Farce im Süden
Bizarre Suche nach Kärntner SPÖ-Chef
05.03.2010
Am Landesparteitag kämpfen mindestens drei Kandidaten um den Parteivorsitz der Kärntner Roten.
Seit gut 20 Jahren ist die Kärntner SPÖ nur noch am Rande mit der Landespolitik beschäftigt, im Zentrum steht fast immer die eigene Befindlichkeit. Die Parteichefs wechseln immer schneller, und was gestandene Sozialdemokraten seit Jahren als Tragödie bezeichnen, entwickelt sich langsam zur Farce. Hauptdarsteller der aktuellen Aufführung ist der Langzeitbürgermeister von Villach, Helmut Manzenreiter.
Rohr-Abgang nicht so falsch
Der Stadtchef, der sich 1999 eher
glücklos schon einmal als Parteichef versucht hatte, hat mit einem
öffentlichen Vorstoß Anfang Jänner - kräftig unterstützt von der
Klagenfurter SPÖ-Vizebürgermeisterin Maria-Luise Mathiaschitz - den
bemühten, aber glücklosen Reinhart Rohr zum vorzeitigen Rückzug von der
Parteispitze gezwungen. Die Art seiner Vorgangsweise ärgerte zwar viele
Genossen, in der Sache gab man ihm aber mehrheitlich recht. Allseits wurde
vermutet, Manzenreiter habe die weiteren Schritte genau geplant, und die
heiß ersehnte Erneuerung der Partei werde jetzt wie am Schnürchen ablaufen.
Seifried wollte nicht
Doch weit gefehlt. Manzenreiters
Wunschkandidat für den Posten des Parteichefs war Wolfsbergs Stadtoberhaupt
Gerhard Seifried, der sich in den ersten Jahren seiner politischen Tätigkeit
den Ruf eines "Parteirebellen" erarbeitet hatte. Doch dann passierte die
erste Panne: Seifried
wollte nicht. Wochenlang ließ er sich bitten, um schließlich abzusagen.
Schon davor hatte Manzenreiter einen Rückschlag hinnehmen müssen. Sein
Wunsch nach einem Sonderparteitag blieb unerfüllt, er erreichte lediglich,
dass der ohnehin notwendige ordentliche Parteitag von Juni auf Ende März
vorverlegt wurde.
Köfer durfte nicht
Nach Seifrieds Absage meldete sich
Spittals Bürgermeister Gerhard Köfer als Kandidat. Dies erzürnte seinen
Villacher Amtskollegen so sehr, dass er Köfer - wiederum über die Medien -
schlicht die Qualifikation für den Parteichef absprach. Köfer zog sich
daraufhin wieder zurück, Beobachter schüttelten nur noch verständnislos die
Köpfe.
Kampfabstimmung im Raum
Nun blieb Manzenreiter nichts mehr
anderes übrig, als selbst Chef werden zu wollen. Am Tag der Klausur der
SP-Granden, wo man einen Kandidaten bestimmen wollte, meldete er seinen
Anspruch auf den Posten an. Womit er offenbar nicht gerechnet hatte, war die
Tatsache, dass auch Landesrat Peter Kaiser in den Ring steigen würde. Das
Parteipräsidium nahm "zur Kenntnis", dass es zwei Bewerber gibt, so richtig
glücklich war aber niemand mit der Situation. Einen Tag nach dieser Sitzung
kam Manzenreiter in Bad Kleinkirchheim beim Skilaufen schwer zu Sturz, brach
sich die rechte Schulter und musste operiert werden.
Manzenreiter konnte nicht
Dass seine Wiederherstellung nach dem
komplizierten Eingriff eine langwierige Angelegenheit werden würde, musste
dem 63-Jährigen schon in den ersten Tagen klar geworden sein. Warum er zwei
Wochen lang - bis knapp vor Ablauf der Bewerbungsfrist - gezögert hat, um
diesen Schritt zu vollziehen, den viele seit dem Unfall erwartet hatten,
bleibt unklar. Seiner Partei hat er damit jedenfalls keinen guten Dienst
erwiesen.
