Ministerin Bures verteidigt den Parteichef, trotzdem brodelt es in Teilen der SPÖ gegen den Kanzler.
SPÖ-Frauenministerin Doris Bures hat keine Zweifel an der "breiten
Zustimmung" innerhalb ihrer Partei für Bundeskanzler Alfred Gusenbauer.
In der Sozialdemokratie wisse jeder, dass es der Kanzler "unter
schwierigsten Bedingungen nach sieben Jahren Opposition wieder in die
Regierung geschafft" habe, meinte sie am Dienstag.
Schreiben Sie dem Kanzler ihre Meinung
Über den Parteichef wollte Bures nichts kommen lassen. Gusenbauer habe wieder soziale Fairness in die Regierung gebracht, lobte sie und schalt die kritischen Stimmen aus der eigenen Partei. Es sei kein guter Stil, dass "Teile in der SPÖ glauben", sich Kritik öffentlich ausrichten zu müssen, so die Frauenministerin.
Kein Abrücken bei Steuerreform
Bei der Entlastung fordert
sie gemäß Parteilinie ein Vorziehen der Reform, den Gusi-Hunderter, die
Anpassung der Familienbeihilfe an die Inflation und die Absetzbarkeit von
externen Kinderbetreuungskosten. Die meisten Hauptprofiteure seien weiblich,
wie Niedrigverdiener, Alleinerzieher mit geringem Einkommen und
Ausgleichszulagenbezieher bei den Pensionisten. Eine klare Absage erteilte
Bures wieder dem ÖVP-Wunsch Familiensteuersplitting.
Klarheit von der ÖVP verlangt
Die Frauenministerin verlieh
der SPÖ-Empörung über das Strategiepapier der ÖVP einmal mehr Ausdruck. Als
ehemalige Bundesgeschäftsführerin ihrer Partei wisse sie zwar, dass man
immer im politischen Wettbewerb stehe. Sie kenne aber "keine Partei,
die 14 Monate nach Regierungsangelobung eine Neuwahlstrategie erarbeite".
Statt sich wie sein Vorgänger (Ex-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel), in
Schweigen zu hüllen, solle Molterer Stellung nehmen, forderte Bures.
Alt-Minister Lacina unterstützt Gusenbauer
Der frühere
Finanzminister Ferdinand Lacina - ein langjähriger SPÖ-Politiker - hält
nichts davon, die Funktionen von Bundeskanzler und Parteivorsitzendem in der
SPÖ zu trennen. Die SPÖ sei in der Vergangenheit gut beraten gewesen,
Spitzenfunktionen wie die des Kanzlers mit dem Parteivorsitz zu kombinieren,
meinte er am Dienstag nach der Sitzung der SPÖ-Steuerexperten vor
Journalisten.
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Kritik aus der Partei
Davor war der Tiroler SPÖ-Chef Hannes
Gschwentner - der im Juni die Landtagswahl zu schlagen hat - auf die
Bundespartei und Parteichef Gusenbauer losgegangen: In der "Tiroler
Tageszeitung" vom Dienstag sprach er von Gusenbauers "letzter
Chance". Wenn er die Steuerreform 2009 nicht schaffe, "braucht er
beim Bundesparteitag im Herbst gar nicht mehr antreten".
Immer mehr unverhohlene Kritik
Gschwentner ist nur der jüngste
Kritiker des Bundesparteikurses. Zuletzt hat der Salzburger
SPÖ-Bürgermeister Heinz Schaden seinem Ärger über Gusenbauer Luft gemacht,
auch die Kritik von Salzburgs Landeshauptfrau Gabi Burgstaller ist
unüberhörbar. Die Wutausbrüche des steirischen Landeshauptmanns Franz Voves
sind sowieso schon legendär.
"Gusi hat keine Basis mehr"
Auf die Frage, ob
Gusenbauer noch den Rückhalt in der Partei habe, antwortete Gschwentner: "
Wenn es Gusenbauer nicht gelingt, sich in der Frage der Steuerreform
durchzusetzen und diese auf 2009 vorzuziehen, steht er vor einer unlösbaren
Aufgabe. Kann er kein Ergebnis vorweisen, hat er keine Basis mehr."
"Es ist seine letzte Chance"
Eine Palastrevolution in
der SPÖ schloss Gschwentner nicht aus: "Wenn Gusenbauer im Sommer
nichts auf die Füße stellt, dann gute Nacht. Einen weiteren Umfaller darf er
sich nicht mehr leisten. Es ist seine letzte Chance. Wenn er sie nicht
nützt, dann braucht er beim Bundesparteitag im Herbst gar nicht mehr
antreten.