SPÖ gegen ÖVP
Budget sorgt für erneuten Koalitions-Krach
13.10.2016
Offener Schlagabtausch im Nationalrat. Die Debatte um das Budget sorgt für miese Stimmung
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Einen bemerkenswerten Schlagabtausch haben sich im Rahmen der ersten Budgetdebatte die Spitzen von SPÖ und ÖVP geliefert. Einen Tag nach der angriffigen Budgetrede von Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) Richtung Koalitionspartner antwortete Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) am Donnerstag im Nationalrat ausführlich und ähnlich polemisch.
Zumindest in einem war sich die Regierung bei der sogenannten "Ersten Lesung" einig, nämlich dass der Budgetentwurf nicht gerade herausragend ist: "Das Budget ist bestenfalls eine Pflicht, aber die Kür hat noch zu kommen", befand Kern. "Wir haben noch nicht einmal die Pflicht abgeschlossen", replizierte Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) wenig später und forderte Reformen bei Pensionen und am Arbeitsmarkt ein.
Angesichts der Dissonanzen in der Koalition war es wohl kein Zufall, dass Kern schon an den Beginn seiner Rede die Feststellung setzte: "Das ist ein Budget, das die Regierung gemeinsam erarbeitet hat." Wenig später meinte er dann, dass das Budget solide, ein solides Budget aber nicht genug sei. Der nächste Finanzrahmen im Frühling sei dann der Test, "ob wir reformfähig und reformwillig sind".
Kern ätzt mit Elvis-Zitat
Schelling hielt der Kanzler indirekt vor, mehr zu reden als zu handeln: "A little less conversation, a little more action", nahm Kern eine Anleihe bei Elvis Presley. Reformrhetorik sei ja da, "aber Reformen im Schlafwagentempo werden uns nicht weiterbringen". Nämliche Idee hat übrigens Mitterlehner für die SPÖ in Sachen Pensionen und Arbeitsmarkt: Man sollte jetzt einmal von der Rhetorik in die Aktion kommen.
Ziel des Kanzlers ist es, die Konsolidierung voranzutreiben, aber auch die Wirtschaft zu beleben, klare Akzente zu setzen und öffentliche Investitionen voranzutreiben. Die wichtigste Aufgabe einer Regierung sei es Beschäftigung zu schaffen: "Wer das nicht macht, betreibt eine Politik der Zukunftsvergessenheit."
Angriff auf Infrastruktur nahm Kern persönlich
Sichtlich selbst angegriffen fühlte sich der frühere ÖBB-Chef angesichts von Schellings Äußerungen, wonach mit dem Infrastrukturmilliarden zu viele Mittel langfristig gebunden würden. Kern erinnerte daran, dass ja wohl die ganze Regierung den Rahmenplan beschlossen habe und die Bundesbahnen die Projekte am wenigsten nötig hätten. Mut, den Schelling am Vortag eingefordert hatte, würde es bei ihm selbst brauchen, beispielsweise nach Tirol zu fahren und dem dortigen Landeshauptmann zu sagen, dass man den Brenner-Tunnel nicht benötige.
Durchaus breiten Raum in der Budgetrede hatten auch die Mittel für die Landwirtschaft eingenommen, die der Finanzminister verteidigte. Gegen die Dotierung hatte auch Kern nichts einzuwenden, doch meint er, dass man die Mittelverteilung zugunsten der kleineren Bauern ändern könnte - ganz in der Tradition Bruno Kreiskys.
Nicht weniger als 22 Minuten und damit ungewöhnlich lange nahm sich der Kanzler Zeit für seine Replik auf die Budgetrede. Zum Abschluss gab es für die Länge des Vortrags eine Art Entschuldigung: "Wir haben einen Diskurs geführt, der eine deutliche Antwort fordert."
Etwas baff ob der Schärfe des Kanzler-Vortrags wirkte direkt im Anschluss der Vizekanzler: "Ich tu mir beinahe schwer das zu bewerten. Bei allem Respekt, Herr Bundeskanzler, das war keine Darstellung, was das Budget anlangt, sondern eine Standpauke. Für wen? Ok, für uns, wir nehmen das mit."
Mitterlehner sorgt für Lacher
Für Lächler sorgte der Vizekanzler im Anschluss mit der Feststellung: "Dass es ideologische Unterschiede gibt, haben sie mittlerweile bemerkt."
Eigentlich hätte Mitterlehner ja gerne mehr den Fokus darauf gerichtet, was der Regierung gelungen ist - etwa dass man nach sieben Jahren Wirtschaftskrise wieder ein strukturelles Nulldefizit erreicht habe, in den internationalen Rankings nach vorne wandere und sich auch der Bereich Forschung und Entwicklung sehr positiv entwickle.
Auch bei den großen Strukturmaßnahmen sei man, glaube er zumindest, auf einem guten Weg. Das rechnet der VP-Chef wohl seiner Partei zu. Denn wenn die SPÖ eine Maschinensteuer fordere, brauche sich die ÖVP keine Sorgen machen, wer als Wirtschaftspartei wahrgenommen werde.