Bund und Länder
Neuer Stabilitätspakt unterzeichnet
19.05.2011
Der bisherige Pakt wurde von den Ländern nie eingehalten.
Der Stabilitätspakt zwischen Bund, Ländern und Gemeinden ist offiziell. Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) hat am Donnerstag in Bad Hall die Vereinbarung mit dem Vorsitzenden der dort tagenden Landeshauptleute-Konferenz Josef Pühringer, Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer (beide ÖVP), Städtebund-Präsident Michael Häupl (SPÖ) und allen Landeshauptleuten, außer Burgenlands Hans Niessl (SPÖ), der im Ausland weilte, unterzeichnet.
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OÖ-Pühringer: "Nehmen Pakt ernst"
Pühringer versicherte, dass die Landeshauptleute den Pakt ernst nehmen, weil im Gegensatz zu früheren Vereinbarungen eine gänzlich andere Situation in einigen Haushalten herrsche. "Die Konsolidierung und Stabilität der öffentlichen Finanzen ist uns ein gemeinsames Anliegen."
Ministerin Fekter unterstreicht Sanktions-Klausel
Fekter verwies auf das Mittwoch im Parlament beschlossene Finanzrahmengesetz, das den Pfad vorgebe. "Der Stabilitätspakt hat eine Sanktionsklausel, wenn die Disziplin zu wünschen übrig lässt", stellte sie gleich auch die Rute ins Fenster, doch die "Solidarität zwischen Ländern, Bund und Gemeinden ist groß". Nicht nur der Pflegefonds, auch der Finanzausgleich sei um ein Jahr verlängert worden. Das sei in der Zusammenarbeit vorbildhaft und ein Modell für weitere Reformen im Gesundheitsbereich.
Auch Pflegepakt beschlossen
Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ), der anwesend war, weil der Pakt gleichgeschaltet ist mit dem Pflegepaket, betonte, dass die Pflege bis Ende 2012 für den nächsten Finanzausgleich als Einheit behandelt werde. Mödlhammer verwies auf die besondere Herausforderung für die Gemeinden, die als einzige Gebietskörperschaft keine neuen Schulden machen dürften. Drei Bereiche seien gelöst: Die Stabilität der Finanzen, die Sicherung der Pflege bis 2014 und eine Verwaltungsvereinfachung.
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Wiens Bürgermeister Häupl zeigt sich zufrieden
"Wir können alle miteinander zufrieden sein", lobte Häupl den Beschluss der "vernünftigen Gesamtlösung und des Gesamtpakets". Pühringer dankte abschließend explizit Vorarlbergs Herbert Sausgruber (ÖVP), der "sehr viele Vorarbeiten als Finanzexperte" geleistet habe.
Neuer Pakt soll mehr Transparenz bringen
Der Stabilitätspakt verpflichtet die Gebietskörperschaften auch zu mehr Transparenz bei den Finanzen. So müssen die Länder künftig auch neu geschaffene, ausgegliederte Einheiten wie Krankenanstalten und Wohnbaugesellschaften melden und können nicht mehr in solchen ausgelagerten Gesellschaften Schulden verstecken. Außerdem müssen alle Daten künftig transparenter und besser dargestellt werden und sie werden auf der Homepage des Ministeriums öffentlich zugänglich gemacht. Damit sind Defizitüberschreitungen künftig offengelegt.'
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Neuer Stabilitätspakt erlaubt Ländern wieder Defizite
Der Stabilitätspakt ist eigentlich das letzte finanzpolitische Werk von Ex-Finanzminister Josef Pröll (ÖVP). Seit der Grundsatzverständigung hat sich an den Rahmenbedingungen zwar durch die neue von Eurostat vorgegebene Defizitberechnungsmethode einiges geändert, für die Länder und Gemeinden bleibt freilich alles gleich.
Drei-Prozent-Defizit erst 2013
War man bei der Präsentation der Einigung zwischen den Gebietskörperschaften im März noch davon ausgegangen, dass bereits 2012 die im Maastricht-Abkommen vorgegebene Drei-Prozent-Grenze beim gesamtstaatlichen Defizit wieder unterschritten werden kann, ist dies nun wegen der neuen Eurostat-Berechnungsmethoden (mit der Einbeziehung ausgelagerter Schulden) doch nicht drin. Stattdessen soll 2013 dieses Ziel mit 2,9 Prozent des BIP erreicht werden.
Länder-Defizit heuer maximal 0,75 Prozent des BIP
Laut neuem am Mittwoch vom Nationalrat beschlossenen Finanzrahmen soll der Bund in den Jahren des Stabilitätspakts, also bis 2014, folgenden Defizitpfad erfüllen: 2011 minus 3,1 Prozent, 2012 2,7, 2013 2,4 und 2014 1,9 Prozent des BIP. Für die Länder ist unverändert heuer ein maximales Defizit von 0,75 des BIP vorgesehen, 2012 dann von 0,6 Prozent und 2013 und 2014 jeweils von 0,5 Prozent. Die Gemeinden sollen jedes Jahr ausgeglichen bilanzieren.
Bisheriger Stabilitätspakt nie eingehalten
Eingehalten wurde der Stabilitätspakt von den Ländern in den vergangenen Jahren freilich bisher überhaupt noch nie. Um hier eine bessere Disziplin zu erreichen, werden ein wenig strengere Sanktionsmechanismen eingezogen. Wird über die Stränge geschlagen, wird der Rechnungshof von sich aus tätig und schreibt dem Defizitsünder einen Brief. Zudem sollen die Daten auf der Website des Finanzministeriums transparent gemacht werden.
Strafzahlungen für Defizitsünder theoretisch möglich
Theoretisch kann es auch zu Strafzahlungen von bis zu 15 Prozent des überzogenen Werts kommen, wobei die Gelder dann zwischen an die "Pakttreuen" verteilt würden. Freilich müsste die Pönalen eine Schlichtungskommission entscheiden, in der Länder gemeinsam mit Gemeinden gleich stark vertreten sind wie der Bund. Verfehlt man die Budgetziele in einem Jahr, hat man im nächsten Jahr die Chance, das Minus wettzumachen.
Neue Haftungsobergrenzen
Neu ist auch, dass die Gebietskörperschaften Haftungsobergrenzen beschließen müssen. Vorgaben dazu haben sie freilich keine. Bisher wurden auch weder von Bund noch von den Ländern entsprechende Regelungen beschlossen, allerdings wird der Stabilitätspakt ja auch erst heute unterfertigt.