SPÖ-Führungskrise
Bartenstein warnt SPÖ
13.06.2008
ÖVP-Wirtschaftsminister Martin Bartenstein macht klar, dass die ÖVP der Führungsdebatte beim Koalitionspartner nicht mehr lange zusehen wird.
Im Interview mit der Tageszeitung ÖSTERREICH (Samstag-Ausgabe) sagt er: Die SPÖ sei derzeit "völlig von der Rolle", sagt Bartenstein. Und weiter: "Ich glaube, dass vor dem Sommer klar sein muss, wohin die Reise geht - und vor allem mit wem. Ansonsten wird‘s schwierig." Sollte Alfred Gusenbauer - dem Bartenstein übrigens "viel Glück" wünscht - tatsächlich stürzen, werde die ÖVP die Situation "völlig neu bewerten". Ob das Neuwahlen bedeute? Bartenstein: "Klar ist, dass es ein breites Spektrum an Möglichkeiten gibt."
Kritik an Häupl
Heftige Kritik übt Bartenstein an den
Gusenbauer-Kritikern, allen voran am Wiener Bürgermeister Michael Häupl: "Die
Forderungen nach einer Politik mit mehr Herz oder mehr sozialer Wärme, das
sind ja alles nur Floskeln. Zu Michael Häupl: Der sieht sich immer gern als
Königsmacher. In Wahrheit ist er der Königsmörder."
ÖGB macht Druck
Zuvor hatten sich am Freitag vor allem die
Gewerkschaften auf den SPÖ-Chef eingeschossen. ÖGB-Präsident Rudolf
Hundstorfer forderte eine rasche und zügige Personaldebatte für die SPÖ. Lesen
Sie hier mehr dazu.
Das Interview mit Bartenstein im Detail:
ÖSTERREICH: Was bedeutet die SPÖ-Führungsdebatte für die Koalition?
Martin Bartenstein: Ich sehe das mit großer Sorge, die SPÖ ist ja völlig von der Rolle. Für eine professionelle Regierungsarbeit ist das absolut kontraproduktiv. Ich kann Minister Faymann nur recht geben: Die SPÖ ist noch nicht in der Regierung angekommen. Ich verhandle die Pensionsautomatik mit dem Kanzler und dem Sozialminister – und wenige Tage später gilt das nicht mehr. Das ist doch ein desaströses Erscheinungsbild.
ÖSTERREICH: Die SPÖ will die Pensionsautomatik aber nicht. Und Wiens Bürgermeister Michael Häupl fordert eine Vorverlegung der Steuerreform auf 2009. Können Sie sich das vorstellen?
Bartenstein: Das Problem ist: Die SPÖ weiß zwar, was sie nicht will – nämlich derzeit offenbar Alfred Gusenbauer –, sie weiß aber auch nicht, wen oder was sie will. Die Forderungen nach einer Politik mit mehr Herz oder mehr Wärme, das sind ja alles nur Floskeln. Zu Michael Häupl: Der sieht sich immer gern als Königsmacher. In Wahrheit ist er der Königsmörder.
ÖSTERREICH: Was passiert, sollte Gusenbauer tatsächlich abgelöst werden? Geht die ÖVP dann in Neuwahlen?
Bartenstein: Wir haben die Koalitionsvereinbarung mit Alfred Gusenbauer verhandelt. Ginge er, müssten wir die Situation völlig neu bewerten.
ÖSTERREICH: Was heißt denn das? Neuwahlen?
Bartenstein: Das kann man erst sagen, wenn die Situation da ist. Klar ist, dass es da ein breites Spektrum an Möglichkeiten gibt.
ÖSTERREICH: Wie lange hat die SPÖ denn noch Zeit, ihre Führungsfrage zu klären, damit die Koalition weiter bestehen und – wie Sie sagen – zu einer professionellen Arbeit zurückkehren kann?
Bartenstein: Man kann Alfred Gusenbauer dazu nur viel Glück wünschen. Ich glaube, dass vor dem Sommer klar sein muss, wohin die Reise geht – und vor allem mit wem. Ansonsten wird’s schwierig.