Extreme Bürokratie durch einen Kompetenzdschungel verschluckt laut Experten unnötig viel Geld. Jetzt liegt ein Reformmodell vor.
Rund eine Mrd. Euro Einsparungspotenzial durch eine Reform der Schulverwaltung orten Experten. Notwendig dafür wäre ein radikaler Umbau des Systems mit einer massiven Stärkung der Schul- und Regionalebene, der Einsparung der Landesebene und der Rückzug des Bundes auf strategische Aufgaben.
Dazu legte der Management Club (mc) auf Basis einer Expertise des Instituts für Bildungsforschung der Wirtschaft (ibw) und unterstützt von Schulexperten wie Bernd Schilcher nun ein Modell für eine "Schulverwaltung Neu" vor.
Erste Ebene: Schulen
Das mc-Modell sieht drei administrative
Ebenen vor: Die Schulen sollen deutlich mehr Autonomie erhalten, über
Globalbudgets verfügen und Personalhoheit haben. Schulträger können
Gebietskörperschaften, Gemeinden, Vereine, Stiftungen, etc. sein, die für
die Bestellung des Schulleiters und die Qualität des Unterrichts
verantwortlich sind.
Zweite Ebene: Regionale Agenturen
Auf regionaler Ebene sollen
österreichweit rund 30 Bildungsagenturen als nachgeordnete Dienststellen des
Bundes für die regionale Koordination des schulischen Angebots
verantwortlich sein.
Dritte Ebene: Bildungsministerium
Auf Bundesebene übernimmt das
Bildungsministerium strategische Aufgaben, setzt den legistischen und
administrativen Rahmen und akkreditiert Schulen, eine Bundesagentur für
Systemmonitoring soll die Schulen extern evaluieren.
"Reiner Managementansatz"
"Wir sind keine
Bildungsreformer, das ist ein reiner Managementansatz", betonte
mc-Präsident Herbert Paierl. Wie notwendig das sei, zeige alleine die
Tatsache, dass für die Schulverwaltung mindestens 50 Gesetze notwendig
seien. "Ein so extrem bürokratisch organisiertes System ist in Europa
nur mehr die Ausnahme", sagte ibw-Geschäftsführer Thomas Mayr. Länder,
die bei internationalen Bildungsvergleichen gut abschnitten, hätten deutlich
einfachere und billigere Systeme mit höherer Schulautonomie.
"Regenwald ist wie Schönbrunn"
Für Schilcher gibt
es derzeit einen "Kompetenzdschungel, gegen den der Regenwald eine
gepflegte Allee in Schönbrunn ist". Die Wurzeln des Systems
reichten "ins pädagogische Paläozoikum", es gebe schwere
Mängel bei Organisation und Effizienz, und ein "verheerendes
System mit dem Auseinanderfallen von Aufgaben- und Ausgabenverantwortung.
Doch nun sei Bewegung da: "Anlass, um Hoffnung zu schöpfen, ist die
Krise. Wir werden uns das nicht mehr leisten können".
Billiger und besser
Mit dem mc-Reformmodell würden nicht nur
Mittel frei, sondern auch die Qualität des Unterrichts gesteigert, ist
Paierl überzeugt. Das Einsparungspotenzial von rund einer Mrd. Euro haben
die Experten nicht nur aufgrund von Einsparungen im Bereich der
Schulverwaltung selbst errechnet, deren Ausgaben sie derzeit mit gut 400
Mio. Euro beziffern und die nach dem vorgeschlagenen Modell künftig rund
290.000 Euro kosten soll. Das Gros der Kostenreduktion erwarten sich die
Experten durch eine Effizienzsteigerung, etwa die Reduktion von
Klassenwiederholungen und Drop-Outs oder die Reduktion der Lehrerkosten
durch Fortbildung während der Dienstzeit.
NÖ will Länder stärken
Mittlerweile haben sich
auch die Niederösterreicher zur geplanten Reform der Schulverwaltung zu Wort
gemeldet. Eine Zentralisierung im Schulbereich kommt für
ÖVP-Bildungslandesrat Johann Heuras nicht in Frage, weil sie die Qualität
der Bildung "sicher nicht" heben würde. Heuras will eine
Kompetenzverschiebung in Richtung Länder. Die Organisation aller Schulen bis
zur Matura - vom Gebäudemanagement bis zum Dienstrecht - solle zu den
Ländern übergehen. Die Zuständigkeit des Bundes sieht Heuras bei den
Lehrplänen, den Lehrzielen sowie den Bildungsstandards.
Gewerkschaft ortet Machtfrage
Überwiegend ablehnend steht
Pflichtschullehrer-Gewerkschafter Walter Riegler den Plänen der Regierung
zur Reform der Schulverwaltung gegenüber. Im Vorhaben, einheitlich Bundes-
oder Landeslehrer zu schaffen, sieht er den Wunsch nach "Einflussnahme auf
die Schulpolitik". Wer für die Lehrer zuständig sei, könne die Schulpolitik
entscheidend mitgestalten, so Riegler. Schlanker würde die Verwaltung in
beiden Fällen nicht.