Nach Kritik

Bandion will "Grasser vom hohen Ross holen"

26.01.2011

Die Ministerin kontert nun Grassers Attacke auf die Justiz.

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© TZ Österreich/Bieniek/Niesner
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Justizministerin Claudia Bandion-Ortner hat die Kritik von Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser an der heimischen Justiz scharf zurückgewiesen. "Man muss Herrn Grasser schon deutlich zurechtweisen und von seinem hohen Ross herunterholen", sagte die VP-Politikerin. Grasser hatte am Mittwoch auf die jüngsten Veröffentlichungen über sein Finanzstrafverfahren und sein undurchsichtiges Liechtensteiner Firmengeflecht mit einem offenen Brief an Bandion-Ortner reagiert. Darin warf der den ermittelnden Beamten Amtsmissbrauch vor, denn nur sie könnten vertrauliche Dokumente an die Medien weitergegeben haben.

Grasser soll sich selbst angezeigt haben: Alle Infos hier!

Ministerin kontert
"Ich lasse nicht zu, dass die Mitarbeiter der Justiz pauschal verdächtigt und verunglimpft werden", konterte die Ministerin heute. Abgesehen davon gebe es "verschiedenste Leute, die Zugriff auf solche Akten haben". Ob sie, wie von Grasser verlangt, straf- oder disziplinarrechtliche Schritte einleiten wird? "Wenn es Anzeigen gibt, wird wie in jedem anderen Fall bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt."

 

Keine Sonderbehandlung
Grasser bekomme keine Sonderbehandlung, es gebe keine Verdächtigen erster und zweiter Klasse, bekräftigte Bandion-Ortner. Die Vorwürfe gegen ihn würden "wie bei jedem anderen" bis ins Detail geprüft. Grasser hatte die Einleitung des Finanzstrafverfahrens gegen ihn als "willkürliche Entscheidung" bezeichnet. Bandion-Ortner dazu: "Ich bin es echt leid, dass die Arbeit der Justiz schlechtgemacht wird, ob aus parteipolitischen oder persönlichen Motiven heraus."

Zum Vorwurf Grassers, dass er öffentlich denunziert werde, meinte die Ministerin. "Dass er nicht glücklich ist über die Situation, kann ich natürlich nachvollziehen."

"Vorlesung"
Die kabarettistische "Vorlesung" aus den Telefonabhörprotokollen von Gesprächen der im Buwog-Skandal Beschuldigten Walter Meischberger, Ernst Karl Plech und Grasser im Audimax der Universität Wien findet die Ministerin offenbar nicht ganz so witzig: "Bei einem Ermittlungsverfahren handelt es sich um eine ernsthafte Angelegenheit für alle Beteiligten."

Ob und wann es in der Buwog-Affäre zu einer Anklage kommt, wollte Bandion-Ortner nicht sagen. Polizei und Justiz ermittelten mit Hochdruck, das nicht nur in Österreich, sondern auch in der Schweiz, in Liechtenstein und in Zypern, sagte sie. Man müsse die Justiz in Ruhe arbeiten lassen. Selbiges gelte für den Fall Meinl und "all diese großen Strafverfahren." Zum Fall BAWAG - der Oberste Gerichtshof (OGH) hat ja die Urteile von Bandion-Ortner, damals Richterin, zerpflückt - wollte sie sich nicht äußern. "Mit der Causa habe ich schon lange nichts mehr zu tun", sie fühle sich nicht unter Druck.

 

Seite 2: In einem vierseitigen Brief greift der Ex-Finanzminister die Justiz an.

 Grasser-Brief: "Jetzt reichts!"

„Mir reicht es!“ Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser wendet sich in der Causa rund um seine Liechtensteiner Privatstiftung nun direkt an Justizministerin Claudia Bandion-Ortner. Gestern schickte Grasser einen persönlichen, vierseitigen Brief an die Ministerin.

Zuletzt waren Vorwürfe laut geworden, eine Tochter von Grassers Liechtenstein-Stiftung „Silverland“ hätte ihm ein Darlehen in Höhe von 3,7 Mio. Euro für sein Wiener Innenstadt-Penthouse gewährt – den Finanzbehörden sei dieser Deal nicht gemeldet worden. Für Grasser gilt die Unschuldsvermutung.

 

Grasser erhebt in dem Brief – der ÖSTERREICH vorliegt – schwere Vorwürfe gegen Bandion:

  • „Leider musste ich wiederholt feststellen, dass ausschließlich den Ermittlern zugängliche Unterlagen an Medien weitergegeben wurden. (...) Da diese Unterlagen von der Akteneinsicht ausgenommen sind, können nur Ermittlungsbeamte die vertraulichen Dokumente an Medien weitergegeben haben, um mich öffentlich zu denunzieren.“
     
  • Grasser weiter: „Mir wird dadurch großer wirtschaftlicher Schaden zugefügt und meine Reputation und mein Ansehen in der Öffentlichkeit schwerstens beschädigt. Im aktuellen Fall meiner Finanzunterlagen muss ein Ermittlungsbeamter das Verbrechen des Amtsmissbrauchs begangen haben.“ Grasser fordert, dass die Ministerin disziplinar- sowie strafrechtliche Schritte einleiten soll. Eine diesbezügliche Anzeige sei bereits eingebracht worden, bestätigt Grasser in ÖSTERREICH.
     
  • Und KHG greift erneut die Justiz an: „Die Einleitung des Finanzstrafverfahrens gegen mich muss ich als eine willkürliche Entscheidung betrachten, die gegen rechtsstaatliche Prinzipien verstößt.“ Bandion solle von ihrem Weisungsrecht Gebrauch machen und die Ermittlungen vorantreiben. Im Ministerium gibt man sich „unbeeindruckt“ und behält sich für heute eine Antwort vor ...

(fen)

Seite 3: Karl-Heinz Grasser im ÖSTERREICH-Interview: "Jetzt reicht es mir"

Grasser: „Jetzt reicht es mir“

ÖSTERREICH: Sie haben der Justizministerin einen Brief geschrieben. Was wollen Sie damit bezwecken?
Karl-Heinz Grasser: Mein Punkt ist: Mir reicht es. Es gibt viele Beweise dafür, dass ich kein faires Verfahren habe und man mir schaden will. Das letzte Beispiel dafür waren Dokumente zu meiner Stiftung in Liechtenstein, die mein Anwalt und ich persönlich dem Staatsanwalt übermittelt haben. Er hat uns daraufhin bestätigt, dass niemand diese Dokumente bekommt. Und prompt landen sie wieder in den Medien. Das ist der Beweis dafür, dass hier jemand Amtsmissbrauch begeht.

ÖSTERREICH: Sie wollen, dass die Ministerin jetzt durchgreift?
Grasser: Ich rufe die Ministerin auf, zu handeln. Sie muss endlich Leute zur Verantwortung ziehen. Nur Polizei und Staatsanwalt haben die Dokumente gehabt, dass heißt, von dort sind sie nach außen gegangen. Es muss ja auch im Interesse der Ministerin sein, das aufzuklären.

ÖSTERREICH: Wie werden Sie jetzt weiter vorgehen?
Grasser: Ich habe Anzeige gegen Ermittlungsbeamte wegen Amtsmissbrauchs erstattet, das geht aus meinem Brief hervor. Die Ministerin muss sicherstellen, dass es ein faires Verfahren gibt.

(fen)

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