Die wichtigste Frage lautet: Wer tritt für die ÖVP an?
Noch fünf Wochen bis zur zweiten Stichwahl um die Hofburg – und immer mehr kristallisiert sich heraus: Das Ergebnis der Präsidenten-Wahl wird die Innenpolitik der nächsten Jahre entscheiden.
Ein Sieg von Van der Bellen würde die zuletzt immer hitzigere Innenpolitik deutlich beruhigen. Denn ein VdB-Erfolg würde auch als „heimlicher Sieg“ für Kanzler Kern und als Signal Richtung Rot-Grün gewertet. Die FPÖ wäre geschlagen – der grüne Erzfeind wäre Präsident, der rote Erzfeind bis 2018 Kanzler.
Ein Sieg von Norbert Hofer dagegen würde die Regierung in eine schwere Krise stürzen. Die große Mehrheit aller Polit-Insider geht davon aus, dass nach einem Hofer-Wahlsieg Neuwahlen unumgänglich sind – und im März 2017 auch der Nationalrat neu gewählt wird.
Die ÖVP spielt die Schlüsselrolle für die Neuwahl: Denn in der ÖVP ist allen klar, dass der seit gestern 30 Jahre alte Sebastian Kurz den in allen Umfragen zurückgefallenen „Django“ Mitterlehner als Parteichef ablösen wird. Völlig offen ist nur: Wann? Wie immer herrscht in der ÖVP Chaos – der amtierende Parteichef Mitterlehner wird eifrig demontiert, aber keiner will wirklich „Königsmörder“ sein. Weder die Kurz-Fans um Pröll in NÖ, noch die sonst gerne Parteichefs mordenden Steirer, noch die Platter-Tiroler wollen „Django“ das Messer in den Rücken setzen. Im Gegensatz zum Faymann-Sturz in der SPÖ fehlt in der ÖVP diesmal der „Judas“.
Allen in der ÖVP ist freilich klar: Gewinnt Hofer mit der FPÖ die Hofburg, ist Schluss mit lustig. Dann muss Mitterlehner gehen, bevor die Regierung bei ihrer Klausur im Oktober zerbricht – und dann wird (vermutlich im November) Sebastian Kurz neuer Parteichef und Vizekanzler.
Kurz will Neuwahlen – Kern in Wahrheit auch
Die Kurz-Strategie für den Fall der ÖVP-Übernahme ist klar: Er wird Kanzler Kern ein 50- oder 100-Punkte-Papier für ein „Neues Österreich“ überreichen, und wenn Kern den Reformen (von verschärftem Asyl-Kurs bis Pensions-Reform) nicht zustimmt, wird die Große Koalition beendet – dann wird im März 2017 gewählt. Denn die Kurz-Bedingung für die Übernahme der ÖVP wird schon im Vorhinein die Neuwahl sein.
Auch die SPÖ mit Kanzler Kern spekuliert mit Neuwahlen. Auch Kern will neu wählen, wenn Hofer Präsident wird. Erstens, weil sich Kern vom blauen Präsidenten nicht „vorführen“ lassen will. Zweitens, weil alle Demoskopen sagen: Sollte Hofer Präsident werden, ist seine Chance, Kanzler zu bleiben, gut wie nie. Denn fast die Hälfte der Hofer-Wähler wollen zu einem blauen Präsidenten nicht auch noch einen blauen Kanzler. Sprich: Die FPÖ wird gegen Kern kaum mehr als 25 % machen, er aber an die 30 %.
Kern hat – genau wie Kurz – also deutlich bessere Chancen auf den Kanzler, wenn Hofer die Hofburg-Wahl gewinnt, weil viele Österreicher Angst vor der totalen FPÖ-Machtübernahme hätten.
Strache ist deshalb nicht klar, was er sich wünschen soll: Eine blaue oder grüne Hofburg. Bei einem VdB-Sieg würden seine Chancen auf den „Jetzt erst recht“-Kanzler steigen.
Trotzdem ist die FPÖ auch im tiefsten Inneren der Überzeugung, dass sie einen Hofer-Sieg will: Erstens, weil das der FPÖ Auftrieb geben und Neuwahlen beschleunigen würde. Zweitens, weil Hofer als Präsident eher eine schwarz-blaue Regierung (mit dem Duo Kurz-Strache) als eine rot-grün-pinke Koalition angeloben würde.
Ein Hofer-Sieg würde also mit hoher Wahrscheinlichkeit Neuwahlen im März bedeuten. Mit Schwarz-Blau. Mit dann wohl dem jungen Sebastian Kurz als Kanzler und HC Strache als starkem Vizekanzler und Innenminister. Dann ist die Neu-Ausrichtung dieser Republik komplett.