Abspaltung von Wiener FPÖ
DAÖ: Kam Parteikonzept von Stronach?
12.12.2019Das Parteikonzept, samt klingendem Namen "Die Allianz für Österreich", soll kein neues sein.
Wien. Drei Fans des ehemaligen FPÖ-Obmanns Heinz-Christian Strache sind nicht mehr blau. Am Donnerstag gaben die drei Wiener Gemeinderats-Abgeordneten Karl Baron, Klaus Handler und Dietrich Kops bekannt, einen neuen Klub gegründet zu haben. "Die Allianz für Österreich" (DAÖ) nennt sich die neue Bewegung, die - bestenfalls mit Strache als Spitzenkandidat - auch bei der Wien-Wahl antreten will.
Offiziell gegründet wurde der neue Klub im Gemeinderat Donnerstagfrüh, auch Satzungen zur Parteigründung seien zum selben Zeitpunkt im Innenministerium hinterlegt worden, sagte Gernot Rumpold, der die Öffentlichkeitsarbeit und den Auftritt von "Die Allianz für Österreich" - abgekürzt als DAÖ - betreut. Auch ein Logo wurde am Donnerstag bereits präsentiert.
"Allianz für Österreich" – Ein Stronach-Konzept?
Das Parteikonzept, samt klingendem Namen "Die Allianz für Österreich", soll jedoch kein neues sein: Das Konzept soll bereits im Jahr 2013 existiert haben – Ein Konzept, dass bereits Frank Stronach ins Leben rief.
Ex-BZÖ-Politiker und langjähriger Freund Jörg Haiders, Stefan Petzner, machte auf Twitter darauf aufmerksam. "Mitte 2012 wollte Stronach das BZÖ kapern und sich mit 500.000 Euro in den Klub einkaufen. Sein Vorschlag: Er, Stronach plus Gefolge, und das BZÖ bilden gemeinsam neue Partei namens "Allianz für Österreich" und ziehen als solche in die Nationalratswahlen", schrieb Petzner. "Das Grundkonzept dazu war fertig. Bucher sollte Klubobmann bleiben, aber Stronach wollte Parteichef werden. Daran scheiterte es. Denn Bucher war nicht bereit den Obmannsposten zu räumen. Er lehnte auch die 500.000 Euro ab und zeigte Stronach deswegen sogar an", schrieb Stefan Petzner auf Twitter.
Petzners abschließend Fazit: "Die DAÖ wird scheitern und den Einzug in den Wiener Landtag nicht schaffen. Leute haben genug von künstlichen Parteizüchtungen aus dem Labor. Sie wollen echte, ehrliche Politik von historisch gewachsenen Parteien mit kantigem Profil, klarer Ideologie und Programm."
Parteiabspaltungen: FPÖ schon mit LIF und BZÖ betroffen
Parteiabspaltungen sind in Österreich keine Seltenheit. Auch die FPÖ, von der sich jetzt die drei Wiener Mandatare Karl Baron, Klaus Handler und Dietrich Kops trennen und unter dem Namen "Die Allianz für Österreich" einen eigenen Klub im Gemeinderat gründen, war schon zwei Mal prominent betroffen - mit dem LIF und dem BZÖ. Aber auch andere Parteien hatten schon Abspaltungen zu bewältigen.
1993 spaltete sich das Liberale Forum (LIF) von der FPÖ ab. Den Ausschlag für das Zerwürfnis gab das von FPÖ-Chef Jörg Haider initiierte Anti-Ausländer-Volksbegehren "Österreich zuerst". Die Dritte Nationalratspräsidentin und Haider-Stellvertreterin Heide Schmidt verließ mit weiteren vier Abgeordneten aus Protest gegen die ausländerfeindliche Linie Haiders die FPÖ und gründete ihren eigenen Parlamentsklub.
Das Liberale Forum brachte es bei der Nationalratswahl 1994 auf 6 Prozent und sicherte sich den Einzug ins Parlament. Den Siegeszug Haiders und der FPÖ konnte man nicht stoppen, die Blauen errangen 22,5 Prozent der Stimmen. Bei der Neuwahl 1995 zog das LIF mit 5,5 Prozent neuerlich ins Parlament ein, vier Jahre später scheiterte die Partei schließlich mit 3,7 Prozent an der 4-Prozent-Hürde und flog aus dem Hohen Haus.
2005 sind es erneut die Freiheitlichen, die von der Spaltung betroffen sind. Diesmal ist es Jörg Haider selbst, der seine Partei hinter sich lässt. Aufgerieben von der Regierungsarbeit in der schwarz-blauen Koalition und von einem monatelangen Richtungsstreit gründet Haider eine neue Bewegung namens "Bündnis Zukunft Österreich".
