ÖSTERREICH-Interview
Das brutale Duell Blau gegen Grün
31.08.2013Eva Glawischnig gegen HC Strache: Die Diskussion, die das Land erregt.
>>> Sehen Sie hier das ganze Duell Strache - Glawischnig als Video
Am Tag nach der – überaus harten – ORF-Wahlkonfrontation zwischen der Grünen-Spitzenkandidatin und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, duellierte sich das unterschiedliche Duo für ÖSTERREICH. Vor Start der Doppelconférence feierte sich die jeweilige Seite als Sieger.
Strache, der im ORF noch Samtpfötchen getragen hatte, zeigte im ÖSTERREICH-Duell wieder Krallen: „Die Einzige, die hier hetzt, sind Sie.“ Glawischnig, die Strache emotional und hart im ORF angegriffen hatte, blieb ihrer konfrontativen Linie treu, wirkte aber noch selbstsicherer als im ORF.
Grüne wollen Korruption als Hauptthema trommeln
Die Grüne erklärt denn auch, dass sie „Nummer drei“ werden und „die FPÖ überholen“ werde. Straches charmanter Konter: „Sie träumen von warmen Eislutschern.“ Inhaltlich will Glawischnig jedenfalls weiterhin das Thema Korruption in den Mittelpunkt rücken. Sie glaubt, dass sie die FPÖ und Strache nach den Affären um Schwarz-Blau so schwächen könne.
FPÖ macht Asyl zum einzigen Wahlkampf-Thema
Strache hingegen setzt auf ein altes blaues Thema: Asyl. Er wird es im knappen Monat bis zur Nationalratswahl unermüdlich trommeln und hofft damit wieder jede Menge Schlagzeilen und Aufregung zu produzieren. In ÖSTERREICH sagt Strache jedenfalls, dass er glaube, dass es am 29. September „drei annähernd gleich starke Parteien geben werde“ …
Strache gegen Glawischnig:
"Sie sind schäbig" - "Sie hetzten nur!
Eva Glawischnig und Heinz-Christian Strache – das ist Brutalität. Lesen Sie selbst:
ÖSTERREICH: Viele waren überrascht, Frau Glawischnig, dass Sie so aggressiv und offensiv im ORF-Duell gegen Strache waren. Warum haben Sie so reagiert?
Eva Glawischnig: Als aggressiv hätte ich es nicht beschrieben. Mir war wichtig, meine Kernanliegen in den Mittelpunkt zu stellen. Und natürlich ist Grün gegen FPÖ immer ein klassisches Duell. Es war eine sehr spannende Auseinandersetzung über wesentliche Fragen. Korruptionsbekämpfung in Österreich ist neben Umweltschutz unser zentrales politisches Anliegen, auch in diesem Wahlkampf.
VIDEO: Strache & Glawischnig über Wahlziele >>>
ÖSTERREICH: Herr Strache, Sie waren zurückhaltender als erwartet. Hat es damit zu tun, dass Sie heuer defensiver sind? Oder mit den Nächstenliebe-Plakaten?
Heinz-Christian Strache: Man kann es auch souverän bezeichnen. Gestern war es sichtbar, dass ich nicht den Bildern entspreche, die man immer von mir macht. Was das Thema Hass und Aggression betrifft – es war durchaus sichtbar, von wo Hass ausgeht. Es wurden sogar Tafeln gezeigt und Korruption vorgeworfen. Ich habe in der eigenen Partei 2005 einen Trennstrich gezogen.
Glawischnig: Die FPÖ hatte – in gerichtlichen Dokumenten nachweisbar – von Anfang an Probleme, das Recht einzuhalten. Sie sind seit 2005 Parteiobmann. Mein Vorwurf an Sie ist, dass Sie es eben nicht geschafft haben, einen wirklichen Schlussstrich unter kriminelle Aktivitäten in Ihrer Partei zu ziehen. Es gibt eine lange Liste von rechtskräftig Verurteilten auch nach 2005. Ich bedauere es, dass Sie im Duell die Chance nicht genutzt haben, ein klares Wort zu den Hass-Postings auf Facebook zu sagen.
Strache: Ich habe deutlich gemacht, dass ich alles, was mit Hass und Gewalt zu tun hat, vehement ablehne. Ich bin dafür, dass solche Menschen angezeigt werden und zur Rechenschaft gezogen werden. Was aber sichtbar wird, ist, dass hier mit bewussten Mitteln gearbeitet wird mit denen keine FPÖ-Aktionäre im direkten Zusammenhang stehen und man versucht Bilder zu schaffen, die nicht stimmen.
VIDEO: Strache & Glawischnig über Korruption >>>
ÖSTERREICH: Wer soll solche „Bilder zeichnen“?
Strache: Beispielsweise Frau Glawischnig. Ich habe noch keine Entschuldigung gehört, dass von grüner Seite Plakate gezeigt worden sind, wie zum Beispiel ‚Nimm ein Sackerl für dein Gackerl‘.
