ÖSTERREICH-Interview
Buchinger: "ÖVP ist kein stabiler Partner"
20.10.2007
Sozialminister Buchinger (SP) zeigt sich bei der Hacklerregelung kompromissbereit. Der ÖVP wirft er vor, derzeit kein „stabiler Partner“ zu sein.
Nächste Woche lädt Minister Buchinger zu einem runden Tisch zur Hacklerregelung („abschlagsfrei in Frühpension“). Zuletzt war innerhalb der ÖVP darüber ein Streit entbrannt: Der Arbeitnehmerflügel will wie Buchinger eine Verlängerung, der Wirtschaftsflügel nicht.
ÖSTERREICH: Ist es akzeptabel, dass Wirtschaftsminister Martin Bartenstein die Debatte erst führen will, wenn Sie im Februar den Nachhaltigkeitsbericht dazu vorlegen?
Erwin Buchinger: Im Februar werden nur neue Daten der Statistik Austria diskutiert. Daraus etwas Großartiges abzuleiten, wie Bartenstein, halte ich für falsch. Ich fürchte, das ist nur ein Ablenkungsmanöver, um Zeit zu gewinnen.
ÖSTERREICH: Ein Ablenkungsmanöver von der ÖVP?
Buchinger: Tatsache ist, dass die ÖVP untereinander streitet. Das ist auch für uns nicht gut. Wir wollen zu einer Lösung kommen und dafür bracht man einen verlässlichen, stabilen Partner. Das ist die ÖVP derzeit nicht.
ÖSTERREICH: Was sagen Sie zur Berechnung der ÖVP, dass es durch eine Verlängerung der Hacklerregelung bis zu 560 Mio. Euro Mehrkosten geben könnte?
Buchinger: Die Zahl ist richtig – ich stelle aber eine andere Zahl dagegen: Allein 2007 werde ich als Sozialminister dem Finanzminister 510 Mio. Euro zurückzahlen, die wir im Pensionssystem nicht brauchen. Also schreckt es mich nicht, wenn wir in zehn Jahren 560 Mio. Euro mehr ausgeben, das haben wir heuer schon hereingespielt.
ÖSTERREICH: Man hat wieder den Eindruck: Die SPÖ will etwas, die ÖVP blockt ab?
Buchinger: Nein, nur Teile der ÖVP lehnen die Hackler-regelung ab. Minister Bartenstein ist oft ein Minister Njet, aber es gibt Kräfte beim Arbeitnehmerflügel in der ÖVP, denen soziale Anliegen wichtig sind. Ich baue darauf, dass die stärker werden.
ÖSTERREICH: Können Sie sich auch einen Deal vorstellen?
Buchinger: Ja, wenn ein Kompromiss möglich ist: Wenn man nicht auf Dauer verlängert, sondern vielleicht nur auf einige Jahre über 2010 hinaus, und dafür gibt es Verbesserungen bei der Anrechnung von Krankenstandszeiten. Aber so, wie das Minister Bartenstein gemacht hat, ist das dürftig.
ÖSTERREICH: Nächste Woche kommt eine Kommissionsempfehlung für die Pensionserhöhung: Haben Sie Verständnis, dass die Senioren mehr als 1,7 Prozent wollen?
Buchinger: Ich bekenne mich dazu, was ich gesagt habe: Wenn so wie jetzt die Inflation – insbesondere bei Wohnen, Grundnahrungsmitteln und Energie – über 1,7 liegt, muss es für kleine und mittlere Pensionen über die 1,7 Prozent hinaus einen Zuschlag geben.
ÖSTERREICH: Finden Sie es in Ordnung, dass die Pensionisten die Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge allein tragen müssen?
Buchinger: Nein, das ist nicht abgesprochen und eine einseitige Belastung, die die ÖVP zu verantworten hat. Ich werde alles versuchen, um das zu verhindern.