Seniorenrat
AVAB-Streichung ist "verfassungswidrig"
15.11.2010
Das Sparpaket selbst wird von den Vertretern begrüßt.
Der Seniorenrat steht zwar im Großen und Ganzen zum Sparpaket der Regierung. Einen Punkt, die Streichung des Alleinverdiener-Absetzbetrages für Pensionisten, lehnen die Seniorenvertreter Andreas Khol (V) und Karl Blecha (S) aber vehement ab. Sie wäre verfassungswidrig, sagten sie am Montag in einer Pressekonferenz - und kündigten "gegebenenfalls" den Gang zum Verfassungsgerichtshof (VfGH) an.
Sparmaßnahmen
Rund 100.000 Pensionisten-Haushalte (70.000 im Bereich der PVA, 30.000 Beamte, Selbstständige etc.) und damit 200.000 Menschen wären von der Sparmaßnahme betroffen, hat der Seniorenrat erhoben. Da die Mindestpension für Paare - über die Ausgleichszulage - rund 1.175 Euro beträgt und die Steuerpflicht bei 1.067 Euro beginnt, würden alle, auch Bezieher niedriger Pensionen, eine monatliche Einbuße von 30 Euro erleiden. Die Pensionsanpassung 2011 wäre damit "aufgefressen", es käme also zu "echten Kürzungen", kritisierte Khol. Blecha sprach von einer "kalten Enteignung".
Die Streichung des AVAB brächte jährlich 25 bis 30 Mio. Euro. Die könnte man sich mit einer anderen Maßnahme holen, machte Khol einen Finanzierungsvorschlag: Die "Blockvariante" der Altersteilzeit könnte ersatzlos gestrichen werden. Das würde "sicherlich" mehr als 50 Mio. Euro bringen.
Verfassungswidrig?
Khol ist "ziemlich sicher", dass die AVAB-Streichung vom VfGH aufgehoben würde. Gleich drei Gründe sprächen dafür: Die ersatzlose Streichung des AVAB sei unsachlich, denn der Absetzbetrag sei das Entgelt für die Sorgepflicht. Der Vertrauensgrundsatz würde "gewaltig" gebrochen, denn die Regelung besteht mehr als 40 Jahre. Und der Gleichheitsgrundsatz würde verletzt: Denn Pensionisten und Erwerbstätige hier gleich zu behandeln sei eine Diskriminierung - weil Pensionistinnen nicht mehr arbeiten gehen können, um eine eigene Pension zu erlangen.
"Gegebenenfalls" werde der Seniorenrat also ein Musterverfahren beim VfGH anstrengen, kündigte Kohl an. Zunächst setzt man aber auf Gespräche mit der Regierung. Khol ist "sehr zuversichtlich, dass wir unter Gesichtswahrung eine Gesprächsrunde zustande bringen". Schließlich wolle man der Regierung ja "helfen" mit der eingeholten Expertise - und sie vor einem "Prestigeverlust" bewahren, wie ihn die schwarz-blaue Regierung bei der Aufhebung der Ambulanzgebührenregelung erlitt.
Deshalb übermittle man der Regierung auch die verfassungsrechtliche Expertise. Das Sparpaket als solches "wollen wir nicht aufschnüren", betonte Khol. Denn die Sanierungsmaßnahmen werden weitgehend begrüßt.
In Sachen Pflege verlangt der Seniorenrat aber die rasche Einrichtung eines Pflegefonds, der über vermögensbezogene Steuern finanziert wird sollte, merkte Blecha an. Er plädierte für eine Zweckwidmung, um sicherzustellen, dass die Mittel für das "Menschenrecht" auf adäquate und leistbare Hilfe verwendet werden. Bei den Verschlechterungen für die Pflegestufen 1 und 2 wollen die Seniorenvertreter eine Klarstellung: Denn mit dem derzeitigen Gesetzestext sei nicht gewährleistet, dass diese - wie vom Sozialminister beteuert - nur für neue Anträge gilt.