Es ist ein bislang einmaliger Fall: Die Bischofskonferenz kommt am Montag zu einer Krisensitzung zusammen – im Kampf gegen die Kirchenkrise.
Die Austrittswelle nach der Ernennung von Gerhard Maria Wagner zum Weihbischof zwingt Kardinal Christoph Schönborn offenbar zur Ergreifung außerordentlicher Mittel: Der Vorsitzende der Bischofskonferenz hat eine kurzfristig anberaumte Sondersitzung des Gremiums einberufen. Bereits am Montag werden die neun Diözesanbischöfe und Schönborn zur aktuellen Lage der Glaubensgemeinschaft tagen – ein bislang einmaliges Vorgehen in der österreichischen katholischen Kirche.
Massen-Austritte
Die Reaktion spiegelt den Ernst der Lage wider:
Salzburg, Wien und Linz verzeichnen einen massiven Anstieg an
Kirchenaustritten seit Wagners Karrieresprung zum Weihbischof. Und das sind
nur Vorbeben: 700.000 Katholiken erwägen laut einer für ÖSTERREICH erhobenen
Gallup-Umfrage nach dem Wagner-Debakel einen Kirchenaustritt.
„Schadensbegrenzung“
Die Krisensitzung steht deshalb
im Zeichen der „Schadensbegrenzung“, wie Schönborn es ausdrückt. Der
steirische Diözesanbischof Egon Kapellari erwartet sich, dass „Probleme klar
benannt und nicht kleingeredet“ werden. Zuvor hatte Kapellari Wagners
Aussagen, der etwa Homosexualität als „heilbare“ Krankheit bezeichnet hatte,
scharf verurteilt.
Schadensbegrenzung übt der steirische Oberhirte allerdings in Fragen der außerordentlichen Umstände der Zusammenkunft. Es sei „selbstverständlich“, dass die Bischöfe bei drängenden Fragen auch außerordentliche Konferenzen abhalten.
Beschwichtigung
Auf der Agenda wird am Montag vor allem die
Diözese Linz stehen. Dort ist der Widerstand gegen Wagners Ernennung zum
Linzer Weihbischof naturgemäß am heftigsten. „In der Diözese Linz gibt es
neben einer breiten Mitte auch stark profilierte Positionierungen des
konservativen und des liberalen Flügels“, so Schönborns Sprecher Erich
Leitenberger zu ÖSTERREICH. Deshalb will die Bischofskonferenz am Montag
beraten, „wie dort ein Gesprächsprozess wieder in Gang gebracht werden
kann.“
Ein weiterer Punkt werde die Aufhebung der Exkommunikation von Bischöfen der Pius-Bruderschaft sein. Diese sei vom Vatikan „schlecht kommuniziert“ worden. Denn: Die erzkonservative Bruderschaft sei „in keiner Weise rehabilitiert“, so Leitenberger.
Kritik
Kritik am Vorgehen der Bischofskonferenz kommt vom
Vatikan-Reporter und Papst-Intimus, Andreas Englisch: „Ich habe das Gefühl,
als wolle man die Schuld an Wagners Ernennung dem Vatikan zuschieben“, so
der Insider zu ÖSTERREICH.
„Fest steht: Der Vatikan hätte niemanden in der österreichischen Kirche durchgesetzt, den die österreichische Kirche nicht wollte. Wagner muss innerhalb der Bischofskonferenz einen Fürsprecher gehabt haben.“