Vor 1.000 Rekruten am Wiener Heldenplatz gab Faymann den Startschuss.
Der Kanzler legte beim offiziellen Festakt zum Nationalfeiertag auch gleich den Marschplan vor: „Aufgaben und Organisation des Bundesheers sind in den nächsten Monaten neu festzulegen“, sagte der Kanzler am Heldenplatz.
Vor der Frage, wie die militärische Landesverteidigung von morgen in einem geeinten Europa aussehen könne, dürfe man sich nicht drücken: „Daher gilt es zu analysieren, zu diskutieren, abzuwägen und dann zu entscheiden“, so der Kanzler. Faymann forderte nachdrücklich, dass man dabei die Erfahrungen anderer Länder mit der Umstellung auf ein Berufsheer berücksichtigen solle.
Volksbefragung gefordert
Mit dem Kanzler-Startschuss lenkte auch SP-Verteidigungsminister Norbert Darabos ein: „Es ist in einer Demokratie legitim, öffentliche Institutionen, so auch das Bundesheer, immer wieder kritisch zu hinterfragen“, sagte er.
Damit stellten sich erstmals Kanzler und Verteidigungsminister geschlossen hinter Wiens SP-Bürgermeister Michael Häupl. Der hatte in der heißen Phase des Wiener Wahlkampfs explizit eine „Volksbefragung zur Abschaffung der Wehrpflicht“ gefordert.
Pröll vermeidet konkrete Aussagen
Ursprünglich war Darabos über den Vorstoß Häupls „irritiert“. Am Dienstag sagte er im Hinblick auf eine Wehrpflicht-Volksbefragung: „Natürlich spreche ich mich auch für eine breite und offene Diskussion ohne Tabus aus und stehe der Einbindung der Bevölkerung in dieser wichtigen gesellschaftspolitischen Frage positiv gegenüber.“
Damit ist klar: Die Volksbefragung zur Wehrpflicht kommt. Militärexperte Gerald Karner (siehe Interview) beschreibt das mögliche Szenario: „Bis Jahresende werden alle Fakten und Argumente geprüft“, sagt er. Frühestens im Frühjahr 2011 werde dann die Volksbefragung kommen, spätestens aber im Herbst. Abhängig vom Ausgang dieser Volksbefragung werde es dann noch ein bis drei Jahre dauern, bis das Ergebnis des Volksentscheides umgesetzt werden wird, glaubt der Militärexperte, der schon seit Jahren ein Berufsheer fordert.
VP-Vizekanzler Josef Pröll vermied am Nationalfeiertag bewusst konkrete Aussagen zur Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht: „Zuerst müssen die Aufgaben des Heeres neu definiert werden, erst dann werden wir darangehen, das Heer neu zu organisieren“, sagte er.
Militärexperte Gerald Karner: "Im Frühling wird Volk befragt"
ÖSTERREICH: Der Kanzler gab den Startschuss für die Heeresdebatte. Was passiert jetzt?
GERALD KARNER: Jetzt gibt es wohl kein Zurück mehr, der Kanzler hat ein klares Signal gesetzt. Nun sollte rasch entschieden werden; diskutiert haben wir lange genug über die Abschaffung der Wehrpflicht. Die meisten Fakten über ein Berufsheer, wie es viele unserer Nachbarstaaten haben, liegen längst auf dem Tisch. Jetzt brauchen wir einen konkreten Fahrplan für ein „Heer neu“.
ÖSTERREICH: Wie könnte der Fahrplan aussehen?
KARNER: Bis Anfang 2011 sollten in Diskussionen zwischen den Koalitionspartnern die Grundsatzentscheidungen gefallen sein – Wehrpflicht oder Berufsheer? Frühestens im Frühjahr 2011 wird die Volksbefragung kommen, spätestens aber im Herbst. Vom Ausgang dieser Volksbefragung wird abhängen, wie die weiteren Schritte der Regierung aussehen werden.