Bundespräsident Heinz Fischer verweigert die Beurkundung der Gewerbeordnungs-Novelle wegen der enthaltenen rückwirkenden Strafbestimmung.
Zum ersten Mal in der Geschichte der Zweiten Republik hat der Bundespräsident ein von Nationalrat und Bundesrat abgesegnetes Gesetz nicht unterzeichnet. Bundespräsident Heinz Fischer beurkundete die Novelle der Gewerbeverordnung nicht, da dessen Zustandekommen verfassungswidrig sei, wie die Präsidentschaftskanzlei am Dienstag in einer Aussendung mitteilte.
Rückwirkende Gesetze in Österreich unzulässig
Im
Gesetzesbeschluss ist eine Verwaltungsstrafbestimmung enthalten, die noch
vor dem Termin der Gesetzeskundmachung in Kraft treten sollte. Rückwirkende
Strafbestimmungen sind in Österreich jedoch unzulässig. Einer neuerlichen
Beschlussfassung über die Novellierung der Gewerbeordnung ohne rückwirkende
Strafbestimmung stehe rechtlich nichts im Wege, heißt es in der Aussendung
der Präsidentschaftskanzlei.
Verfassungsexperte: "Unterschriftsverweigerung ist unzulässig"
Der
Verfassungsrechtler Heinz Mayer hat die Weigerung von Bundespräsident Heinz
Fischer, ein von Nationalrat und Bundesrat abgesegnetes Gesetz nicht zu
unterzeichnen, als "nicht zulässig" bezeichnet. Der
Bundespräsident müsse ein Gesetz unterschreiben, wenn dieses formal korrekt
zustande gekommen sei, sagt Mayer in der "Presse". Wenn Fischer
nun beginne, Gesetze auch auf ihre inhaltliche Korrektheit zu prüfen, sei
dies "eine Änderung der Staatspraxis".
Adamovich anderer Meinung
Dem widerspricht der ehemalige
VfGH-Präsident und Berater des Staatsoberhauptes, Ludwig Adamovich. So habe
schon 1923 Hans Kelsen, der Schöpfer der Verfassung, gemeint, dass der
Bundespräsident auch den Inhalt eines Gesetzes betrachten müsse. Und im
jetzigen Fall sei es eindeutig, dass es sich um ein verfassungswidriges
Gesetz handle. Denn die Novelle der Gewerbeordnung sehe rückwirkende
Strafdrohungen ab dem 15. Dezember 2007 bei Geldwäsche vor.
Prammer unterstützt Vorgehen Fischers
Nationalratspräsidentin
Barbara Prammer unterstützt ebenfalls Fischers Vorgehen. "Wir
müssen uns viel mehr Zeit lassen und eine seriöse Arbeit abliefern".
Bei 59 Gesetzen in drei Tagen im Dezember des Vorjahres "ist es mühsam,
alles im Auge zu behalten". Allerdings müssten die Minister und
Ministerien den Fahrplan der Gesetzwerdung besser kennen. Bedenklich stimmt
Prammer, dass das Gesetz im Ausschuss behandelt wurde und niemandem
aufgefallen sei, dass der festgeschriebene Fristenlauf ein
verfassungsrechtliches Problem auslöst. Deshalb will Prammer mit der
Parlamentsdirektion eine Formal-Checkliste erarbeiten, nach der alle Gesetze
künftig abgeklopft werden. "Ich will den Klubs und den Ministerien
die Verantwortung nicht abnehmen", aber sie biete diese Zusatzkontrolle
an.