Die Parlamentsferien sind vorbei, die Abgeordneten müssen wieder arbeiten. Erstmals mit dabei ist die neue Justizministerin.
Die neue Justizministerin Claudia Bandion-Ortner (V) präsentierte sich am Mittwoch erstmals dem Nationalrat. Bundeskanzler Werner Faymann (S) und Vizekanzler Josef Pröll (V) stellten die Ex-Richterin den Abgeordneten vor. Zweiter Schwerpunkt waren Grundsatzerklärungen von Faymann und Außenminister Michael Spindelegger (V) zur Europapolitik. Auch die gestern beendete Gaskrise beschäftigte die Abgeordneten, in der Aktuellen Stunde und anlässlich einer Dringlichen Anfrage der Grünen.
Gesetzesbeschlüsse fielen erst nach diesen Debatten am Abend: Der neue Reisepass mit Fingerabdrücken plus einem andersfarbigen Jugendausweis sowie eine Erhöhung des Zivildienerentgelts lagen den Abgeordneten zum Beschluss vor
Schlichte Brille
Bandion-Ortner, normalerweise ein Fan von
extravaganten Brillen, hielt sich bei ihrer ersten Nationalratssitzung
zurück. Sie trug ein schlichtes Modell. In ihrer Antrittsrede meinte sie
dazu: "Justitia trägt eine Augenbinde. Ich finde, sie sollte in Zukunft
eine Brille tragen."
Sie versicherte, dass sie weiterhin die Unabhängigkeit wahren wolle, die sie 15 Jahre als Richterin genossen habe. Das rot-schwarze Regierungsprogramm sei natürlich Basis für ihre Arbeit. Würde sie damit nicht übereinstimmen, hätte sie das Amt nicht angetreten. Aber sie habe auch eigene Vorstellungen und Ziele, betonte die in der Vorwoche angelobte Ministerin.
Strache-Gerücht zurückgewiesen
Das von FPÖ-Chef
Heinz-Christian Strache gestreute Gerücht, ihr sei schon während des
BAWAG-Prozesses von Raiffeisen-Generalanwalt Christian Konrad das
Ministeramt angeboten worden, wies Bandion-Ortner strikt zurück: "Das
stimmt nicht, das möchte ich gleich jetzt festhalten."
Forderungen an Finanzminister
Was ihre künftige Aufgabe
betrifft, versicherte Bandion-Ortner, dass sie sich - "ich schaue in
Richtung Finanzminister" - für die notwendige personelle und materielle
Ausstattung der Justiz einsetzen werde. Sie bekräftigte u.a. ihr Vorhaben,
schon den wissentlichen Zugriff auf Kinderporno-Seiten strafbar zu machen
und das neue Antikorruptionsrecht zu präzisieren. "Es kann nicht
sein, dass jede Sponsoring-Leistung kriminalisiert wird", sagte sie
dazu.
Bekenntnisse zur EU
Am Nachmittag wurde im Hohen Haus über die
EU debattiert. Kanzler Faymann ging in seiner Erklärung vor allem auf die
Wirtschaftskrise ein. Er forderte mehr Flexibilität bei den
Maastricht-Kriterien und verlangte verkürzte Ausschreibungsverfahren. Die
Frage, ob Österreich weitere Maßnahmen ergreifen wird, ließ er ein weiteres
Mal offen. Außenminister Spindelegger wandte sich dagegen, die Union
schlecht zu reden. Vielmehr seien die Vorteile der Mitgliedschaft - wie sie
sich in der Wirtschaftskrise zeigten - klarer zu machen. Für SPÖ-Klubobmann
Cap hat sich die EU in der Bewältigung der Finanzkrise als "Bollwerk"
erwiesen. "Dieses Europa schützt und nützt", stellte Ex-Kanzler Wolfgang
Schüssel (V) fest.
Kritischere Töne kamen freilich von der Opposition - und der kritischste war erwartungsgemäß FPÖ-Chef Strache. Er hielt der EU vor, in der Finanz- oder auch der Gaskrise auf "Tauchstation" gewesen zu sein. BZÖ-Abg. Ewald Stadler konzedierte, dass es bei der Finanzkrise in der EU durchaus sinnvolle Ansätze gegeben habe, aber letztlich müssten doch die Nationalstaaten z.B. Haftungen für Banken übernehmen. Die Grüne EU-Wahl-Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek zeigte sich als "begeisterte Europäerin", sah aber auch einigen Handlungsbedarf etwa beim Klimaschutz und in der Reaktion auf die Finanzkrise.