Redaktion ausgespäht haben, sie wussten die Namen, sie kannten die Fluchtwege. Das Resultat der Al-Kaida-Ausbildung ist diese Kaltblütigkeit, mit der sie gemordet haben. Die Fronterfahrung gab ihnen die Sicherheit im Handeln.
ÖSTERREICH: Hat der französische Staatsschutz Fehler im Vorfeld gemacht?
Steinbach: Offensichtlich ist der französische Staatsschutz nicht gut aufgestellt. Es wurden Fehler gemacht. So eine Tragödie ist etwa in Deutschland oder Österreich noch nicht passiert, weil die Dienste hier besser aufgestellt sind.
J. Prüller