Wegen Inflation
Berger will Mieterhöhung verschieben
06.08.2008
Die SPÖ-Justizministerin schlägt im nächsten Ministerrat ein Gesetz vor, mit dem die Mieten frühestens 2010 wieder steigen würden.
SPÖ-Justizministerin Maria Berger will die im September bevorstehende Anhebung der Kategoriemieten verzögern. Sie will im Sommerministerrat am 12. August ein Gesetz vorschlagen, mit dem der Schwellenwert für die Mieterhöhung von fünf auf zehn Prozent hinaufgesetzt würde. Von ÖVP-Wirtschaftsminister Martin Bartenstein fordert Berger, endlich die angekündigte Reduktion der Höchstgrenzen für Maklerprovisionen umzusetzen.
Berger hofft auf ÖVP-Ja
In der ÖVP ist der Vorschlag des
designierten SPÖ-Chefs Werner Faymann zu den Kategoriemieten bisher auf
wenig Begeisterung gestoßen. Berger hofft trotzdem auf eine Einigung, denn
wenn im nächsten Jahr die Pensions- und Lohnerhöhungen greifen, könnten auch
die Mieter wieder besser disponieren.
ÖVP will aber nicht
Die Volkspartei kann sich aber nicht
mit dem roten Vorschlag anfreunden. ÖVP-Wohnsprecher Peter Sonnberger
findet, Mieter von Kategoriemietwohnungen seien ohnehin privilegiert. Die
ÖVP hätte lieber, dass die teureren Richtwertmieten künftig seltener
angehoben werden als bisher. Sie gelten für nach 1994 abgeschlossene
Mietverträge.
Ohne Novelle um 5,8% teurer
Ohne Gesetzesänderung ist die
Justizministerin verpflichtet, mit 1. September 2008 die Mietzinsgrenzen für
Kategoriemietverträge - rund 300.000 Haushalte - und weitere Beträge wie
z.B. den Verwaltungskostenbeitrag um rund 5,8 Prozent zu erhöhen. Das
Mietrechtsgesetz sieht eine Anhebung vor, wenn der Verbraucherpreisindex
fünf Prozent übersteigt.
Gekoppelt an Inflation
Durch die aktuell sehr hohe
Inflationsrate fällt diese Erhöhung rund ein Jahr früher an als in Zeiten
niedrigerer Teuerung. Mit der Anhebung des Schwellenwerts auf zehn Prozent
müssten die Kategoriemieten bei weiter gleich hoher Inflation erst Ende
2010, bei einer eingedämmten Teuerungsrate erst in drei Jahren angehoben
werden, meint Berger unter Hinweis auf Experten.
Hilfe für Einkommensschwache
Von Mieterhöhungen sind vor
allem einkommensschwache Haushalte betroffen, da für sie der Anteil der
Mietkosten am Gesamteinkommen am höchsten ist. Tausende Haushalte müssen
schon 40 Prozent ihres Einkommens für die Mieten aufwenden, seit 2000 ist
Wohnen um 27 Prozent teurer geworden.
1,4 Mio. Haushalte profitieren
Mit diesem Zweiten
Mietrechtlichen Inflationslinderungsgesetz will die Justizministerin rund
1,4 Millionen Haushalte entlasten: 300.000 Wohnungen mit Kategoriemieten (um
180 Euro jährlich für eine 80 m2 Kategorie A-Wohnung), 500.000
Genossenschaftswohnungen (jährlich rund 60 Euro weniger Erhaltungskosten)
und 600.000 Haushalte, bei denen die Verwaltungskosten eingefroren würden
(rund 15 Euro pro Jahr bei 80 m2).
Im Frühjahr wurde mit Bergers Erstem Mietrechtlichen Inflationslinderungsgesetz bereits eine überproportionale Anhebung der Richtwertmieten verhindert. 350.000 Haushalte zahlten dadurch nur ein Plus von 2,2 statt 3,6 Prozent. Von der ÖVP abgelehnt wurde eine vom Justizministerium für Herbst vorbereitete Wohnrechtsreform, mit dem die Betriebskosten eingedämmt und Mietverträge transparenter gestaltet werden sollten.
Grüne sehen Wahlkampf
Die Grüne Justizsprecher Albert
Steinhauser ärgert sich, dass Berger jetzt erst auf diese Idee kommt - am
Vorabend der Wahlen. Sie haben schon im Frühling bei der Debatte um die
Richtwertmieten auf die "vergessenen" Kategoriemieten hingeweisen.
FPÖ fordert Verbilligung
Der Freiheitliche Generalsekretär
Harald Vilimsky verlangt nicht nur eine "absolute Durchbrechung des
Erhöhungsautomatismus", eine fast sechsprozentige Anhebung der Mieten im
September wäre ein "Keulenschlag bei der sozialen Situation". Vielmehr müsse
es zu einer Verbilligung kommen, vor allem bei den Betriebskosten.
BZÖ will Erhöhung streichen
Das BZÖ findet, dass die
gesetzlich vorgesehene Erhöhung des Mietpreisindex ausgesetzt werden soll.
Eine Anhebung des Schwellenwerts sei nur eine wahlkampfbedingte
Mogelpackung. Der Grund: Der Mietpreisindex orientiert sich an der
Inflationsrate, und die Inflationsrate auch an den gestiegenen Mieten. Das
sei also eine "Teufelsspirale".
Verfassungsrechtler zweifeln
Der Verfassungsrechtsexperte Heinz
Mayer äußert Bedenken über den Terminplan der Justizministerin. Ihr Gesetz
hätte per 1. September in Kraft treten sollen, könnte aber erst am 24.
September im Nationalrat beschlossen werden. Ob ein rückwirkender Beschluss
bei einer Klage vor dem Verfassungsgerichtshof halten würde, sei fraglich,
so Mayer.