Fehler im Abänderungsantrag
Blamage um unser Budget: 6 Nullen fehlen
28.05.2020Ein peinlicher Fehler sorgte für eine Unterbrechung des Budgetbeschlusses im Nationalrat: Die Auszahlungsobergrenze laut Abänderungsantrag liegt nämlich nicht bei 102 Milliarden sondern bei 102.000 Euro.
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Wien. Ein Schlampigkeitsfehler der Koalition lässt den Nationalrat noch eine Nacht über das Budget schlafen. Denn nachdem ÖVP und Grüne in ihrem Gesetzesantrag die Wortfolge "in Millionen Euro" vergessen hatten, wären statt Milliardenbeträgen nur einige zehntausend als Budgetzahlen beschlossen worden. Um das Ganze zu korrigieren, wird Freitagfrüh ein neuer Anlauf genommen.
Eigentlich war schon alles für das ohnehin umstrittene Budget, das aufgrund der Coronakrise unrealistische Zahlen enthält, angerichtet gewesen. Drei Tage lang debattierten die Abgeordneten mehr oder weniger hitzig über die einzelnen Kapitel. Auch die so genannte Zweite Lesung, bei der unter anderem Abänderungsanträge abgestimmt wurden, war bereits absolviert, als SPÖ-Budgetsprecher Jan Krainer seinen großen Auftritt hatte.
Der Fehler im - oe24 vorliegenden - Bundesfinanzgesetz ist eigentlich ziemlich banal. Es wurde schlicht von den Schreibern der Passus "in Millionen Euro" vergessen. Somit ist eben bei den Auszahlungen bloß der Betrag 102.389 und bei den Einzahlungen 81.790 Euro zu lesen. Gemeint wären rund 102 Milliarden bzw. gut 81 Milliarden. Denn in der vorliegenden Version läge das Defizit gerade einmal bei knapp 20.600 Euro
Krainer machte die Koalition süffisant auf den Zahlenfehler aufmerksam und bot an, das ganze noch auszubessern, das allerdings erst am Freitag. Die Folge war eine für die Hofburg eher ungewöhnliche Fußballplatz-Stimmung, in der sich die Opposition am unangenehmen Lapsus der Koalition ergötzte und vor allem die SPÖ in begeistertes Gejohle verfiel.
Eine längere Präsidialkonferenz später ergaben sich ÖVP und Grüne in ihr Schicksal, auch wenn laut VP-Klubchef August Wöginger dieser "Formfehler" auch noch am Donnerstagabend korrigierbar gewesen wäre. Die Sitzung wurde abgebrochen, morgen früh wird über die "Behebung von Widersprüchen" abgestimmt, dann kann das "Bundesfinanzgesetz" abgesegnet werden. Kurz danach wird Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) auch wissen, dass er im Amt bleiben darf. Denn der am Donnerstag von der FPÖ eingebrachte Misstrauensantrag wurde zwar von NEOS-Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger und SPÖ-Klubvize Jörg Leichtfried begeistert unterstützt, doch ist stark davon auszugehen, dass ÖVP und Grüne die ebenfalls auf Freitag verlegte Abstimmung über das Begehr abschmettern werden.
Der Finanzminister war schon Mittwoch spät Abend der Opposition insofern entgegengekommen, als er den ursprünglichen Entwurf, der nur die vor der Coronakrise geplanten Zahlen enthalten hatte, ein klein wenig ergänzt hatte. Freilich, recht präzise wurde Blümel nicht. Konkret wurde bloß die bestehende Überschreitungsermächtigung in Höhe von 28 Milliarden Euro auf vier Budgetrubriken aufgeteilt.
Heftige Kritik der Opposition
Die Opposition schäumte, die Kritik am Vorgehen wurde durchaus derb. Besonders hervor tat sich NEOS-Klubvize Josef Schellhorn, der ÖVP und Grüne ziemlich unverblümt "blöd" nannte, ohne dafür zur Ordnung gerufen zu werden. "Der Herr Blümel kann nicht Budget", stellte SP-Budgetsprecher Krainer fest und FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl hielt eine fast viertelstündige Brandrede gegen die Regierung insgesamt und gegen den Finanzminister im Speziellen, dem er einen "budgetpolitischen Bauchfleck" attestierte.
Die Debatte der am nun doch vorletzten Budgettag aufgerufenen Kapitel war dagegen mehr oder weniger sachlich abgelaufen. Wenn schon jemand für zusätzliche Aufmerksamkeit sorgte, waren es die Grünen, die für einmal koalitionär Zähnchen zeigten. So sprach sich ihr Mandatar Markus Koza für ein höheres Arbeitslosengeld aus, wie es vor allem die SPÖ seit Wochen fordert und war der Abgeordnete Ralph Schallmeiner dafür, das Gesundheitssystem nicht nur über Beiträge sondern auch über Kapitalerträge zu finanzieren.
Mit den Abstimmungen über das Budget Freitagfrüh - die korrekten Zahlen sind übrigens rund 102 Milliarden an Auszahlungen und etwa 82 Milliarden an Einzahlungen - ist die Parlamentswoche übrigens noch nicht erledigt. Abgestimmt werden muss am Freitag auch noch über einen U-Ausschuss-Antrag der FPÖ zur Coronakrise, dazu wird die neue Kunststaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) dem Nationalrat vorgestellt und werden etliche Gesetze - wie das Comeback der Sozialversicherung bei der Beitragsprüfung - und noch viel mehr unverbindliche Entschließungsanträge von Koalition und Opposition debattiert und abgestimmt.