ÖSTERREICH-Reporterin Isabelle Daniel live vor Ort.
24 Stunden nach der Blutnacht von Homs mit Hunderten Toten, darunter auch Kinder, zeigte sich Präsident Baschar al-Assad (46) gestern selbstsicher mitten in Damaskus. In einer Moschee im Zentrum der Hauptstadt schritt Syriens umstrittener Führer völlig ruhig zum Gebet.
Das neue Selbstbewusstsein ist nicht zufällig: Samstag, nur Stunden nach der Blutnacht von Homs, hatten Russland und China eine Resolution gegen Syrien im UN-Sicherheitsrat verhindert. Dass die USA, Europa und die Arabische Liga weiter seinen Abgang fordern und Menschenrechtsorganisationen von „einer Lizenz zum Töten“ reden, kümmert die Assad-Freunde in Damaskus wenig.
Die Rebellen hingegen sind wütender denn je. Fahra, eine Aktivistin aus Damaskus, erzählt: „Die Welt lässt uns in Stich. Aber wir werden weiter kämpfen.“ Tatsächlich konnte man in der Nacht nach der UN-Abstimmung auch in Damaskus längere Schusswechsel hören. Auch eine Explosion aus einem Vorort war selbst im Zentrum zu vernehmen.
12 Soldaten getötet
12 Soldaten sind in der Umgebung von Damaskus getötet worden. Selbst die Vororte von Damaskus sind inzwischen Bürgerkriegsgebiete: Bei einer Fahrt durch Barzeh, wo täglich schwere Kämpfe stattfinden, sehe ich Checkpoints und schwer bewaffnete Militärs. An den Hausmauern Einschusslöcher, daneben Graffitis.
Ein ganz anderes Bild bietet Sednaya, eine Christen-Stadt, rund eine Stunde von Damaskus entfernt. Ein Kloster wurde hier mit Raketen beschossen. Angeblich von Rebellen: „Weil wir zu Assad halten“, behauptet Pater George, „weil er uns Christen beschützt.“ Hinter dem Aufstand vermutet der katholische Pfarrer „radikale Islamisten“.
Westliche Geheimdienstquellen in Damaskus sagen ebenfalls, dass „die überwiegende Mehrheit der Rebellen aus Islamisten, die von Moslembrüdern und Salafisten gestützt werden“, bestünde. Vielleicht zeigte sich Präsident Assad gerade deswegen demonstrativ in der Moschee. Dass der 46-Jährige bald aufgeben könnte, glaubt nach dem UN-Flop hier keiner mehr.
So tickt der Assad-Klan
Baschar al-Assads drei Söhne (6, 8, 10) gehen in die Montessori-Schule, rund 20 Minuten von Damaskus entfernt. Trotz ständiger Gewalt sieht man sie ebenso wie die 36-jährige Asma Assad, eine Finanzfachfrau, regelmäßig in Damaskus.
Einst empfingen Asma und Baschar, der Ex-Augenarzt, der zum Diktator mutierte, in Damaskus sogar Angelina Jolie und Brad Pitt. Die Glamour-Zeiten sind vorbei. Und eine Freundin der Assads berichtet ÖSTERREICH: „Wer glaubt, Asma wird Baschar nun verlassen, kann weiter träumen. Sie steht 1.000 % hinter ihm.“ Baschar al-Assad sei in privaten Gesprächen „sanft und zurückhaltend“.
Eigenschaften, von denen die Demonstranten in Syrien seit elf Monaten nichts merken.