Nehammer: ''Wir waren expertenhörig''
Experten-Aufstand gegen Kanzler
17.02.2023Politik und Wissenschaft: Ein Streit ist zwischen den beiden ausgebrochen.
Wien. Vor drei Jahren gab es den ersten Corona-Fall in Österreich. Jetzt sollen die politischen Entscheidungen, die in dieser Zeitspanne gefallen sind, analysiert werden.
„Corona war für unsere Gesellschaft eine Art Trauma, das wir nun gemeinsam aufarbeiten sollten“, sagte VP-Bundeskanzler Karl Nehammer diese Woche. Was er meint: Impfpflicht, Quarantäne, Maskenpflicht – die Maßnahmen haben die Bevölkerung tief gespalten.
Für anhaltende Aufregung sorgt Nehammers Aussage: „Wir waren expertenhörig, nun sollen Experten erklären, warum sie zu dieser Entscheidung gekommen sind.“
Empörung. „Das Wort ‚expertenhörig‘ ist absolut unpassend“, sagt Arschang Valipour, Covid-Experte der Klinik Floridsdorf auf oe24.TV.
Umweltmediziner Hans-Peter Hutter auch auf oe24.TV: „Da fehlen einem die Worte.“ Und: „Bei der Impfpflicht war kein Experte da, der gesagt hätte, das ist eine gute Idee.“
Gegenüber ÖSTERREICH sagt Simulationsforscher Niki Popper: „Der Diskurs ist mittlerweile sehr verfahren, viele denken, sie hätten immer schon gewusst, was richtig und falsch ist. Wir müssen wieder aufeinander zugehen.“
Skandalös. Molekularbiologe Ulrich Elling: „Ein skandalöser Sager, der vom Missverständnis der Rolle der Experten zeugt. Politiker – und nur diese – entscheiden. Experten können und sollen per Definition gemäß ihrer Expertise sprechen, nicht Gesellschaftsaspekte integrieren“, schrieb er auf Twitter.
Ex-VP-Minister Heinz Faßmann, jetzt Präsident der Akademie der Wissenschaften, kennt beide Seiten: „In Krisenzeiten waren die Grenzen manchmal verschwommen: Wissenschaftler agierten wie Politiker, die Politik versteckte sich hinter der Wissenschaft.“
Neue Welle. Corona ist noch nicht verschwunden. Aktuell sind 45.771 Österreicher infiziert. Die Fälle steigen wieder.