Der Historiker Höbelt meint, dass das Bündnis ohne Haider untergehen wird. ÖVP und FPÖ werden sich die orangen Wähler bald aufteilen.
Der FPÖ-nahe Historiker Lothar Höbelt kann im BZÖ derzeit keinen logischen Nachfolger für den tödlich verunglückten Parteichef Jörg Haider entdecken. Haider habe bei der letzten Nationalratswahl die "blauen Leihstimmen" von der ÖVP zurückgeholt, nun sei eine halbe Million Wähler wieder "zu haben". "Wenn die ÖVP jetzt eine Rechtskoalition macht, hat sie gute Chancen, diese Wähler an sich zu binden", glaubt Höbelt. "Der Haidersche Erbfolgekrieg, wenn man ihn geschickt anpackt, kann spannend werden."
BZÖ steht vor dem Aus
Dass das BZÖ ohne Haider als
eigenständige Kraft erhalten bleibt, bezweifelt Höbelt. "Wenn
FPÖ und ÖVP rational agieren, sehe ich auf lange Sicht nicht unbedingt eine
Nische für das BZÖ", betont der Historiker. Mit einer
Mitte-Rechts-Koalition könnten sich FPÖ und ÖVP das Wählerpotenzial des BZÖ
teilen, "wenn die ÖVP rot-schwarz macht, überlässt sie den Kuchen
eigentlich der FPÖ".
Vorreiter der Rechtspopulisten
Als historische Leistung Haiders
sieht Höbelt - neben dessen "Katalysatorenwirkung" beim Abbau
der Verstaatlichten und der Belebung der politischen Landschaft - seine
Vorreiterrolle für die Entwicklung der rechtspopulistischen Parteien in
Europa. Haider habe es geschafft, den "Protest von Rechts" mit
neoliberalen Strömungen à la Thatcher und Reagan zu kombinieren. Das
Ausländerthema sei eigentlich erst dazu gekommen, als die FPÖ in den 90er
Jahren schon zur Mittelpartei aufgestiegen war.
Nur mit Kreisky zu vergleichen
"Er ist als herausragende
Begabung, die über Österreich hinaus bekannt wurde, nur mit Bruno Kreisky zu
vergleichen", findet Höbelt. Bleiben wird aus seiner Sicht "die
Aufwertung des Dritten Lagers über seine ihm quasi zustehende Größe hinaus".
In der Zweiten Republik habe es über Jahrzehnte ausgesehen, als wäre das
Dritte Lager auf seinen "harten Kern" reduziert worden. Aus dieser
Situation habe Haider die FPÖ befreit.
Nachfolger als BZÖ-Chef
Wie es mit dem BZÖ tatsächlich
weitergeht, ist noch nicht fix. Bündnis-Vizechef Stefan Petzner hat darüber
noch keine Auskunft erteilen können. Die Orangen treffen einander am
Samstagabend, vielleicht können - trotz des Schocks in der Partei - bei
dieser Zusammenkunft schon erste Entscheidungen getroffen werden.
Landeshauptmann - Provisorium
Auch in der Kärntner Landespolitik
müssen einige Weichen neu gestellt werden. Vorerst hat der erste
Landeshauptmannstellvertreter Gerhard Dörfler die Amtsgeschäfte als
Landeschef übernommen. Dörfler ist ebenfalls oranger Politiker. Bis zur
nächsten Landtagswahl - voraussichtlich im März 2009 - kann dieses
Provisorium aber nicht bestehenbleiben.
Auf 3 Monate befristet
Der Kärntner Landtag muss binnen drei
Wochen zu einer Sitzung zusammentreten, mit der Kür des Regierungschefs kann
maximal drei Monate gewartet werden. Diese Frist ist zwar nicht wörtlich
vorgeschrieben, sie ergibt sich aber daraus, dass die Vertretung in den
Referaten (in diesem Fall Finanzen, Kultur und Personal) durch die
Abteilungsvorstände nach höchstens drei Monaten ausläuft.
Bad Goisern überlegt Ehrenbürgerschaft
Bad Goisern,
der Geburtsort Haiders, ist erschüttert. In der 7.500-Seelen-Gemeinde ist
der Unfalltod des großen Sohnes Tagesgespräch. SPÖ-Bürgermeister Peter
Ellmer erwägt nun sogar die Ehrenbürgerschaft. "Haider war
ein bedeutender Goiserer, wenn nicht der bedeutendste überhaupt",
erklärt der Ortschef seine Beweggründe.
(c) APA