Fette Spekulationen

Bundesfinanzierer droht 617 Mio.-Verlust

15.07.2009

Laut Rechnungshof hat die ÖBFA hohe Summen in intransparente Wertpapiere gesteckt.

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© TZ Österreich Chrissinger
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Die Österreichische Bundesfinanzierungsagentur hat bis zum Ausbruch der Finanzkrise im Sommer 2007 in großem Stil in Spekulationspapiere investiert. Aus den damaligen Veranlagungen drohen dem Bund nach wie vor bis zu 616,9 Mio. Euro Verlust. Das ergibt der jüngste Rechnungshofbericht zu den Finanzierungsinstrumenten der Gebietskörperschaften. Auch in den vom RH geprüften Bundesländern Salzburg, Burgenland, Kärnten und Tirol gab es risikoreiche Veranlagungen und teilweise Verluste.

Hohe Summen in intransparente Papiere
Der RH bemängelt vor allem, dass die Bundesfinanzierungsagentur "sowohl im Verhältnis zu ihren Kassamitteln als auch zum Weltmarkt sehr hohe Beträge in intransparente Wertpapiere, die von der US-Subprime-Krise besonders gefährdet waren, veranlagte". Bei bestimmten, besonders risikoreichen Wertpapieren, sogenannten SIV (Structured Investment Vehicles), hielt die ÖBFA im September 2007 mit 4,92 Mrd. Euro sogar 1,8 Prozent der am Weltmarkt vorhandenen Papiere. Zu dieser Zeit begann die ÖBFA, aus den Risikopapieren auszusteigen bzw. über Umschichtungen zu verhandeln.

Umgeschichtet in andere Risikopapiere
Der noch nicht realisierte Verlust aus der Abwertung wird vom RH mit 380 Mio. Euro (Stand Dezember 2008) beziffert. "Der tatsächlich eingetretene wirtschaftliche Schaden kann jedoch erst nach Ende der Laufzeit der im Zuge der Restrukturierung erworbenen Wertpapiere festgestellt werden", so die RH-Prüfer. Würden auch die neuen Risiko-Papiere während der Laufzeit notleidend, könnte der Verlust auf bis zu 616,9 Mio. Euro steigen.

Alle kurzfristigen Veranlagungen des Bundes haben von 1998 bis 2008 insgesamt einen Nettoertrag von rund 685 Mio. Euro gebracht. Gleichzeitig seien trotz der sich 2007 ausbreitenden Finanzkrise die Risiken nicht entsprechend analysiert und daher nicht rechtzeitig erkannt worden, kritisiert der Rechnungshof. "Dadurch war der Bund auch zu einer Zeit, als die Krise bereits in voller Ausbreitung begriffen war, in unvertretbar hohem Ausmaß in besonders gefährdeten ABCP (Asset Backed Commercial Papers) zur Refinanzierung von SIV veranlagt", so der RH.

Die ÖBFA und das Finanzministerium verweisen in ihren Stellungnahmen auf das ausgezeichnete Rating der Finanzprodukte. Zum Zeitpunkt der Investitionsentscheidungen habe es nicht die geringste Veranlassung gegeben, den Ratings der Agenturen zu misstrauen. Der ÖBFA sei es nicht möglich gewesen, "die globalen Auswirkungen der Finanzkrise eher vorauszusehen als die beiden größten Agenturen".

Zinsbelastung dafür niedriger
Immerhin brachten die Derivativgeschäfte dem Bund aber auch Vorteile: Die Zinsbelastung des Bundes verringerte sich laut RH zwischen 2002 und 2007 um 3 Mrd. Euro, der Fremdwährungsanteil an der Finanzschuld verringerte sich von 2005 bis 2007 um durchschnittlich 5 Prozentpunkte von mehr als zehn auf rund 5 Prozent.

Pröll verteidigt Finanzierungsagentur
ÖVP-Finanzminister Josef Pröll verteidigt die Bundesfinanzierungsagentur: Sie habe in damals als "hervorragend" bewertete Produkte investiert. Außerdem hofft er, dass der Verlust von bis zu 380 Mio. Euro nicht schlagend wird und die Kurse der Papiere wieder steigen: "Die Verluste sind bisher nicht realisiert." Im Durchschnitt habe die Agentur mit ihren Veranlagungen in den letzten zehn Jahren einen jährlichen Gewinn von 28 Mio. Euro erzielt.

Die RH-Prüfung fand zwischen Oktober 2007 und Jänner 2008 statt und umfasst eigentlich den Zeitraum 2002 bis 2006, allerdings wurden auch "wesentliche Entwicklungen" der Jahre 2007 und 2008 berücksichtigt. Derzeit prüft der RH die übrigen Bundesländer, Wien, Niederösterreich, Oberösterreich, Steiermark und Vorarlberg.

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