Experten zufolge ist der Vorsatz beim Zugriff auf eine Kinderporno-Seite schwer nachzuweisen. Außerdem lehnen sie einen "Generalverdacht" ab.
Das Vorhaben von Justizministerin Claudia Bandion-Ortner, den wissentlichen Zugriff auf Kinderpornografie im Internet unter Strafe zu stellen, ist unter Experten umstritten. Zwar ist die Verfolgung von Zugriffen auf Websites laut Internetexperte Christian Platzer von der TU Wien "technisch möglich", Rechtsexperte Helmut Fuchs von der Universität Wien hält den Vorschlag der Justizministerin allerdings für "nicht sinnvoll". Christian Jeitler vom Verein "quintessenz" warnt vor einem "Generalverdacht".
"Gewisser Aufwand"
Technisch gesehen sei es "mit einem
gewissen Aufwand" prinzipiell möglich, Zugriffe auf Kinderpornoseiten im
Internet zu verfolgen, meint Platzer. "Die Polizei muss so eine Seite
finden, online lassen und schauen, wer darauf zugreift." Dazu müsse man den
Computer des Anbieters in Beschlag nehmen und bei den Internetanbietern
wegen der Kundendaten nachfragen, so der Experte für Internetsecurity.
Die Weitergabe von Kundendaten sei rechtlich in Verdachtsfällen schon heute möglich, so Fuchs, Vorstand des Instituts für Strafrecht und Kriminologie an der Uni Wien.
"Versehentlich oder absichtlich"
Juristisch müsste man
allerdings den Tatbestand im Gesetz erweitern, der derzeit nur die
Weitergabe und Speicherung von Kinderpornografie unter Strafe stellt,
erklärt Fuchs. "Ich halte das aber nicht für sinnvoll und auch nicht für
notwendig", so Fuchs. Schwierigkeiten sieht er vor allem im Vorsatz: "Man
kann nicht vom Anklicken unterscheiden, ob es jemand versehentlich oder
absichtlich gemacht hat." Die Verdachtsschwelle werde damit gesenkt, und
schon Verdacht führe zu Maßnahmen wie "unangenehmen Fragen".
"Generalverdacht" schadet
Jeitler von "quintessenz"
warnt hingegen vor einem "Generalverdacht". Das Ziel, Kunden von
Kinderpornografie ausfindig zu machen, "darf kein Grund sein, alle
österreichischen Internetanschlüsse zu überwachen und deren Daten zu sammeln
- das weckt auch Begehrlichkeiten von anderen Seiten für ganz andere
Zwecke", so Jeitler. Überwachungen sollten nur "unter richterlicher
Kontrolle" und "anlassbezogen" durchgeführt werden dürfen.
"Kinderpornos sind Community-Sache"
Den gesamten
Internetverkehr zu protokollieren hält Internet-Experte Platzer aber ohnehin
nicht für zielführend: "Man hat eine bessere Trefferquote, wenn man von den
Kinderporno-Seiten ausgeht." Auch einen versehentlichen Verdacht könne man
ausschließen: "Solche Seiten findet man nicht einfach so, man muss sich
schon aktiv darum bemühen." Kinderpornografie spiele sich in einer Community
ab, in der meistens jeder selbst Inhalte anbieten müsse, um ein Teil davon
zu werden, erklärt Platzer. "Die User sind also mit hoher Wahrscheinlichkeit
selbst involviert."
Wie Bandion-Ortner ihr Vorhaben genau umsetzen will, ist noch nicht bekannt. Man arbeitet gerade an einem Konzept, es soll zusammen mit dem Gewaltschutzpaket ins Parlament eingebracht werden.