Europa

Faymann: "Die Krise ist sicher noch nicht vorbei"

30.01.2014

Faymann will innerhalb der EU weiter gegen Jugendarbeits­losigkeit ankämpfen.

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Als Werner Faymann gestern um 10.30 Uhr in Straßburg landete, parkte dort bereits ein Jet „de la Republique française“ – Frankreichs Präsident François Hollande war wenige Minuten davor aus Paris angereist, um eine Rede an einer dortigen Universität zu halten. Faymann traf er nicht.

Der Kanzler gedachte gestern mit anderen EU-Größen in Straßburg anlässlich einer Trauerfeierlichkeit des Europarates der Millionen Holocaust-Opfer. Davor mahnte Faymann in seiner Rede vor dem Europarat – Österreich ist derzeit Vorsitzland –, „die Lektionen des 20. Jahrhunderts ernst zu nehmen.“ Er erinnerte an die 1930er-Jahre mit Massenarbeitslosigkeit, die zur Nazi-Hetze führte.

Wachstum & Maßnahmen gegen Arbeitslosigkeit
Faymann appellierte vor der Versammlung, dass man nicht nur Banken retten müsse, sondern jetzt auch „neues Wachstum und Maßnahmen gegen Arbeitslosigkeit“ brauche. Im ÖSTERREICH-Gespräch erklärt der Kanzler, dass er sich in der EU weiterhin für die Finanztransaktionssteuer und einen „EU-weiten Kampf gegen Jugendarbeitslosigkeit einsetzen“ werde.

Ein besonderes Anliegen sei ein EU-weites Auftreten gegen „Verhetzung und Aufhetzung“. Immerhin steigen in sämtlichen EU-Ländern Monate vor der EU-Wahl die Rechtsparteien Europas, wie etwa der Front National in Frankreich.

Kritik an Russland, 
aber kein Boykott
Vor dem Start der Olympischen Spiele in Sotschi – die Faymann besuchen wird – fand er harte Worte für Russland (ebenfalls Europarat-Mitglied): „Besonders in den Mittelpunkt ist zuletzt die Diskriminierung von Homosexuellen in einigen Ländern geraten, die Mitglied des Europarates sind. Diese Diskriminierungen stehen im Widerspruch zur Europäischen Menschenrechtskonvention.“
Einen Boykott allerdings halte er für „kein geeignetes Mittel“.

Faymann im ÖSTERREICH-Interview
›Müssen aus der Geschichte lernen‹

ÖSTERREICH: Sie haben in Ihrer Rede vor dem Europaparlament Vergleiche mit den 1930er-Jahren gezogen. Wieso?
Werner Faymann: Damals in den 30er-Jahren sind die Banken zusammengebrochen und die Produktionsindustrie ist um 92 Prozent schlagartig geschrumpft. Das führte zur Massenarbeitslosigkeit und spielte Hetzern in die Hände. Wir müssen auch – angesichts der Gedenken 1934 und Erster Weltkrieg – aus der Geschichte lernen.

ÖSTERREICH: Die EU hat die vergangenen Jahre vor allem Banken gerettet, oder?
Werner Faymann: Man sollte nicht unterschätzen, was die EU ab 2008 geleistet hat. Man hat einen Bankenkollaps verhindert, was sehr wichtig und richtig war. Meine Sorge ist jetzt, dass manche aber jetzt die sozialen Herausforderungen unterschätzen. Angesichts von steigenden Jugendarbeitslosigkeitszahlen in Teilen Europas kann man sicher nicht sagen, dass die Krise vorbei ist. Wir müssen uns genauso mit aller Kraft dafür einsetzen, gegen Arbeitslosigkeit zu kämpfen. Dafür will ich mich auch stark in der EU einsetzen. Dafür kämpfe ich.

ÖSTERREICH: Sie haben vor dem Europarat auch die Diskriminierung von Homosexuellen angesprochen. Und damit wohl Russland gemeint, nicht?
Werner Faymann: Es gibt im Europarat sehr unterschiedliche Länder – manche, die Menschenrechte und Demokratie leben, andere, die da noch Fortschritte machen müssen. Auch wenn ich den Boykott von Sotschi wegen der Sportler für nicht richtig finde, muss klar sein, dass diese Diskriminierungen sicher nicht europaratskonform sind.

ÖSTERREICH: Russland ist auch wegen seiner Rolle in der Ukraine in der Kritik. Könnten Sie sich Sanktionen gegen die Ukraine vorstellen?
Werner Faymann: Sanktionen sind immer das letzte Mittel. Was bei der Ukraine klar sein muss: Gewalt ist einzustellen und die Ukraine soll weder in Richtung EU gedrängt noch daran gehindert werden.

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