Chaos in Libyen
Neues Foto von Saif Gaddafi aufgetaucht
24.01.2012
Unterdessen toben in Libyen heftige Kämpfe. Den Haag berät über Saifs Schicksal.
Derzeit beraten die Richter des Internationalen Gerichtshof in Den Haag gerade über das Schicksal von Libyens prominentestem Gefangenen: Saif al-Islam Gaddafi . Am Montag schickte die libysche Übergangsregierung – spät, aber doch – ein vertrauliches Dossier nach Den Haag. Darin gaben die Libyer erstmals Auskunft über den „geistigen und physischen Zustand“ von Saif al-Islam.
Öffentlich ist hingegen nichts über den Sohn des ermordeten Diktators Muammar Gaddafi bekannt. Der 39-jährige wurde am 19. November von Zintan-Brigaden gefasst. Und befindet sich seither in einem Privathaus in der Bergregion Libyens.
Neues Foto
Der letzte unabhängige Zeuge, der den einstigen Playboy besuchen konnte, war ein Human Rights Mitarbeiter am 21. Dezember. Nun ist ein neues Foto von Saif Al-Islam aufgetaucht. Dieses zeigt ihn im Kreis seiner Wächter beim Essen in Zintan. Eine libysche Quelle erklärte ÖSTERREICH, dass dieses Foto „vor weniger als einer Woche aufgenommen wurde“. Ob dem tatsächlich so ist – oder, ob das Foto älter ist – lässt sich unabhängig derzeit nicht feststellen.
Anwalt
Tatsache ist jedenfalls, dass der Gaddafi-Sohn nach wie vor keinen Zugang zu einem Anwalt seiner Wahl hat. Die Zintan-Brigaden dürften Saif al-Islam -gegen den der Internationale Gerichtshof einen Haftbefehl wegen mutmaßlicher „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ - erstellt hatte, laut mehreren Quellen „ordentlich behandeln“.
Der Justizminister der libyschen Übergangsregierung würde ihm derzeit aus angeblichen „Sicherheitsgründen“ den Besuch eines Anwalts verweigern. Ali Khalifa Ashur, der Justizminister, besteht auch darauf den Gaddafi-Sohn in Libyen vor Gericht zu stellen. Dort ist ihm ein Todesurteil wohl sicher.
Laut libyschen Quellen soll der einstige „Reformer“, der während des Aufstandes in Libyen zum Sprachrohr der blutigen Regierung seines Vaters mutierte, „demnächst in ein Hochsicherheitsgefängnis nach Tripolis überstellt“ werden.
Blutige Ausschreitungen
Die Sicherheitslage in dem nordafrikanischem Land könnte diese Verlegung freilich verzögern: Am Sonntag kam es in Benghazi – dort hatte der Aufstand gegen Gaddafi begonnen – zu gewaltsamen Ausschreitungen gegen den Nationalen Übergangsrat (NTC).
Am Montag wiederum lieferten sich Gaddafi-Anhänger mit Kämpfern des Übergangsrates eine blutige Schlacht in der Wüstenstadt Baniwalid. In der Haupstadt Tripolis kommt es fast täglich zu Schießereien. Stromausfälle sind ebenso auf der Tagesordnung wie Geldnot in Banken. Die Unzufriedenheit der Jugend – die um ihre Revolution fürchtet – mit dem NTC steigt zunehmend. Der Chef des NTC, Mustafa Jalil – Gaddafis ehemaliger Justizminister – warnt nun vor einem Bürgerkrieg, falls er zurücktreten würde.
Genau so hatte vor fast einem Jahr auch Muammar Gaddafi seine Weigerung zurückzutreten, argumentiert.
Und vor eben jenem vermeintlichen Bürgerkrieg soll auch Saif al-Islam Gaddafi seine Wärter in Zintan fast täglich warnen. Dass Anhänger seines Vaters in Libyen offenbar wieder zu den Waffen greifen, wird Saifs Sicherheit freilich nicht erhöhen. Über seine wohl letzte Chance der Todesstrafe zu entgehen, werden nun die Richter in Den Haag entscheiden...