Causa Casinos
Ibiza-Duo Strache & Gudenus erneut belastet
13.11.2019
Nun aufgetauchte brisante Chat-Protokolle bringen die Namen der Ex-FPÖ-Funktionäre auch in dieser Causa zum Vorschein.
Nachdem die erste Runde der Hausdurchsuchungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft im Zusammenhang mit der Bestellung des FPÖ-Politikers Peter Sidlo zum Casinos-Austria-Finanzvorstand gegen FPÖ-Politiker gegangen war, bekamen diesmal einige ÖVP-Politiker unerwünschten Besuch. Im Fokus steht die Rolle von Ex-Finanzminister Hartwig Löger, der wie andere als Beschuldigter geführt wird.
Denn der Vorsitzende des Casinos Aufsichtsrats, Walter Rothensteiner, hat in einer Aktennotiz festgehalten, dass Löger ihm gesagt habe, dass Novomatic-Eigentümer Johann Graf "irgendeinen Hintergrunddeal mit den Blauen" habe. "Daher ist Sidlo ein Muss". Löger wies das bereits am Dienstag in einer Aussendung zurück: "Die Anschuldigungen entbehren jeglicher Grundlage. Ich sehe die freiwillige Nachschau und die damit verbundenen Vorwürfe gelassen", ließ er wissen. Auch der Wiener ÖVP-Chef Gernot Blümel hat in der ZiB2 vom Dienstagabend ausgeschlossen, dass die ÖVP von einem solchen Deal wusste.
Treffen mit Löger & Chat mit Strache
Im Hausdurchsuchungsbefehl für die gestrigen Razzien, aus dem das ORF-Mittagsjournal und die "Presse" zitieren, wird aber Lögers Rolle mehrfach erwähnt. Die Ermittler haben demnach aus dem Terminkalender von Novomatic-Eigentümer Johann Graf ein Treffen der Novomatic-Vertreter mit Löger rekonstruiert. Außerdem liege den Ermittlern ein Chat vom 6. Februar zwischen Novomatic-Geschäftsführer Harald Neumann und Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache vor, worin Neumann schreibe: "War echt mühsam, aber hier hat Löger auch sehr geholfen".
Löger habe "seine Befugnis (...) wissentlich missbraucht, indem er in Kenntnis eines 'FPÖ-Novomatic-Hintergrunddeals' ausschließlich aus parteipolitischen und koalitionstaktischen" Erwägungen handelte. So habe er sich aktiv bei Mitgliedern des Aufsichtsrates der Casinos Austria für Sidlos Bestellung eingesetzt und das "Vorliegen seiner Zustimmung iSd Nebenbestimmungen zum Konzessionsbescheid" signalisiert, so der Vorwurf im Hausdurchsuchungsbefehl.
Aussagen richtiggestellt
Laut "Presse" hat Rothensteiner seine Aussage vor der WKStA zur Rolle Lögers im zweiten Anlauf nachgeschärft. Am 12. August, dem Tag der ersten Razzien, habe er gesagt: "Im Aufsichtsrat oder bei mir wurde nicht interveniert. Ich weiß auch nicht, ob seitens des Ministeriums etwas mit der Novomatic beredet wurde. (. . .) Ich weiß vom Finanzminister, dass er die Causa Sidlo kannte und gegen seine Bestellung keine Einwände hatte." Fünf Wochen später habe er schriftlich seine ersten Aussagen ergänzt und richtiggestellt. Er sei inzwischen in seinem Handy auf die - den Ermittlern ohnehin bekannte - Aktennotiz zu Löger gestoßen. Löger habe ihn wohl angerufen, weil "meine gewisse Skepsis gegenüber Sidlo bekannt geworden war. (. . .) Ich war über diesen Anruf nicht erfreut und gab das Herrn BMF Mag. Löger auch zu verstehen." Er habe dennoch seine Funktion nicht zurückgelegt, weil eine Lösung erzielt worden sei, "mit der ich und letztlich auch der gesamte Aufsichtsrat leben konnte", so Rothensteiner in seinem Schreiben laut "Presse".
Laut Hausdurchsuchungsbefehl wird den Beschuldigten je nach Position Bestechung oder Bestechlichkeit vorgeworfen, berichtet das ORF-"Mittagsjournal". Es gehe um pflichtwidrige Vornahmen von Amtsgeschäften bei der Bestellung Sidlos. Die Korruptionsermittler führen etwa an, dass bei neu zu schaffenden Glücksspiellizenzen, wie einer Casino-Lizenz für Wien oder einer nationalen Online-Gaming-Lizenz eine wohlwollende Unterstützung der Politik erfolgen sollte. Im Hausdurchsuchungsbefehl werde auch auf die kritische Stellungnahme des Personaldienstleisters hingewiesen, der Sidlo als nicht umfassend geeignet einstufte. Den Casinos Aufsichtsräten Josef Pröll und Walter Rothensteiner wird von den Ermittlern wegen der hohen Abfertigungszahlungen an die früheren Casinos-Vorstände auch Untreue vorgeworfen, so das "Mittagsjournal".
Chat zwischen Sidlo & Gudenus: "hallo Joschi"
Demnach steht im Durchsuchungsbefehl auch, dass die bisher geführten Ermittlungen und die fortgeschrittene Auswertung der sichergestellten Daten die anonyme Anzeige, die das ganze Verfahren ins Rollen brachte, "in weiten Bereichen bestätigen". Unter anderem gebe es einen Whatsapp-Chat zwischen Sidlo und dem damaligen FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus, in dem Sidlo schreibe: "hallo Joschi, habe mit meinen Freunden bezüglich Casinos gesprochen, sie wären bereit und auch fähig den deal zu machen".
Der frühere FPÖ-Bezirksrat Peter Sidlo ist unter der ÖVP-FPÖ-Regierung Anfang Mai als Finanzchef der Casinos Austria eingesetzt worden, obwohl der engagierte Personalberater Zehnder Zweifel an seiner Eignung geäußert hatte. In einer anonymen Anzeige wurde danach der Vorwurf geäußert, dass Casinos-Großaktionär Novomatic diese Bestellung aufgrund eines Deals mit der FPÖ akzeptiert habe. Demnach hätte sich die FPÖ als Dank für die Bestellung künftig für Lockerungen im Glücksspielgesetz einsetzen sollen. Sowohl die FPÖ als auch Novomatic dementieren kategorisch so eine Absprache.
Trotzdem hat es in einer ersten Runde Hausdurchsuchungen bei Novomatic-Chef Harald Neumann, Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, Ex-FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus und Sidlo selber gegeben. In einer zweiten Runde gab es am gestrigen Dienstag Hausdurchsuchungen bei der staatlichen Beteiligungsgesellschaft ÖBAG, ÖBAG-Chef Thomas Schmid, Ex-Finanzminister Hartwig Löger und Casinos-Aufsichtsratschef Walter Rothensteiner sowie seinem Stellvertreter Josef Pröll. Seit Anfang September läuft auch bei den Casinos eine interne Überprüfung des Falls, Sidlo ist einstweilen auf Urlaub. Auch sein Mandat als Generalrat der Nationalbank hat er ruhend gestellt. Der interne Prüfbericht der Casinos soll bis Ende November vorliegen, wobei Generaldirektorin Bettina Glatz-Kremsner weiter volles Vertrauen in ihn äußert: "Ich gehe davon aus, dass er sich nichts zuschulden kommen hat lassen und dass er Anfang Dezember wieder im Unternehmen sein wird", sagte sie vor einer Woche vor Journalisten.