Glawischnig: Van der Bellen hat schon damals gesagt, dass das geschmacklos war. Und ich wiederhole das gerne, damit Sie es verstehen.
Strache: Wir werden vorlegen, dass unter der grünen Obmannschaft von Peter Pilz vier Millionen Schilling vom libyschen Regime in Richtung grüne Quellen geflossen sind. Ich bin gespannt, ob Sie dann auch so einen klaren Trennstrich ziehen, wie ich es getan habe.
Glawischnig: Legen Sie doch Dokumente vor. Ansonsten passen Sie lieber auf, was Sie sagen. Wir haben Sie wegen Behauptungen in einem ÖSTERREICH-Streitgespräch schon einmal geklagt und Sie wurden verurteilt.
Strache: Sie werden geklagt, weil Sie im ORF behauptet haben, dass Gerhard Dörfler rechtskräftig verurteilt wurde, was nicht stimmt. Über den SP-Landeshauptmann Kaiser, gegen den ermittelt wird, sagen Sie nichts, weil Sie Rot-Grün vorbereiten.
Glawischnig: Ich diskutiere gerade mit Ihnen, nicht mit der SPÖ. Und in Ihren Reihen gibt es rechtskräftig verurteilte Politiker, wie etwa Susanne Winter.
Strache: Da ging es um ein Meinungsdelikt.
Glawischnig: Sie wurde wegen Verhetzung verurteilt. Wird bei Ihnen nicht unterschieden zwischen Delikten und Verhetzung? Verhetzung ist für Sie nicht so schlimm wie Korruption oder wie?
Strache: Es gibt eine klare Rechtsordnung, bei welchen Delikten man weiter befähigt ist, Parlamentarier zu bleiben. Winter hat diese Befähigung.
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ÖSTERREICH: Sie werfen Strache vor, dass er doch nicht „aufgeräumt“ habe?
Glawischnig: 2009 gab es die große Wiedervereinigung mit Uwe Scheuch, der nun rechtskräftig verurteilt ist wegen Korruption. Bis zum Schluss hat sich die FPÖ geweigert, dieses Urteil wirklich anzuerkennen.
Strache: Das stimmt nicht, was Sie sagen. Das war das erstinstanzliche Urteil. Beim Rechtskräftigen haben wir entschieden und Uwe Scheuch hat sich zurückgezogen. Nehmen Sie doch die Realität zur Kenntnis. Sie können mir nicht Dinge anhängen, die nichts mit mir zu tun haben.
Glawischnig: Immer sind die anderen schuld.
Strache: Jetzt, seit Juni dieses Jahres habe ich sichergestellt, dass sämtliche Herrschaften, die Sie nun erwähnen, keine Aktivität mehr in der FPÖ haben. Ich habe das seit 2002 klar bekämpft. Deswegen hatten wir uns ja von gewissen Herrschaften verabschiedet.
Glawischnig: Diese Geschichtsfälschung ist interessant. Ich kann mich nicht entsinnen, von Ihnen jemals Vorwürfe gegenüber Schwarz-Blau, was Korruption betrifft, gehört zu haben. Die Bevölkerung macht sich ihr eigenes Bild. Sie haben heuer bei den Landtagswahlen 135.000 Wähler verloren.
Strache: Ich bin nicht nur der längst dienende Bundesparteiobmann, sondern auch der erfolgreichste Obmann aller österreichischen Parteien, denn dort, wo ich als Obmann seit 2005 angetreten bin, haben wir deutlich gewonnen. Ich verstehe Ihre Frustration, dass die Grünen bei der letzten Nationalratswahl und der letzten Wien-Wahl deutlich verloren haben, aber dann als Wahlverlierer mit den roten Verlierern eine gemeinsame Loser-Koalition in Wien gemacht haben. Und Sie werden bei der Nationalratswahl auch eine deutliche Abrechnung dafür erhalten.
Glawischnig: Eine Stadt mit mehr Lebensqualität auszustatten ist eine große Aufgabe. In Wien ist viel weitergegangen, es gibt etwa eine Reihe von neuen Kontrollinstrumenten. Auch das neue Wahlrecht wird bis Ende des Jahres fertig sein.
Strache: Aber bei der Parkraumbewirtschaftung und der Mariahilfer Straße haben Sie keine direkte Demokratie zugelassen? Warum? Da sind Sie über die Menschen drüber gefahren.
Glawischnig: Bei den Parkpickerl hat es eine wienweite Volksbefragung gegeben. Wieso waren Sie beim Bildungsvolksbegehren nicht für direkte Demokratie? Da war Ihr Verhalten schäbig.
Strache: Ich hatte Teile des Volksbegehrens unterstützt. Andere, die nur aus der SPÖ-Mottenkiste waren, hingegen nicht.