Bei der Nationalratswahl 2006 kommt das BZÖ mit 4,1 Prozent gerade mal ins Parlament. Die FPÖ, die seit damals von Heinz-Christian Strache angeführt wird, erreichte 11 Prozent. Bei der Nationalratswahl 2008 kam das BZÖ, das seine Basis vor allem in Kärnten hatte und dort auch den Landeshauptmann stellte, kurz vor Haiders Unfalltod auf 10,7 Prozent. Bei der Wahl 2013 war die Geschichte des BZÖ dann auch schon wieder zu Ende. Noch vor dem Urnengang wechselten etliche Abgeordnete zum neu gegründeten Team Stronach. 3,5 Prozent der Stimmen reichten schließlich nicht mehr für den Einzug in den Nationalrat.
Schon 1965 führten schwere Konflikte innerhalb der SPÖ zur Gründung der Demokratischen Fortschrittlichen Partei (DFP). Parteigründer war der langjährige SPÖ-Politiker Franz Olah, der bei den Sozialisten in Ungnade gefallen war. Olah war Präsident des ÖGB und Innenminister. Er leistete Hans Dichand bei der Gründung der "Kronen Zeitung" finanzielle Starthilfe mit Gewerkschaftsgeldern und arbeitete auf eine kleine Koalition zwischen SPÖ und FPÖ hin. Die SPÖ schloss Olah schließlich aus, und dieser gründete die rechtspopulistische DFP.
Bei der anschließenden Nationalratswahl 1966 verpasste Olahs Partei zwar mit 3 Prozent der Stimmen den Einzug ins Parlament, verhalf der ÖVP aber indirekt zum Wahlsieg, weil diese mit 48,3 Prozent der Wählerstimmen die absolute Mandatsmehrheit erzielte. 1969 konnte Olahs DFP bei der Wiener Gemeinderatswahl immerhin mit drei Mandaten ins Rathaus einziehen.
Ein Sonderfall ist der langjährige EU-Abgeordnete Hans-Peter Martin. Martin eroberte 1999 als unabhängiger SPÖ-Spitzenkandidat bei der EU-Wahl den ersten Platz. Schon nach kurzer Zeit überwarf sich der streitbare Alemanne allerdings mit den Mitgliedern seiner Delegation und zog fortan sein eigenes Ding durch. Bei der Europawahl 2004 kam Martin mit seiner gleichnamigen Liste auf 14 Prozent. Nie zuvor in der Zweiten Republik hat eine Partei bei ihrem ersten Antreten auf Bundesebene einen höheren Stimmanteil erreicht. 2009 legte Martin nach und erzielte - kräftig unterstützt von der "Kronen Zeitung" - sogar 17,76 Prozent. Schiffbruch erlitt er freilich bei der ebenfalls angesteuerten Nationalratswahl 2006. Martins "Liste Matin" kam nur auf 2,8 Prozent.
Die letzte Parteispaltung auf Bundesebene betraf die Grünen. Vor der Nationalratswahl im Herbst 2017 gründete der Abgeordnete Peter Pilz nach seiner Abwahl von der Grünen Bundesliste seine eigene, gleichnamige Liste. Pilz schaffte damit den Einzug in den Nationalrat, während die Grünen überraschend aus dem Parlament flogen. Bei der Nationalratswahl im heurigen Herbst drehten die Grünen den Spieß um und feierten ein fulminantes Comeback (13,9 Prozent), das sie nicht nur ins Parlament, sondern sogar zu Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP führte. Pilz schied hingegen mit seiner inzwischen in Liste JETZT umbenannten Partei aus dem Parlament aus (1,9 Prozent).
Auf Landesebene war die zumindest kurzfristig erfolgreichste Parteiabspaltung ein Tiroler Projekt. Der langjährige Arbeiterkammerpräsident und ÖVP-Mann Fritz Dinkhauser gründete aus Ärger über seine Partei im Vorfeld der Landtagswahl 2008 die Liste Fritz Dinkhauser. Der ÖVP-Dissident und Tiroler Volkstribun erzielte auf Anhieb 18,35 Prozent der Stimmen. Bei der darauffolgenden Nationalratswahl im Herbst 2008 scheiterte freilich auch Dinkhauser mit nur 1,76 Prozent der Stimmen. Bei der Tiroler Landtagswahl 2013 kam die Liste Fritz nur mehr auf 5,6 Prozent der Wählerstimmen.