Kaiser, Seiser und Sever
Denn nun könnte es wie 2005 passieren,
dass eine ganze Reihe von Bewerbern am Parteitag den Chefsessel erklimmen
will. Unmittelbar nach Manzenreiters Rückzug meldete Klubobmann Herwig
Seiser seine Kandidatur an, wenig später auch WK-Vizepräsident Leopold
Sever. Auguren wollten auch schon gehört haben, dass Köfer nun ebenfalls
wieder mit einem Antreten liebäugelt. Fehlt nur noch, dass Seifried es sich
im letzten Moment noch anders überlegt und ebenfalls kandidiert.
Einigkeit ist dahin
Nun ist Vielfalt - auch der Personen -
grundsätzlich eine demokratische Tugend und daher nicht a priori als
schlecht anzusehen. Für die beschworene Einigkeit der Sozialdemokratie in
Kärnten ist die derzeitige Situation mit so vielen Anwärtern, die sich zudem
zumeist selbst nur als Übergangs-Chefs sehen, ein denkbar schlechtes Omen.
Die Partei wäre denn auch gut beraten, nicht auf die jüngste Forderung des
St. Veiter Stadtchefs Gerhard Mock zu hören, der gleich eine Verschiebung
des Parteitages gefordert hat. Denn noch länger zuzuwarten, würde das Chaos
vermutlich nur noch vergrößern.
Sever maximal Außenseiter
Wer nun die besseren Chancen hat,
gewählt zu werden, ist schwer abschätzbar. Sever dürfte nicht einmal
Außenseiterchancen haben, zumal sein Abschneiden bei der
Wirtschaftskammerwahl Anfang der Woche mit einem Minus von 0,2
Prozentpunkten zwar respektabel war, als Visitenkarte für eine erfolgreiche
Wiederbelebung der SPÖ können seine 11,8 Prozent aber auch nicht gelten.
Kaiser im Aufwind
Peter Kaiser waren im Duell mit Manzenreiter
die deutlich schlechteren Karten zugeschrieben worden, nun sind seine
Chancen aber durchaus gestiegen. Zumindest ist der Konflikt innerhalb der
Stadtpartei entschärft. Denn der Klagenfurter Kaiser sollte bei einem Sieg
Manzenreiters als Landesrat abgelöst und durch die Klagenfurterin
Mathiaschitz ersetzt werden. Der Schulterschluss der Vizebürgermeisterin mit
Manzenreiter hatte in der Stadtpartei auch nicht ungeteilte Zustimmung
gefunden. Das dürfte mit ein Grund dafür sein, dass Mathiaschitz am
Donnerstagabend beim Bezirksparteitag mit lediglich 68,9 Prozent der Stimmen
in ihrer Funktion bestätigt wurde. Zum Vergleich: Kaiser erhielt bei seiner
Wahl in den Bezirksausschuss 94,4 Prozent.
Seiser scharf oppositionell
Herwig Seiser weiß seinen Bezirk
Feldkirchen hinter sich, als Bezirkschef wurde er mit 100 Prozent bestätigt.
Wie viel Zuspruch seine prononciert kantige Linie - er setzt voll auf
Opposition - bei den Delegierten finden wird, bleibt abzuwarten. Im Zweifel
haben die Kärntner Roten immer noch lieber auf Kooperation gesetzt als auf
Konfrontation, schon deshalb, weil die Bürgermeister stets Wünsche an das
Land - und damit an die FPK-ÖVP-Koalition - haben. Da geht es um Geld und um
Projekte, und vielen ist in solchen Fragen das Hemd näher als der Rock.
Ein erfreulicher Aspekt für die Konfrontation am 27. März in der Klagenfurter Messearena ist nach Ansicht von Beobachtern allerdings, dass den "Hauptgegnern" Kaiser und Seiser eines gleichermaßen zugeschrieben wird: die Fähigkeit, eine Niederlage zu akzeptieren und dem Sieger nicht gleich wieder Knüppel zwischen die Beine zu werfen.