Soko Ibiza, die neuen Akten-Teile
Brisante Notizen und blaue Hellseher
21.10.2020Dutzende Papiere wurden bei Hausdurchsuchungen beschlagnahmt. Dabei finden sich auch Hinweise auf mögliche hellseherische Fähigkeiten des Ex-FPÖ-Klubobmanns.
"Hubschrauber - Airbus absichtlich. Sikorsky Blackhawk +Italiener Leonardo", schrieb der seit dem Auftritt im Ibiza-Video europaweit bekannte Ex-FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus in seinen Kalender, der von Ermittlern der Soko Ibiza in Wien-Hernals beschlagnahmt worden ist.
Gudenus schrieb die italienische Hubschrauber-Firma in der ersten Jahreshälfte 2019 in sein Notizbuch -also immerhin 15 Monate, bevor Verteidigungsministerin Tanner die Entscheidung für den Ankauf der AW169M-Helikopter um 300 Millionen Euro den Medien mitgeteilt hat. Der Kommunikationschef des Heeres, Oberst Michael Bauer, bestätigt: "Die Frau Bundesminister hat, auf Vorschlag des Generalstabs, am 21.9.2020 entschieden, in Verhandlungen mit dem italienischen Verteidigungsministerium zu treten."
Gudenus antwortet auf Anfrage: »Nerv' wen anderen bitte«
Wie konnte dann der FPÖler bereits im Frühjahr 2019 ahnen, dass die Republik Ende 2020 mit dem italienischen Verteidigungsministerium über den Ankauf von 18 Leonardo-Helikoptern verhandeln wird? Mit dieser Frage konfrontiert, antwortete Johann Gudenus dem INSIDER wörtlich: "Nerv' wen anderen bitte."
Sein Anwalt schaffte die Beantwortung einer Medienanfrage dann mit mehr Seriosität: "Das sind übliche stichwortartige Gesprächsnotizen. Der Kontext ist nicht mehr geläufig."
Für die Ermittler der Soko, aber auch für die Abgeordneten im Ibiza-Untersuchungsausschuss, könnte die Kombination der Firmennamen von Interesse sein: Immerhin führt die Republik seit 2017 einen heftigen Rechtsstreit mit Airbus und der Firma Eurofighter GmbH. Und gleichzeitig ist Airbus mit Leonardo seit Jahren geschäftlich eng verbunden -Leonardo wurde 2018 von Airbus sogar mit dem Award "Best Performing Supplier" ausgezeichnet.
Helikopter-Ankauf schon unter Türkis-Blau eingeleitet?
Staatsanwalt und die Abgeordneten im U-Ausschuss könnten demnach Gudenus konkret zwei Fragen stellen: Waren es hellseherische Fähigkeiten des Ibiza-Video-Darstellers, dass er sich schon Anfang 2019 den Namen der Helikopter-Firma notiert hat? Oder wurde der Hubschrauber-Ankauf vielleicht schon im Frühjahr 2019, noch unter Türkis-Blau, nicht ganz so supersauber eingeleitet?
Kripo sammelte alle Notizen zu Casinos-Personalbestellung
Recherchen des INSIDERS bestätigen jedenfalls, dass schon am 9. Mai 2019 -also 8 Tage vor der Veröffentlichung des Ibiza-Videos - ein Besuch von Vertretern des Verteidigungsministeriums beim Hubschrauber-Hersteller in Italien stattgefunden hat.
Im Akt 871 des Bundeskriminalamts finden sich aber noch mehr Notizen, manche wurden bereits geleakt: Sie stammen von Ex-Casinos-Aufsichtsratschef Walter Rothensteiner, der sich vor und während der Sitzungen Details aufschrieb.
So notierte Rothensteiner die "2 Millionen" für "Bettina", also die Auszahlung der Abfertigung der Casag-Generaldirektorin. Und es ist nachzulesen, dass er sie als "not optimal CFO" einschätzte und die Bestellung als "öffentlich schwer zu argumentieren" bezeichnete. Jetzt liegt alles bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft.