Türkis-Grün
Bestätigt: Lunacek wird Staatssekretärin
02.01.202062-Jährige wird im Vizekanzleramt für Kunst und Kultur zuständig sein
Die einstige Europaparlamentarierin Ulrike Lunacek (62) wird Staatssekretärin im Vizekanzleramt. Sie soll schwerpunktmäßig für Kunst und Kultur zuständig sein. Diese Personalie wurde der APA am Donnerstag bestätigt. Das personelle Quintett der Grünen in der Regierungsriege ist damit komplett.
Die weiteren Köpfe neben Lunacek, die als Spitzenkandidatin das Debakel bei der Nationalratswahl 2017 verantwortete: Bundessprecher Werner Kogler wird Vizekanzler, wobei seine genaue Ressortzuständigkeit noch nicht bekannt ist. Eleonore Gewessler erhält ein großes Klimaschutz- und Verkehrsministerium, Alma Zadic die Justiz und Rudolf Anschober die Sozial- und Gesundheitsagenden.
Formell handelt es sich zum derzeitigen Stand um einen Vorschlag, den der Bundesvorstand der Grünen dem morgen in Salzburg tagenden Erweiterten Bundesvorstand der Partei erteilt. Gibt dieser sein Okay, wandert das Personalpaket zusammen mit dem Regierungsprogramm in den Bundeskongress weiter, der am Samstag zusammentritt und seitens der Grünen die Letztentscheidung trifft.
Überraschungscomeback einer Langgedienten
Vor zwei Jahren führte sie die Grünen aus dem Nationalrat, jetzt zieht sie mit ihnen in ein Staatssekretariat mit Kunst- und Kulturschwerpunkt. Ulrike Lunacek ist die Überraschung unter den Kabinettsmitgliedern ihrer Partei. Parteichef Werner Kogler holt sich mit ihr aber eine der erfahrensten Protagonistinnen seiner Bewegung an die Seite.
Politisch hat Lunacek schon einiges durchgemacht. Zunächst im Nationalrat, dann nach hartem internen Fight mit Johannes Voggenhuber im EU-Parlament, wo sie es bis zur Vizepräsidentin brachte und schließlich das Opfer, sich bei der vorletzten Nationalratswahl unter widrigsten Bedingungen als Spitzenkandidatin zur Verfügung zu stellen - ein Manöver, das mit einem veritablen Bauchfleck für sie persönlich, vor allem aber für die Partei endete.
Absturz 2017
Ihrem internen Image hatte die schmerzhafte Niederlage von 2017 nicht geschadet. In letzter Zeit sah man Lunacek wieder öfter bei den Grünen. Als Kogler sie heuer am Jubel-Wahlabend auf die Festbühne holte, war der Applaus warm, auch wenn es der gebürtigen Kremserin selbst etwas unangenehm zu sein schien, wieder im Blitzlicht zu stehen.
Lunacek gilt als Pragmatikerin innerhalb der Grünen. Positionen der Volkspartei werden ihr nicht fremd sein, stammt sie doch aus einem konservativen Elternhaus. Ihr Vater war unter anderem Generaldirektor bei der Raiffeisen Ware, die Familie lebte in Niederösterreich und Wien durchaus bürgerlich.
Die junge Lunacek zog es von dort in die Welt. Nach einem Austauschjahr in den USA studierte sie in Innsbruck Dolmetsch für Englisch und Spanisch. Sie war etwa beim Aufbau des Innsbrucker Frauenhauses involviert, Redakteurin des Magazins "Südwind" und Obfrau des Vereines "Frauensolidarität". Weitere Stationen der passionierten Schwimmerin, die bei den Eurogames für homosexuelle Sportler zahlreiche Medaillen einsammelte: Der Sportverein für Lesben und Freundinnen "Marantana", das Österreichische Lesben- und Schwulenforum sowie das Wiener "TheaterBrett", wo sie als Pantomime auftrat.
Karriere als Abgeordnete
Ihre parteipolitische Karriere begann Lunacek 1995, als sie erstmals für den Nationalrat kandidierte, jedoch etwas überraschend angesichts des enttäuschenden Abschneidens der Grünen scheiterte. Entschädigt wurde Lunacek ein Jahr später, als sie zur Bundesgeschäftsführerin avancierte. 1999 gelang schließlich der Sprung in den Nationalrat, dem sie bis zum Wechsel ins Europaparlament im Jahr 2009 angehörte.
Was Lunacek da wie dort auszeichnete, war der Drang zur Sachpolitik. Wichtig war ihr, die seit vielen Jahren in einer Beziehung mit einer Peruanerin lebt, stets die rechtliche Gleichstellung Homosexueller. In der Europapolitik wurde der Kosovo zu ihrer Schwerpunkt-Region. Dort war sie Berichterstatterin des Europaparlaments.
Wegen ihres Engagements ist Lunacek über die eigenen Parteigrenzen hinaus anerkannt. Auch innerhalb der Grünen wird wenig Negatives über sie berichtet. Als Schwäche gesehen wird allenfalls, dass sie als ein wenig beratungsresistent gilt. Volkstümlichkeit ist nicht Lunaceks größtes Atout, aber an sich schlägt sie sich auch im Kontakt mit der nicht unbedingt grün-affinen Wählerschaft ordentlich, sonst hätte sie als Spitzenkandidatin bei der EU-Wahl 2014 wohl auch nicht jene 14,5 Prozent erreicht, die bis heute das beste Ergebnis ihrer Partei bei einem bundesweiten Urnengang bedeuten.
Das Staatssekretariat ist möglicherweise Schlusspunkt ihrer politischen Karriere. Die Position ist nicht sonderlich glamourös, aber man kann durchaus etwas daraus machen, alleine dadurch dass sie an der Seite Koglers im Zentrum der Grünen Gestaltungsmöglichkeiten steht.
Zur Person: Ulrike Lunacek wurde am 26. Mai 1957 in Krems an der Donau geboren. Sie studierte Englisch- und Spanisch-Dolmetsch an der Universität Innsbruck, engagierte sich national und international im Frauen- und Sozialbereich, arbeitete als Journalistin und ist seit den 1990er-Jahren bei den Grünen aktiv. 1996 wurde sie Bundesgeschäftsführerin. Von 1999 an war Lunacek ein Jahrzehnt Mitglied des Nationalrats, ehe sie ins Europaparlament wechselte, wo sie es bis zur Vizepräsidentin brachte. Bei ihrem zweiten Antritt als Spitzenkandidatin für eine EU-Wahl erzielten die Grünen im Jahr 2014 14,5 Prozent und damit das historisch beste Ergebnis bei einem bundesweiten Urnengang.