Ein Kommentar von ÖSTERREICH-Politik-Insider Isabelle Daniel.
Es geht um 50 unbegleitete Flüchtlingskinder, die die Republik auf legalem Weg aufnehmen müsste. Zu diesem „Relocation-Programm“ – in Italien und Griechenland kommen die meisten Flüchtlinge via Mittelmeerroute an – hatte sich die EU bereits 2015 bekannt, um die beiden EU-Länder zu entlasten. SPÖ-Heeresminister Hans Peter Doskozil hat diese Aufnahme der Kinder, die VP-Innenminister Wolfgang Sobotka zugesagt hatte, am Donnerstag öffentlich abgelehnt und den nächsten Koalitionsstreit ausgelöst.
Jeder gegen jeden in der Großen Koalition
Die rot-schwarzen Frontlinien gehen diesmal kreuz und quer. Denn: Sobotka beruft sich darauf, dass SPÖ-Kanzler Christian Kern dieser Umverteilung der Flüchtlinge dreimal im EU-Rat zugestimmt habe. ÖVP-Außenminister Sebastian Kurz wiederum hält die Relocation-Programme „für den falschen Weg“ – während Kern eine neuerliche Ausnahme anstrebt. Wegen des Flüchtlingsansturms 2015 wurde Österreich bereits 2016 für ein Jahr von diesem Programm von der EU befreit.
ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka schießt sich auf Kern ein und macht diesen allein für die Zusage an EU und Italien verantwortlich. SPÖ-Klubchef Andreas Schieder wirft daraufhin Lopatka die Produktion von „Fake News“ in der „Giftküche“ vor.
Zustimmung. Doch wie schaut es wirklich aus? Die gesamte rot-schwarze Bundesregierung hat dem Programm wiederholt zugestimmt. Seit 9. Juni 2015 (damals noch unter Kanzler Werner Faymann) brachten Kanzleramt und Außenminister Sebastian Kurz insgesamt 16-mal – auf Basis von EU-Beschlüssen – das jetzt umstrittene Relocation-Programm ein. Ohne Widerspruch. Achtmal wurde es seit Kanzler Kern eingebracht. Viermal von Kern, viermal von Kurz. Bei elf dieser einstimmigen Ministerratsbeschlüsse war übrigens Doskozil bereits Verteidigungsminister.