Laut Büro für Interne Ermittlungen hat der Ex-Innenminister Polizeidaten zur Diffamierung der Flüchtlingsfamilie Zogaj missbraucht.
Die Korruptionsbehörde BIA geht im Fall Zogaj in die Offensive: BIA-Chef Martin Kreutner hat laut "Falter" Ex-Innenminister Günther Platter und sechs weitere Personen geklagt. Kreutner verdächtigt die Betreffenden des Geheimnisverrats. Sie sollen Polizeidaten missbraucht haben, um der kosovarischen Flüchtlingsfamilie in der Öffentlichkeit systematisch zu schaden. Aus der Tiroler ÖVP-Zentrale gab es dazu nur ein kollektives Dementi. Hauptgeschäftsführer Johannes Rauch bedauerte, dass "jetzt in Wahlkampfnähe ein derartiger Stil angewendet werde". Es gehöre jedoch zum "bekannten politischen Stil von Peter Pilz, Personen öffentlich zu verunglimpfen", meinte er.
Platter, Pühringer, Gschwandtner, Vogl ...
Unter Verdacht
stehen laut BIA-Anzeige: Oberösterreichs ÖVP-Landeshauptmann Josef
Pühringer, der Vize-Bezirkshauptmann von Vöcklabruck, Martin Gschwandtner,
der Sektionschef im Innenministerium Mathias Vogl, die
Ministeriums-Sprecherin Iris Müller-Guttenbrun, der Asylreferent Karl
Hutter, und Andreas Pichler, Verbindungsmann des Innenministeriums im
Kosovo.
Den Fall ins Rollen gebracht hat eine entsprechende Anzeige des Grün-Abgeordneten Peter Pilz.
Wie die Spitzelaffäre 2000
Der Fall ist von grundsätzlicher
Bedeutung. Der Sprecher der Staatsanwaltschaft Wien, Gerhard Jarosch
vergleicht die Causa im Falter bereits "qualitativ, nicht quantitativ"
mit der Spitzelaffäre aus dem Jahr 2000. Damals wurden Polizeicomputer von
der FPÖ geplündert, um Kritiker zu diskreditieren.
Geheimhaltung verletzt
Das BIA hegt nach der Auswertung von
Abfragen im Polizeicomputer also wieder den Verdacht, dass
Geheimhaltungsvorschriften von höchster Stelle verletzt wurden - diesmal um
Arigona Zogajs Familie zu diffamieren. Laut den Korruptionsbekämpfern sind
Strafregisterdaten, Polizei- und Krankenakten, die Inhalte geheimer
Fremdenpolizeiprotokolle und die Vermögensverhältnisse der Zogajs an die
Medien gespielt worden.
Kein Kavaliersdelikt
Demnächst finden die ersten Einvernahmen
statt. Die Justiz reagiert auf Geheimnisverrat neuerdings streng. Vorigen
Herbst wurde Polizeigeneral Roland Horngacher rechtskräftig wegen
Amtsmissbrauchs zu 15 Monaten bedingt verurteilt, u.a. weil er BAWAG-Chef
Helmut Elsner verriet, dass gegen einen Geschäftspartner "nichts
vorliegt".
Absolute Tabu-Daten
Nun geht es um weit sensiblere Information:
etwa um das Strafregister des jugendlichen Bruders von Arigona, der nach
einer Auseinandersetzung in einer Disco einen "Schuldspruch ohne Strafe"
eines Jugendrichters ausfasste. Nicht einmal im Leumundszeugnis scheint so
etwas auf. Verraten wurden aber vor allem auch Daten aus dem
Kriminalpolizeilichen Aktenindex (KPA). Der KPA ist für die Öffentlichkeit
tabu. Darin sind alle Anzeigen gegen Bürger gespeichert, egal ob sie richtig
oder falsch sind. Werden KPA-Infos nach außen getragen, können Unbescholtene
plötzlich wie Schwerkriminelle dastehen.
"Straftaten" waren nicht Grund für Abschiebung
Die
Sünden der Zogajs waren übrigens in den Fremdenrechtsverfahren nie Thema.
Ihre Asylanträge wurden abgelehnt, weil im Kosovo kein Krieg mehr tobte.
Erst als Arigona die Image-Schlacht zu gewinnen drohte, wurden die
Verfehlungen ihrer Familie vom Innenministerium thematisiert.