ÖSTERREICH

Bartensteins geheime Kasachstan-Deals

20.07.2009

Ausgerechnet der Vorsitzende des Spitzel-Ausschusses macht Millionen durch Pharma-Deals mit der kasachischen Regierung. Jetzt fordert der Grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz seinen Rücktritt.

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© APA, Bartenstein beim Kasachstan-Besuch im Jahr 2007. Mit dabei: AUA-Bruchpilot Ötsch (links)
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Seit Tagen läuft die Opposition gegen Ex-Minister Martin Bartenstein als Vorsitzenden des U-Ausschusses im Parlament Sturm. Einer der - bisher unbewiesenen - Vorwürfe: Bartenstein soll "Geschäfte mit Kasachstan“ betreiben. Jetzt hat ÖSTERREICH die Kasachstan-Connection von Bartenstein recherchiert - und Details gefunden, die für Wirbel sorgen werden. Bartenstein betreibt die Firma Lannacher Heilmittel - sie hat eine eigene Gesellschaft in Kasachstan mit Sitz in der Aiteke bi Street 88, in 050000 Almatay, also mitten in der Hauptstadt Kasachstans. Die Kasachstan-Filiale ist eine der wichtigsten von insgesamt 14 Niederlassungen des Bartenstein-Imperiums in der ganzen Welt. Von hier aus wickelt der Lannacher Konzern seine Geschäfte am wachsenden kasachischen Markt ab.

Millionen-Deals mit der kasachischen Regierung
Bartenstein hat dabei als wichtigsten Partner die kasachische Regierung, die alle seine Medikamente genehmigen muss und deren Geheimdienst-Connection nach Österreich nun von Bartenstein untersucht wird. Bartenstein ist mit Kasachstans Regierung engstens verbunden - denn wirklich groß im Geschäft ist er seit 2007. Bei einem Staatsbesuch als damaliger Wirtschaftsminister traf Bartenstein in der kasachischen Steppe am 17. September 2007 auf Energieminister Sauat Mynbajev. Offiziell ging es um Gaslieferungen - doch seither blüht sein Medikamenten-Handel.

Verfahrensanwalt ist der Bartenstein-Treuhänder
Zumindest einer kennt die Verbindungen von Bartenstein zur Regierung von Kasachstan genau: Klaus Hoffmann. Er ist seit über einem Jahrzehnt Treuhänder für Bartensteins Lannacher-Anteile - verwaltet damit auch Bartensteins Geschäfte in Kasachstan. Der unglaubliche Zufall: Ausgerechnet Bartensteins Treuhänder wurde jetzt (auf seinen Vorschlag) zum Verfahrensanwalt des U-Ausschusses bestellt.

Die Fakten zur Firma Lannacher
Lannacher ist eines der führenden Pharma-Unternehmen in Österreich und produziert vor allem Antidepressiva, Herz/Kreislaufmedikamente. Der Umsatz 2008 lag bei etwa 68 Millionen Euro, davon rund 60 % im Export. Insgesamt sind in Lannach und Wien 470 Mitarbeiter tätig, zusätzlich 210 an internationalen Standorten.

Grüne und BZÖ wollen Anwalt ersetzen
Die Grünen und das BZÖ wollen den Verfahrensanwalt des Spitzel-Untersuchungsausschusses, Klaus Hoffmann, ersetzen, weil dieser gleichzeitig Treuhänder des Ausschuss-Vorsitzenden Martin Bartenstein (V) ist. Man sei zum Zeitpunkt der Wahl nicht über diese Tatsache informiert gewesen, erklärten sowohl der Grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz als auch der BZÖ-Abgeordnete Ewald Stadler am Dienstag. Pilz hielte es auch für "vernünftig", dass Bartenstein seine Funktion abgibt.

Dass Pilz laut Bartenstein "gelassen" reagiert hatte, als Bartenstein den U-Ausschuss am vergangenen Freitag über die Sache informiert habe, "stimmt überhaupt nicht". Gelassen habe er lediglich auf Beschimpfungen der FPÖ an Bartenstein wegen einer Kasachstan-Reise im Jahr 2007 reagiert, erklärte Pilz. "Da finde ich nichts dabei", denn immerhin sei Bartenstein damals Wirtschaftsminister gewesen.

Über Bartensteins Firmengeschäfte in Kasachstan und die Tatsache, dass Hoffmann als Treuhänder agiert, habe er hingegen nichts gewusst, so Pilz. Er sei "sehr überrascht" darüber gewesen, als er es am Montag erfahren habe. "Bartenstein hätte uns darüber informieren müssen", gibt sich Pilz alles andere als gelassen. Das Problem steht für Pilz fest: Laut Außenhandelsstatistik würden die Exporte nach Kasachstan seit 2008 auf Druck der kasachischen Regierung enorm einbrechen, weshalb die Gefahr bestehe, dass Bartenstein als Vorsitzender des U-Ausschusses und Geschäftsmann in Kasachstan "im besonderen Maße unter Druck gerät".

Pilz fordert Rücktritt Bartensteins
"Das halte ich für keinen guten Start und wir werden uns im Ausschuss damit beschäftigen." Zwar wolle er Bartenstein "persönlich nichts unterstellen", doch "es gibt Unvereinbarkeiten und es zeichnet sich ein Interessenskonflikt ab". "Das Beste ist, sich geschwind einen neuen Verfahrensanwalt zu suchen." Es gebe viele andere Möglichkeiten, und die Sache solle man "sehr schnell lösen", so Pilz. "Vernünftig" wäre es außerdem, wenn Bartenstein "von sich aus" seine Funktion als Vorsitzender zurücklegt. Bartenstein äußerte sich inzwischen zu den Vorwürfen: "Absolut kein Problem", so der Vorsitzende des Spionage-Ausschusses.

Auch Stadler behauptet, zum Zeitpunkt von Hoffmanns Wahl nichts über dessen Funktion als Treuhänder für Bartenstein gewusst zu haben. Er finde es "problematisch", dass der Ex-Minister mit Geschäftsverbindungen nach Kasachstan Vorsitzender des U-Ausschusses ist, "in Summe noch problematischer" sei aber, dass dessen Treuhänder auch noch Verfahrensanwalt ist. Er habe nicht gelassen reagiert, sondern die Tatsache "zur Kenntnis genommen". Bartenstein habe ihn erst nach Hoffmanns Wahl informiert, kritisiert Stadler: "Sonst hätte man reagieren können."

Der BZÖ-Mandatar würde es wie Pilz unterstützen, dass Hoffmann seine Funktion als Verfahrensanwalt nicht antritt. Er sei nach wie vor dafür, den ehemaligen Generalprokurator der Republik, Walter Presslauer, als Verfahrensanwalt einzusetzen, erklärte Stadler.

Die FPÖ hingegen steht zu Hoffmann. Seine Funktion als Treuhänder sei dem Parlament bekanntgewesen, sagte ein Sprecher. Hoffmann sei ein "ausgesprochen renommierter Anwalt" und "in seiner Objektivität nicht zu hinterfragen".

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