Österreichs Piratenpartei wählte am Sonntag in Wien einen neuen Bundesvorstand. Elf Kandidaten stellten sich einer hitzigen Wahl.
Überraschungspartei sind die Piraten längst keine mehr, auch in Österreich nicht. Seit 2006 gibt es sie – unbeachtet zwar und als Chaos-Truppe verschrien. Der fulminante Wahlerfolg der deutschen Piraten (siehe Kasten) versetzte den Internet-Aktivisten aber auch bei uns den Turbo-Schub. Sonntag wurde in Wien der neue Bundesvorstand gewählt, das Ziel ist optimistisch: „Wir sind klar zum Ändern“, sagen sie und wollen das 2013 auch umsetzen: Zuerst bei den Landtagswahlen in NÖ und dann bei der Nationalratswahl.
Partei – wie geht das? So diskutieren die Piraten
Schauplatz der Wahl des Bundesvorstands war das „Werk“, ein Ex-Fabriksgelände in Wien-Ottakring mit Cafe, Ateliers, Tonstudios. 120 Piraten aus ganz Österreichs reisten an. Unterstützt wurden sie von internationalen Piraten: Fabio Reinhardt aus Berlin kam, seit 2010 Angeordneter im Berliner Landesparlament. „Piraten ohne Grenzen“ schickten einen Vertreter aus der Schweiz, aus Russland reiste Lola Voronina, 28, an, eine Psychologin aus St. Petersburg: „Wir haben 20.000 Mitglieder“, sagt sie über die Moskau-Piraten.
Davon können die Austro-Piraten vorerst nur träumen: „120 arbeiten aktiv mit, rund 600 Unterstützer gibt es“, nennt Patryk Kopacynski, 27, Sprachtrainer und bisheriger Bundesvorstand, die überschaubaren Größenordnungen. Monatlich beträgt der Mitgliedsbeitrag zwei (!) Euro.
Piraten-Chaos, aber keine Schrei-Duelle bei Wahl
Elf Kandidaten traten für die fünf Sitze im Bundesvorstand an: Vom Pensionisten Manfred Kapla, 68, aus Wien („Frust hat mich hierher getrieben“) bis zum Schüler Jonas Reindl, 18, aus Salzburg: „Ich will was verändern.“
Das Chaos blieb kontrolliert: Keine Schreiduelle, keine Endlos-Debatten: „Fast diszipliniert“, konstatierte der deutsche Pirat Reinhardt. Die einzige Frau in der Chefriege der Piraten, Medizinerin Gertrude Hamader, 33, trat nicht an: „Ich muss erst mein Zweitstudium finalisieren“, sagt sie. Das Endergebnis der Wahl stand bei Redaktionsschluß dieser Ausgabe noch aus.
Kein Chaos: Parteitag der Piraten in Wien 16.
Deutsche Piraten im Vormarsch: 9 Prozent
Berlin. Deutschlands Piratenpartei hat sich längst etabliert, ist im Umfrage-Hoch. Nach ihrem fulminanten Erfolg im Saarland (7,4 Prozent) legte sie auch bundesweit kräftig zu: Laut neuester Emnid-Umfrage liegt sie bereits bei neun Prozent, damit hat sie die FDP (4 %) und die Linke (7 %) klar überholt. Die deutschen Grünen kommen nur noch auf 13 Prozent, der niedrigste Wert seit 2010.
Vor allem Männer unter 25 Jahren haben sich in Deutschland von den Grünen ab- und der Internet-Partei zugewandt. Verloren haben aber alle etablierten Parteien.
Mehrere Parteien geplant
Milliardär Frank Stronach will Wirtschafts-Partei.
Neben den chancenreichen Piraten wollen gleich mehrere neue Parteien Österreich erobern:
- Multi-Milliardär Frank Stronach plant eine Wirtschaftspartei.
- Unternehmensberater Matthias Strolz, 38 (er kommt aus dem VP-Umfeld), versucht Ähnliches: Er meldete den überparteilichen Verein „Österreich spricht“ an. Bis zum Herbst soll aus dem Verein eine eigene Partei werden: „Wir wollen den Stillstand überwinden“, sagt er. Sein Verein soll Wähler aus allen Lagern einsammeln.
- Das will auch Christian Obermayer. Gemeinsam mit Harald Obereder und Stefan Schartmüller möchte er noch im April die österreichische „Online-Partei“ gründen. Sein ehrgeiziger Plan: Direkte Demokratie online ins Parlament tragen.