Richter-Flop

Bandion-Ortner sorgt für Justizgroteske

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Gerichtspräsidentin war nicht ernannt - zahlreiche Entscheidungen nichtig.

Eine Groteske am Landesgericht Wiener Neustadt sorgt innerhalb der Justiz für Gesprächsstoff. Am vergangenen Dienstag hat dort Ingeborg Kristen als vermeintlich neue Gerichtspräsidentin mehrere Verhandlungen eines Berufungssenats geleitet. Der Haken an der Sache: Kristen, die von Justizministerin Claudia Bandion-Ortner (ÖVP) zur Nachfolgerin des mit Jahresende in den Ruhestand getretenen Rudolf Masicek auserkoren wurde, ist formell nach wie vor nicht ernannt, da Bundespräsident Heinz Fischer, der die Personalentscheidung besiegeln muss, diese nach wie vor nicht unterschrieben hat.

Entscheidungen des Berufungssenats nun nichtig
Die Entscheidungen, die der Wiener Neustädter Berufungssenat getroffen hat, dürften damit wegen nicht gehöriger Senatszusammensetzung nichtig sein. Die Justizministerin wies diesbezüglich am Montag jedwede Verantwortung von sich. Sie habe Kristen in einem Telefonat lediglich mitgeteilt, dass sie diese für den Posten vorgeschlagen habe. Eine derartige Mitteilung an die Betroffenen sei eine Selbstverständlichkeit, so Bandion-Ortner. Selbstverständlich wisse aber auch jeder der Kandidaten, dass solche Berufungen erst mit der Ernennung durch den Bundespräsidenten wirksam würden.

Fischer-Sprecher: "So etwas wird nicht einfach durchgewunken"
Bandion-Ortners Vorschlag war erst am 22. Dezember in der Präsidentschaftskanzlei und damit für Fischer zu spät eingelangt, um die Personalie noch vor Jahresende abzusegnen. "So etwas wird bei uns nicht einfach durchgewunken", hatte dazu Bruno Aigner, der Sprecher des Bundespräsidenten. Der Akt bedürfe einer genauen Prüfung. Erst wenn diese abgeschlossen sei, werde Fischer unterschreiben. Laut Aigner werden derartige Unterlagen von den Ministerien üblicherweise vier bis fünf Wochen vorher dem Bundespräsidenten vorgelegt.

Zögerliches Vorgehen der Ministerin
Die zögerliche Vorgangsweise des Ministeriums  - dem Vernehmen nach soll sich Bandion-Ortner bereits Anfang Dezember auf Kristen festgelegt haben - und ein offensichtlich nicht ausreichender Kommunikationsfluss haben jedenfalls dazu geführt, dass das Landesgericht Wiener Neustadt Ende Dezember irrtümlich zur Überzeugung gelangte, die Masicek-Nachfolge habe sich geklärt. Mit 30. Dezember wurde die Geschäftsverteilung geändert, die bisherigen Masicek-Agenden wurden Kristen übertragen, drei weitere, mit Jahresbeginn neu ernannte Richter erhielten ebenfalls ihre neuen Aufgabenbereiche übertragen.

Kristen: "Glaubte, Ernennung sei bereits durch"

Basis dafür waren laut Gerichtssprecher Hans Barwitzius "Gespräche auf fernmündlicher Basis". Kristen selbst bezog sich auf "Informationen auf informellem Weg".  Sie habe "in einem persönlichen Anruf von der Ministerin" erfahren, dass sie Masiceks Nachfolgerin werden soll. Sie habe geglaubt, ihre Ernennung sei bereits "durch". Daher sei sie "meiner Pflicht nachgekommen" und habe ihre vermeintlich neue Tätigkeit in Wiener Neustadt aufgenommen.

Justizministerin an Präsidentenamt in Krems interessiert
Bandion-Ortner wird seit längerem Interesse am Präsidentenamt in Krems nachgesagt, sollte sie ihre politische Funktion zurücklegen müssen. Entsprechende Gerüchte hatten die Ministerin und die ÖVP zuletzt vehement zurückgewiesen. Mit der Ernennung Kristens auf den Präsidentenstuhl in Wiener Neustadt wäre allerdings die Stelle in Krems frei und ehebaldigst nachzubesetzen. Dazu wollte Bandion-Ortner am Montag keinen Kommentar abgeben. Nur so viel: Sie habe das Landesgericht Krems zwar vor Jahren einmal als schönes Gericht bezeichnet, ihr Lebensmittelpunkt sei mittlerweile aber in Gablitz bei Purkersdorf, meinte sie.

Bandion-Ortner weist Vorwürfe zurück

Den Vorwurf, den auf Kristen lautenden Besetzungsvorschlag kurz vor Weihnachten und damit zu spät an die Hofburg übermittelt zu haben, wies das Justizministerium zurück. Demnach gab es am 10. Dezember eine informelle Vorbesprechung mit dem Bundespräsidenten. Danach sei der Akt ins Kanzleramt übermittelt und erst am 20. Dezember von dort ans Justizministerium zurückgeschickt worden. Die Ministerin habe die Bestellung dann sofort unterschrieben (und in die Hofburg weitergeleitet, Anm.) Dass die Ernennung nicht schon mit 1. Jänner wirksam werde, habe man erst Ende Dezember telefonisch erfahren und dies auch am Dienstweg dem zuständigen Oberlandesgericht Wien mitgeteilt.

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