ÖSTERREICH: Bildung ist das große Wahlkampfthema. Frau Glawischnig, warum sind Sie für die gemeinsame Schule?
Glawischnig: Das wichtigste ist, dass der Druck von den Familien genommen wird. Eine Entscheidung, mit neun Jahren, in welche Schule das Kind gehen soll, ist für viele Familien eine unglaubliche Belastung. Ich will die Nachhilfe de facto abschaffen, die die Familien jedes Jahr 140 Millionen Euro kosten. Stattdessen soll die Förderung in der Schule in ganztägigen Schulformen passieren.
Strache: In der letzten Legislaturperiode hat es hier Mehrinvestitionen von fast einer Milliarde Euro gegeben, gleichzeitig ist das Niveau unserer Schüler – siehe Pisa-Studie – massiv gesunken. Wenn wir uns das genauer ansehen, merkt man, dass das daran liegt, dass wir ein massives Integrationsproblem haben.
Glawischnig: Jetzt wollen Sie Ausländern die Schuld für das schlechte Schulsystem geben? Das ist jetzt sehr billig und schäbig.
Strache: In jenen Ländern mit vielen Kindern mit fremder Muttersprache sind die Pisa-Ergebnisse besonders schlecht. 89 Prozent der türkischen Migranten sprechen zu Hause nicht deutsch.
VIDEO: Strache & Glawischnig über Bildung >>>
ÖSTERREICH: Sie wollen die FPÖ bei der Wahl überholen?
Glawischnig: Ja. Wir wollen Dritte werden.
Strache: Sie können eh von warmen Eislutschern träumen. Sie wollen doch einfach nur in eine Regierung. Die Grünen geben sich als lebensverlängerndes Hilfsmittel für Rot-Schwarz, falls diese zu zweit keine Mehrheit mehr haben.
ÖSTERREICH: Mit der FPÖ würden Sie auf keinen Fall regieren. Warum, Frau Glawischnig?
Glawischnig: Erstens hat die FPÖ es nicht geschafft, mit Korruption in ihren eigenen Reihen glaubwürdig aufzuräumen. Zweitens ist mir zutiefst zuwider, dass die FPÖ die Gesellschaft durch Hassparolen spalten will. Herr Strache ist ein Hetzer.
Strache: Die Einzige, die hier hetzt, sind Sie. Wir grenzen niemanden aus. Aber die Grünen sind nur Trittbrettfahrer und Anhängsel von Rot-Schwarz. Den Menschen ist klar, dass sie FPÖ wählen müssen, um eine echte Alternative zu haben.
ÖSTERREICH: Sie wollen nach der Wahl in eine Regierung, oder?
Glawischnig: Ja, ich glaube, es ist für Österreich wichtig, eine echte Alternative zu Schwarz-Blau zu eröffnen. Was Schwarz-Blau in diesem Land angerichtet hat, dafür zahlen wir noch heute.
VIDEO: Strache & Glawischnig über Koalition >>>
ÖSTERREICH: Aber trotzdem ist eine Koalition mit der ÖVP für Sie denkbar, oder?
Glawischnig: Nur wenn die ÖVP ihre verstaubten Bildungsvorstellungen aufgibt und einen klaren Trennstrich zu Korruption zieht.
ÖSTERREICH: Herr Strache, Sie wollen hingegen nicht regieren?
Strache: Selbstverständlich wollen wir regieren. Aber wir wollen unsere Positionen durchsetzen. Daher wollen wir so stark werden, dass SPÖ und ÖVP unsere Inhalte nicht mehr ausgrenzen können. Zurzeit ist weder mit Spindelegger, noch mit Faymann eine Koalition denkbar, aber wenn diese beiden Parteien stark verlieren, dann werden dort andere entscheiden.
Glawischnig: Das ist mir neu, dass die ÖVP Sie ausgrenzt. Wo denn?
Strache: Sie spielen immer den Steigbügelhalter für SPÖ und ÖVP.
ÖSTERREICH: Herr Strache, Sie könnten sich aber vorstellen, Vizekanzler unter Schwarz-Blau zu sein?
Strache: Warum nicht eher als Kanzler von Blau-Schwarz? Ich halte es für möglich, dass wir am 29. September Überraschungen erleben …
Glawischnig: Träumen Sie weiter. Weihnachten ist erst in vier Monaten.
ÖSTERREICH: Frau Glawischnig, halten Sie Strache für einen Rechtsradikalen?
Glawischnig: Persönlich nein. Aber er wird immer wieder von diesem Lager gelenkt und gesteuert.
ÖSTERREICH: Herr Strache, ist Frau Glawischnig für Sie eine Linksextreme?
Strache: Ich halte sie nicht für extremistisch, auf gar keinen Fall, aber ich habe schon den Eindruck, dass man in manchen Bereichen sehr verbohrt ist.