Neue Ideen der Innenministerin zum Thema Integration, Migration, Einbürgerung.
Eine neue Studie zur Integrationswilligkeit von Zuwanderern heizt die Diskussion in Österreich wieder an. Die Gfk-Untersuchung im Auftrag des Innenministeriums legt nahe, dass sich vor allem jüngere und stark religiöse Personen mit türkischem Migrationshintergrund vergleichsweise schlecht in die österreichische Gesellschaft eingliedern. Innenministerium Maria Fekter (ÖVP) spricht im Interview von "gravierenden Problemen". Entgegen wirken will sie unter anderem damit, dass künftig die Ausbezahlung der Familienbeihilfe bis zum 18. Lebensjahr an den Besuch einer Schule bzw. einer Lehre gebunden ist.
Kritik an den Fekter-Vorschlägen zur Familienbeihilfe-Ausbezahlung kommt von der FPÖ. Generalsekretär Harald Vilimsky meint, Familienbeihilfe sollte es überhaupt nur für österreichische Staatsbürger geben. Die Grüne Menschenrechtssprecherin Alev Korun lehnt hingegen das Fekter-Ansinnen entschieden ab.
Bei Adam und Eva beginnen
Die Benachteiligung von Frauen und
Mädchen müsse gezielt angegangen werden, meinte Fekter. Die Menschenwürde
sei unteilbar: "Wenn ich daran denke, was in den 80er und 90er Jahren
die Emanzipation erkämpft hat, da ist es schon erschreckend, wenn wir da bei
Adam und Eva beginnen müssen."
Für die Innenministerin wäre eine Qualifikationspflicht auch im Interesse der Eltern. Denn die Gfk-Studie habe gezeigt, dass für sie der größte Wunsch ist, dass die Kinder einerseits die deutsche Sprache und andererseits eine Qualifikation erwerben.
Deutschkurse allein zu wenig
Als Quantensprung sieht Fekter
bereits die Einführung des verpflichtenden Gratiskindergartenjahres. Nun
müsse man aber auch bei den Heranwachsenden bzw. Erwachsenen ansetzen.
Bisher sei nur auf Deutschkurse gesetzt worden, was aber zu wenig sei. Denn
für die Integration ebenso bedeutend sei, dass Migranten eine Ausbildung
erhielten und sich so am Arbeitsmarkt etablieren könnten.
"Scharia ist bei uns nicht die Rechtsordnung"
Bekämpfen
will die Ministerin eine "fundamentalistische Tendenz", die sich
sukzessive gesteigert habe, ohne dass das jemand beim Namen genannt habe: "Jetzt
nennen wir es beim Namen und halten dagegen." Jeder, der in Österreich
leben wolle, habe Rechtsordnung und Werte zu akzeptieren - "und die
Scharia ist bei uns nicht die Rechtsordnung", antwortete Fekter
auf ein Studienergebnis, wonach sich mehr als die Hälfte der türkischen
Migranten wünscht, dass das islamische Recht in das österreichische
Justizsystem einfließt.
Eingebunden werden sollen in diesen Prozess auch die Religionsgemeinschaften: "Auch die wollen ja keine Fundamentalisten haben." Die Religiosität der Zuwanderer ist für Fekter unantastbar, inakzeptabel sei aber, wenn man aus einer Religion ein politisches System ableiten wolle: "Unsere Aufgabe ist es, dass wir die Gemäßigten stärken gegen die Fundamentalisten."
Integration - alle müssen sich "anstrengen"
Vage
bleibt die Ministerin, was ein weiteres Ergebnis der Studie angeht -
nämlich, dass mehr als die Hälfte der Personen mit Migrationshintergrund
Rassismus bzw. Ausländerfeindlichkeit in Österreich orten. Dazu meint Fekter
bloß, dass sich natürlich alle anstrengen müssten, damit Integration
funktioniere. Die österreichische Bevölkerung habe aber in der Vergangenheit
bewiesen, "dass sie eigentlich sehr geduldig ist in Bezug auf die
Aufnahmefähigkeit von Zuwanderern." Überdies sei ja auch bekannt,
wie freundlich Touristen hierzulande aufgenommen würden.
"Eid auf unsere Fahne"
Ist ein Zuwanderer dann einmal
so weit, dass er die österreichische Staatsbürgerschaft erhalten kann, steht
ihm künftig eine weitere Aufgabe bevor, wenn es nach Fekter geht. Ihr
schwebt im Rahmen der Einbürgerung ein "Eid auf unsere Fahne"
vor. Diese Zeremonie sei ein Symbol dafür, dass es identitätsstiftende
Maßnahmen brauche.
Die Gfk-Studie hat zwar insgesamt ein hohes Maß an Integration von Migranten gezeigt, aber auch, dass eine relativ große Gruppe "religiös-politisch orientierter Muslime" Probleme mit bestimmten Elementen der österreichischen Gesellschaft habe - gerade in Hinblick auf Familie, Partnerschaft, Geschlechterrollen und Gleichberechtigung von Männern und Frauen.
Speziell Hausfrauen, die unterste Bildungsschichten und Personen, die seit weniger als 10 Jahren in Österreich leben, sind überwiegend religiös-politisch orientiert, desgleichen 50 Prozent der Unter-30-Jährigen. Sprachlich sind Frauen sichtlich im Nachteil. Nur fünf Prozent der muslimischen Hausfrauen weisen muttersprachliche oder sehr gute Deutschkenntnisse auf, mehr als die Hälfte können Deutsch schlecht oder gar nicht.