Nagl: Betteln zu "normaler" Arbeit zu erklären, widerspreche der Menschenwürde.
Der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl (V) hat sich in der Debatte um sektorale Ausnahmen bei einem generellen Bettelverbot festgelegt: "Es wird keine Ausnahmeregelungen für Bettelzonen in der steirischen Landeshauptstadt mit der Grazer Volkspartei geben," sagte er am Donnerstag im Grazer Gemeinderat. Zuvor hatte die Gemeinderats-SPÖ einen entsprechenden Vorstoß von Nagls Koalitionspartner, den Grünen, unterstützt. Die Debatte war entstanden, nachdem sich der steirische Landtag am Dienstag mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und FPÖ für ein Bettelverbot entschieden hatte.
"Grundsicherung sicherstellen"
Nagl erklärte, niemand müsse betteln. Dieses in Europa wieder zu "normaler" Arbeit zu erklären, widerspreche der Menschenwürde. "Vielmehr muss die EU die Grundsicherung aller ihrer Bürger und den Minderheitenschutz sicherstellen und dies zur Voraussetzung von Förderungen an Mitgliedsstaaten machen," so der Bürgermeister. Die meisten Bettler in Graz kommen aus dem slowakischen Hostice.
Nagl wies darauf hin, dass Betteln immer wieder generell verboten gewesen sei, so war das Verbot der Landstreicherei in Österreich Mitte der 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts in Kraft. Ab 1. Mai trete die Freizügigkeit des Arbeitsmarktes für Bürger aus den osteuropäischen EU-Mitgliedsstaaten außer Rumänien und Bulgarien in Kraft. Dies bedeute, dass zeitgleich mit Inkrafttreten des Verbotes in der Steiermark auch die Möglichkeit für alle gegeben ist, Roma Arbeit anzubieten. Es bleibe zu hoffen, dass die Diözese und die nun engagierten Vereine und Firmen entsprechend viele Arbeitsplätze anbieten werden.
Im Grazer Gemeinderat waren die Grünen mit einem Antrag abgeblitzt, der darauf abzielt hatte, das Landesgesetz rückgängig zu machen. Bemerkenswert war aber die Unterstützung der SPÖ und deren Eintreten für eine sektorale Ausnahme. Damit rebellierte man ziemlich deutlich gegen die Landespartei unter Landeshauptmann Franz Voves.
Grazer SPÖ gegen Bettelverbot
Interessant war allerdings das Verhalten der SPÖ, deren Fraktion ja im Landtag - mit einer Ausnahme - für das Bettelverbot gestimmt hatte. Klubobmann Stadtrat Karl-Heinz Herper bekräftigte im eigenen und im Namen seiner Fraktion, gegen ein Bettelverbot zu sein: "Als Demokrat habe ich die Entscheidung, die im Landtag gefallen ist, zu akzeptieren. Ich stehe aber weiterhin dazu, dass die bisherige Regelung, nämlich das Verbot des Bettelns mit oder in Begleitung von Kindern und das Verbot des aggressiven Bettelns, ausreichend war." Herper stellte einen Abänderungsantrag, in dem Bürgermeister Siegfried Nagl (V) aufgefordert wurde, gemäß der vom Gesetz eingeräumten Möglichkeit, Ausnahmen zu verordnen, ein Konzept auszuarbeiten. Darin sollten Zonen ausgewiesen werden, in denen es auch künftig erlaubt sein soll zu betteln.
Der Beschluss des Bettelverbotes hatte vor allem in der SPÖ für große Spannungen gesorgt. SJ-Landeschef Max Lercher hatte im Landtag dagegen gestimmt, der Grazer SJ-Vorsitzende hatte nach der Entscheidung seinen Parteiaustritt angekündigt.