ÖSTERREICH-Interview
Strache: "So werde ich Kanzler"
22.01.2012
FP-Chef nutze Neujahrstreff zum Rundumschlag. Das sind seine Pläne.
Nach neun Tagen Urlaub auf den Malediven wirkt FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache bestens aufgelegt. Nur dass ihm VP-Außenminister Michael Spindelegger nun den Diplomatenpass wegnimmt , schlägt ihm etwas auf die Laune. Immerhin möchte Strache – der gestern beim Neujahrstreffen in Salzburg erneut verkündete, dass er Kanzler werden wolle – in den kommenden Monaten einige Auslandsreisen antreten. Und da sei so ein Diplomatenpass eben hilfreich, erklärt der FPÖ-Chef im ÖSTERREICH-Interview.
Strache träumt schließlich von einer baldigen blauen Regierungsbeteiligung und möchte daher das angekratzte Image seiner Partei im Ausland verbessern:
Bei seiner geplanten Visite in Paris im Frühjahr bei der Chefin des extrem rechten Front National, Marine Le Pen, wird er sicher Erfolg damit haben. Gemeinsam mit Le Pen, dem belgischen Vlaams Belang und Italiens Rechtspolitikern möchte er 2012 auch ein EU-weites Volksbegehren gegen „den Türkei-Beitritt und Zuwanderung“ starten.
Im ÖSTERREICH-Interview lässt Strache damit aufhorchen, dass er auch gerne in einer tatsächlichen Krisenregion „vermitteln“ wolle: Er habe „gute Kontakte zu Syriens Opposition“ und würde in Damaskus mit beiden Seiten reden. Nur Syriens Präsident Bashar Assad habe sein Angebot bislang „nicht beantwortet“.
Sollte Strache tatsächlich nach Syrien fliegen, würde ihm das Außenamt wohl ausnahmsweise doch einen Diplomatenpass überlassen: In Syrien findet seit Monaten ein gewaltsamer Aufstand, der brutal beantwortet wird, statt...
»Diplomaten-Pass hilft mir in Krisen-Regionen«
ÖSTERREICH: Sie – besser gesagt alle Klubchefs – verlieren per Ministerratsbeschluss Ihren Diplomatenpass. Sie wirken nicht sehr glücklich darüber. Wieso ist Ihnen dieser Diplomatenpass so wichtig?
Heinz-Christian Strache: Da muss man jetzt unterscheiden: Zum einen war es völlig richtig diese unglaublichen Missstände, die mit Diplomatenpässen betrieben wurden, abzustellen. Es ist indiskutabel, dass an gewisse Freunde der Regierung einfach diese Pässe vergeben wurden. Aber, dass der Herr Spindelegger nun den Abgeordneten die Diplomatenpässe wegnimmt und dafür den Ehefrauen von Regierungsmitglieder welche gibt, ist eine Frechheit. Ehefrauen haben auf Dienstreisen höchstens als Privatpersonen etwas zu suchen. Wozu brauchen die einen Diplomatenpass?
ÖSTERREICH: Wozu brauchen Sie einen? Um nicht so lange in der Schlange zu stehen?
Strache: Also ich musste wegen dem Diplomatenpass niemals weniger lange warten – höchstens im Gegenteil. Da haben Sie eine falsche Vorstellung. Der Herr Außenminister will nun die Abgeordneten bestrafen, weil er sich offenbar nicht traut seinem Freund Mensdorff-Pouilly den Pass einfach so wegzunehmen. Aber Abgeordnete vertreten Österreich ja auch im Ausland. Und der Diplomatenpass kann in gewissen Krisenregionen in die man reist eine gewisse Sicherheit bieten.
ÖSTERREICH: In welche Krisenregionen reisen Sie denn?
Strache: Ich war zum Beispiel in Israel, dem Gaza Streifen, da ist ein Diplomatenpass schon eine gewisse Sicherheit.
ÖSTERREICH: Wie oft haben Sie den Dienstpass benützt?
Strache: Sechs oder sieben Mal.
ÖSTERREICH: Auch als Sie zuletzt auf Urlaub auf den Malediven waren?
Strache: Nein, da hatte ich zwar zur Sicherheit – falls etwas passiert – den Diplomatenpass dabei, aber bin mit meinem privaten Pass eingereist. Mir ist das kein Herzensanliegen, aber er hat gewisse Vorteile, die man als Politiker auf heiklen Reisen zur Sicherheit braucht.
ÖSTERREICH: Sie haben bei Ihrem Neujahrstreffen in Salzburg erneut den Führungsanspruch gestellt. Wie wollen Sie denn Kanzler werden?
Strache: Ja, ich stelle den Führungsanspruch in diesem Land und ich will Kanzler werden. Ich bin überzeugt, dass die nächste Nationalratswahl zur Abrechnung mit SPÖ und ÖVP wird. Faymann und Spindelegger haben einen Stillstand und den Verlust des Triple A verursacht. Ich hatte seit Oktober nachweislich gewarnt, dass wir downgegradet werden. Und Faymann und Spindelegger haben einfach versucht mit irgendwelchen Scheinaktivitäten, wie der Schuldenbremse abzulenken.
