1.000 WhatsApps als Sprengstoff
Casinos: Politik zittert vor Strache-SMS
18.11.2019Strache-SMS und -WhatsApps werden nun ausgewertet und geben tiefe Einblicke
Die Affäre um mögliche Polit-Absprachen bei der Bestellung des Ex-FPÖ-Bezirksrats Peter Sidlo zum Finanzvorstand der Casinos Austria (CASAG) wird immer brisanter. Am Sonntagabend bekannt gewordene weitere Chat-Protokolle deuten darauf hin, inwieweit Polit-Deals rund um die Besetzung von Posten in staatsnahen Betrieben die Regel waren. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.
Fundgrube für die Ermittler
Die Ermittler werten die Handydaten von Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus bereits seit Sommer aus. Bei Strache dürfte es um gut 1.000 Nachrichten gehen. Und davon dürften einige – siehe seine Messages zur Casino-Affäre, in denen er offen über seine Personalwünsche schrieb – sehr aussagekräftig sein.
Die Ermittler können freilich nur jene Nachrichten untersuchen, die in direktem Bezug zu Verfahren gegen Strache stehen: Ibiza-Komplex, Casino-Affäre, mutmaßliche Bestechlichkeit und mutmaßliche Scheinrechnungen.
Gegen Strache, der alle Vorwürfe zurückweist, laufen mehrere Verfahren.
Die Nachrichten des Ex-FPÖ-Chefs dürften aber sehr tiefe Einblicke in das blaue System gewähren. So dürfte er auch ungeniert mehrere Nachrichten bezüglich weiterer Postenbesetzungen – von Nationalbank bis ORF – geschrieben haben.
Auch jede Menge böser Nachrichten an Türkise dürften sich auf seinem Handy befinden.
Austausch über Personalwünsche in allen Bereichen
Im regen WhatsApp-Chatverkehr soll sich Strache (wenig überraschend) mit Blauen befunden haben. Auch soll sehr offen über diverse blaue Personalwünsche geschrieben worden sein. Straches „nächtliche Nachrichten“ sind sowohl Blauen als auch Türkisen noch in reger Erinnerung.
Die Ermittler müssen freilich auch erst jene Nachrichten, die auf gesicherteren Nachrichtendiensten wie Signal gespeichert sind, auswerten. Die Handys von Strache und von Gudenus seien jedenfalls „echte Fundgruben“.
Strache an Löger: "Ist Peter Sidlo auf Schiene?"
Die Flut an WhatsApp-Nachrichten in der Casinos-Causa stammt aus der Auswertung der Handys & Co., die Ermittler bei den Razzien im August u.a. bei Strache und Sidlo sichergestellt hatten.
Zunächst einmal mehr zu den Casinos. Da bedankt sich der frühere FPÖ-Chef Strache beim damaligen Finanzminister Löger am 11. 2. 2019 für dessen „Unterstützung bezüglich CASAG“ – gemeint war wohl, dass Löger mitgeholfen habe, die Bestellung Sidlos durchzuboxen. Schon zuvor hatte sich Strache bei Löger erkundigt: „Bezüglich Casino-Vorstand ist Peter Sidlo auf Schiene?“
Sidlo wiederum schrieb am 16. 1. 2019 an Strache: „Könnte sein, dass sich Egon Zehnder (Headhunter) bei dir meldet bzgl. Referenz für mich. Dann erzähl ihm halt, wie toll ich bin.“ Der damalige Casinos-Chef Alexander Labak hatte wiederum laut "Falter" in einer Mail an Aufsichtsratschef Walter Rothensteiner gewarnt, dass Sidlos Nominierung nur auf einen Polit-Deal zurückgehe …
Affäre um mögliche Polit-Absprachen bei der Bestellung des Ex-FPÖ-Bezirksrats Peter Sidlo
Aufsichtsratsposten bei ÖBB, Asfinag & Co.
Eine Nachricht von Strache an Löger zeigt, dass es bei Weitem nicht nur um die Casinos ging: „Wir (wohl die FPÖ, Anm.) haben bei der ÖBB, Asfinag, Donau, etc alle eure 30 AR (=Aufsichtsräte) sofort umgesetzt … in euren Ressorts warten wir bis heute … auch Telekom!“ Ausgemacht war 2018
2019, das bitte sicherstellen und einhalten.“ Und in einem Chat mit FPÖ-Parteifreunden von Frühjahr 2019 bittet Strache, alle Vereinbarungen mit Löger & Co. „für mich zu dokumentieren. Kurz will davon nichts wissen und das geht nicht.“
Amtsmissbrauchs-Anzeige von Ex-FP-Politiker
Mit einer Sachverhaltsdarstellung gegen unbekannte Täter ließ am Montag der ehemalige Richter und burgenländische FP-Landesrat Wolfgang Rauter aufhorchen – er beschuldigt „Mitarbeiter des Wochenmagazins 'Falter', des Bundesamts für Korruptionsbekämpfung und der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft des Amtsmissbrauchs und der Anstiftung dazu". Die brisante Frage: Wer ermöglichte in der Justiz diversen Medien durch das Leaken von Akten die Veröffentlichung von Ergebnissen der Hausdurchsuchungen in der Casinos-Affäre sowie der SMS-Chatprotokolle von HC Strache?
Die WKStA wehrte sich prompt in einer Aussendung gegen die „haltlosen Vorwürfe“. Man entziehe sich keiner sachlichen Kritik, verwahre sich aber gegen Spekulationen. Den Vorwurf des Amtsmissbrauchs weise man entschieden zurück.
Auch "Falter"-Chefredakteur Florian Klenk schießt zurück: „Rauter weiß genau, dass auch Privatpersonen Akteneinsicht haben und Akten völlig legal an die Medien kommen können. Das sind nur Nebelgranaten.“