Bürgermeister Berchtold "im Zweifel für den Angeklagten" freigesprochen.
Der Feldkircher Bürgermeister Wilfried Berchtold (V) ist am Freitag am Landesgericht Feldkirch vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen worden. Richterin Claudia Egger begründete das Urteil damit, dass für Berchtold beim Geschlechtsverkehr mit seiner ehemaligen Geliebten "im Zweifel die Unfreiwilligkeit nicht erkennbar" gewesen sei. Da nicht alle Bedenken hätten ausgeräumt werden können und der Grundsatz "im Zweifel für den Angeklagten" zu gelten habe, "musste ein Freispruch erfolgen", so Egger. Die Rechtsvertretung der ehemaligen Geliebten meldete Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an, das Urteil ist damit nicht rechtskräftig.
Schwere Vorwürfe
Berchtold war beschuldigt worden, sich im November 2009 bei einer Parteiklausur der ÖVP Feldkirch in Langenegg (Bregenzerwald) an seiner ehemaligen Geliebten und Parteikollegin vergangen zu haben. Der 56-jährige Stadtchef räumte zwar eine außereheliche Affäre ein, beteuerte in Sachen Vergewaltigung aber seine Unschuld. Nach der Urteilsverkündung verließ Berchtold umgehend das Gerichtsgebäude, ohne einen Kommentar abzugeben.
Sex war für Frau unfreiwillig
Der Schöffensenat sei zur Ansicht gelangt, dass die geschlechtlichen Handlungen für das Opfer nicht freiwillig waren und die Frau "sie als gezwungen erlebt hat", stellte Richterin Claudia Egger am Freitag in der Urteilsbegründung fest. Der angeklagte Wilfried Berchtold habe die Geschehnisse verharmlost und sie als "wie in anderen Klausurnächten auch" geschildert.
Es könne auch keine Rede davon sein, dass die Frau Berchtold habe verleumden wollen oder ihre Anzeige aus Enttäuschung über nicht eingehaltene Versprechungen erfolgt sei. Dennoch hätten nicht alle Zweifel beseitigt werden können, rechtfertigte Egger den Freispruch.
Interview
Berchtold selbst kam nach wenigen Minuten für ein Interview in das Gerichtsgebäude zurück. Nach dem Freispruch werde er die Funktion des Bürgermeisters "wie bisher ausüben", so der Stadtchef. Es seien "schwierige Wochen und Monate" gewesen, bekannte er, der Freispruch sei für ihn und seine Familie der erste Schritt zurück in ein normales Leben und in seine Rehabilitation. Allerdings wolle er auch die "Wiedergutmachung gegenüber meiner Familie und der Bevölkerung sicherstellen, die ich durch mein moralisches Fehlverhalten enttäuscht habe".
Als er auf die Frage, ob er sich bei seiner ehemaligen Geliebten entschuldigt habe, zu einer Antwort ansetzte, wischte seine Gattin das vorgehaltene Mikrofon zur Seite und zog ihren Mann mit den Worten "Das geht jetzt nicht" von den Journalisten weg. Das Ehepaar Berchtold war auch am Freitag - dem dritten Verhandlungstag - Hand in Hand im Gerichtsgebäude erschienen.
Martin Mennel als Anwalt des Opfers, das im Prozess nicht vor Gericht erschien, setzte seine Hoffnungen vor allem auf die eingebrachte Nichtigkeitsbeschwerde. Mennel sprach von einer "bemerkenswert klaren Begründung" der Richterin.