Bildungsministerin Claudia Schmied (SPÖ) kündigt im Interview mit der Tageszeitung ÖSTERREICH (Sonntags-Ausgabe) ihre nächsten Schritte für die Schule neu an.
ÖSTERREICH: Viele Eltern befürchten, die „Gemeinsame Schule“ würde das Niveau der Bildung senken. Können Sie garantieren, dass das nicht der Fall ist?
Claudia Schmied: Es geht sicher nicht darum, das Niveau zu senken, sondern darum, die Schule flexibler zu gestalten und den Schülern durch viel mehr an individueller Förderung mehr Chancen zu eröffnen - in der Ausbildung und in der Folge dann auch im Berufsleben.
ÖSTERREICH: Wie soll das konkret funktionieren, was soll bei den Schulversuchen anders laufen?
Schmied: Wir müssen den Schüler ins Zentrum der Bildung stellen, nicht einen starren Lehrplan. Es muss Schluss sein mit dem Hinausselektieren, hinausprüfen der Schüler. Wir müssen die Fähigkeiten der Menschen stärken und fördern.
ÖSTERREICH: Und wie wollen sie das ändern?
Schmied: Mit einer ganzen Palette von Maßnahmen. Zunächst geht es um das Erkennen von Schwächen aber auch von individuellen Talenten. Deshalb soll es zwei Lehrer pro Klasse geben, die zum einen die Talentierten noch weiter bringen sollen, zum anderen aber die Schwächeren so fördern sollen, dass sie mithalten können.
ÖSTERREICH: Behindern zwei Lehrer in einer Klasse einander nicht?
Schmied: Aber nein. Nach unseren Erfahrungen ist das Gegenteil der Fall, wenn die Lehrer sich als Team verstehen. Wir haben damit große Erfolge in der Steiermark.
ÖSTERREICH: Sind solche „Teamspieler“ unter Lehrern nicht eher die Ausnahme?
Schmied: Auch da will ich ansetzen, indem wir die Lehrer schon in der Ausbildung darauf vorbereiten.
ÖSTERREICH: Kein Schüler kann mehr durchfallen?
Schmied: Das Sitzenbleiben verursacht mehr Schaden als es nutzt - es wirft die Kinder in der Ausbildung zurück, wird als Stigma wahrgenommen und verursacht der Gesellschaft erhebliche Kosten, weil die Schüler ein Jahr später in den Arbeitsprozess kommen. Mein Plan ist es deshalb: Die Schüler dürfen aufsteigen, bekommen aber in ihren schwachen Fächern noch zusätzliche Leistungskurse.
ÖSTERREICH: Entspricht das noch dem Leistungsprinzip?
Schmied: Ich bin sehr für das Leistungsprinzip. Deshalb muss sich aber auch das Bildungssystem nach dem richten, was die Gesellschaft, der Arbeitsmarkt später von den Menschen fordert. Das ist auch soziale Kompetenz - dass man sich gut ausdrücken und kommunizieren kann. Indem man stärker auf den einzelnen Schüler eingeht, werden diese Fähigkeiten viel mehr gefördert. Durch einen Schul-Drop-Out gewinne ich dagegen nichts.
ÖSTERREICH: Was sagen Sie Ihren Gegnern, jenen Schulen die nicht mitmachen?
Schmied: Ich will niemanden zu etwas zwingen, wenn man etwas will, dann braucht man dazu den Willen, eine innere Leidenschaft. Wenn wir mit den Schulversuchen Erfolg haben, werden andere Schulen nachziehen