ÖSTERREICH: Aber sind nicht eher Sie verantwortlich? Immerhin haben Sie die Schuldenbremse blockiert...
Strache: Überhaupt nicht. Faymann hat überhaupt Gesprächsverweigerung geübt und sich einfach nicht mit dem Chef der größten Oppositionspartei zusammengesetzt. Und während VP-Klubobmann Kopf ernsthafte Bemühungen hatte, wollte sein Parteichef Spindelegger nur irgendwelche Scheingespräche führen. Der VP-Chef hat kein Interesse an einem Demokratiepaket. Denn Faymann und Spindelegger fürchten sich vor dem Volk.
ÖSTERREICH: Der Kanzler sagt der Sparbedarf bleibe auch nach dem Triple A-Verlust bei zwei Milliarden Euro im Jahr. Wie hoch sehen Sie den Sparbedarf?
Strache: Er liegt sicher bei über zwei Milliarden Euro im Jahr. Und es wäre auch nicht schwer vernünftig zu sparen. Rechnungshofpräsident Josef Moser – der übrigens ein hervorragender FPÖ-Klubleiter war – hat über 500 Vorschläge gemacht.
ÖSTERREICH: Erklären Sie doch lieber, wie Sie einsparen würden?
Strache: Wir brauchen eine Subventionsbremse. Es muss eine Beschränkung der Förderungen auf maximal drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes geben. Derzeit sind wir ja Subventionseuropameister mit 18,5 Milliarden, das sind sechs Prozent des BIP. Mit Subventionen bedient die Politik Freunde und sichert sich Loyalitäten. Damit muss Schluss sein.
ÖSTERREICH: Aber es wird auch neue und höhere Steuern geben. Was sind da Ihre Vorschläge?
Strache: Wir müssen die Gruppenbesteuerung ändern. Derzeit können die Unternehmen auf ewig alles abschreiben. Das muss man auf drei Jahre beschränken. Zudem sind wir für eine Luxussteuer: Es ist nicht einzusehen, dass eine Mutter, die einen Anorak für ihr Kind kauf eine gleich hohe Mehrwertsteuer zahlt, wie einer der eine Yacht kauft. Die Mehrwertssteuer für Luxusuhren, Yachten, Designerinterieur und Luxuslimousinen gehört angehoben.
ÖSTERREICH: Griechenland steht vor der endgültigen pleite...
Strache: ... genau davor hatte ich gewarnt. Jetzt besteht die Gefahr, dass die Pleitestaaten Griechenland, Portugal und Spanien auch stärkere Volkswirtschaften anstecken. Experten gehen davon aus, dass die Last für unseren Anteil am Euro-Rettungsschirm von 21 Milliarden Euro auf 70 Milliarden Euro ansteigt. Die starken Euroländer müssen sich jetzt zu einer eigenen Währungszone zusammenschließen.
ÖSTERREICH: Oder wollen Sie gleich zum Schilling zurückkehren?
Strache: Als worst case Szenario ist das nicht auszuschließen.
ÖSTERREICH: Sie wollen demnächst Front National-Chefin Marine Le Pen in Frankreich besuchen, oder?
Strache: Ja, sie hat mich zu einer Veranstaltung eingeladen. Ich halte Marine Le Pen für eine hervorragende Politikerin, für die Jeanne D´Arc Frankreichs, die beste Chancen im französischen Präsidentschaftswahlkampf hat.
ÖSTERREICH: Madame le Pen hetzt, dass der Koran ähnlich zu bewerten sei wie „Mein Kampf“. Sehen Sie das denn auch so?
Strache: Nein, also ich respektiere alle Weltreligionen. So einen Vergleich würde ich nicht anstellen. Aber ich schätze Marine Le Pen sehr und freue mich, wenn ich bald die neue französische Präsidentin in Paris besuchen kann. Aber der Koran ist sicher keine Friedensschrift. Unzählige Male wird im Koran auf töten verwiesen.
ÖSTERREICH: Wie sehen Sie denn dann den „arabischen Frühling“?
Strache: Welchen Frühling? Leider kommt es zu einer Radikalisierung und Islamisierung in dem Raum, der auch für Europa gefährlich wird. Immerhin wurden schon gefährliche Waffen aus Libyen geschmuggelt.
ÖSTERREICH: Im Sommer hatten Sie mir gesagt Sie würden in Libyen und Syrien jederzeit „vermitteln“. Warum ist denn nichts daraus geworden?
Strache: Nach Libyen hatten wir einen Vermittler geschickt. Die Nato hatte uns ja auch gebeten zu vermitteln. Mein Angebot in Syrien – wir haben ja Kontakte zur syrischen Opposition – steht.
ÖSTERREICH: Woran scheitern diese Versuche denn?
Strache: An der Regierung Assad. Unser Angebot liegt in Damaskus, blieb aber bislang unbeantwortet.