ÖSTERREICH-Politgipfel Teil 2

Das Duell der Regierungsspitze

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Kanzler Faymann und Vize Spindelegger im Duell.

Bereits in der gestrigen Ausgabe von ÖSTERREICH debattierte die Regierungsspitze, Kanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP), zur Causa prima Bundesheer. Heute, sechs Tage vor der Volksbefragung, präzisieren Faymann und Spindelegger ihre Positionen noch einmal und debattieren über brisante Fragen wie Steuerreform und das von Finanzministerin Fekter – ebenfalls gestern in ÖSTERREICH – avisierte mögliche Ende der Krise.

ÖSTERREICH: Kann die Wehrpflicht wirklich reformiert werden – oder braucht es ein Berufsheer?
FAYMANN: Der Wehrdienst ist am besten reformierbar, wenn man ihn abschafft und durch Profi-Strukturen ersetzt. Deshalb haben ja bereits 90 Prozent der Bevölkerung in der EU ein Profi-Heer. Der Chef des Generalstabs hat schon 2009 bestätigt, dass mit der Verkürzung des Wehrdienstes die Zahl der Systemerhalter immer weiter gestiegen ist, sodass heute von 22.000 Auszubildenden gerade noch 8.000 in Einsatzfunktionen sind. Über 60 Prozent sind also nur noch Systemerhalter. Ich weiß, dass es in der Bevölkerung einen großen Wunsch gibt, dass wir unsere Sicherheit Profis anvertrauen. So wie bei der Polizei. Es gibt ja auch keinen verpflichtenden sechsmonatigen Polizeidienst.
SPINDELEGGER: Da muss ich klar widersprechen. Selbstverständlich ist unser Wehrdienst reformierbar. Und ein gewisser Werner Faymann hat auch 2008 in unser gemeinsames Regierungsprogramm geschrieben, dass er an der Wehrpflicht festhalten und sie reformieren will. Worum geht es? Es geht darum, dass es für unsere Grundwehrdiener, die bei Katastrophen, bei Bedrohungen sofort abrufbar und verfügbar sind, in Zukunft eine wirklich sinnvolle Ausbildung gibt – als Sanitäter, als Katastrophenhelfer. Sobald die Ausbildung gut ist, ist auch wieder die Motivation da. Also: Die bestehende Wehrpflicht ist reformierbar und wir wollen das. Wir wollen keine Abenteuer, keine Fata Morgana von einem Berufsheer, für das es zu wenig Freiwillige geben wird und für ein Sozialjahr, das letztlich vorwiegend von Arbeitslosen genützt werden wird. Und vor allem ist das SPÖ-Modell unfinanzierbar. Woher sollen wir zusätzliche 2 Milliarden Euro nehmen?
FAYMANN: Wenn Sie ein Konzept für die Reform der Wehrpflicht haben: Warum haben Sie es dann nicht in den vier Jahren umgesetzt, in denen die ÖVP den Verteidigungsminister gestellt hat? Und zweitens: Warum legen Sie es dann nicht vor der Volksbefragung auf den Tisch?
SPINDELEGGER: Die SPÖ und ihr Minister Darabos haben das Bundesheer sechs Jahre den Bach hinuntergehen lassen. Jetzt soll die ÖVP mit ihren Konzepten der SPÖ helfen – herrlich. Meine Meinung ist klar: Am 20. Jänner soll die Bevölkerung abstimmen, ob sie weiter die Wehrpflicht haben will – und wenn sie das will, dann muss der Minister ab 21. Jänner die Reform der Wehrpflicht einleiten. Modern und zeitgemäß.

ÖSTERREICH: Soll Darabos auch bei einer Entscheidung pro Wehrpflicht weiter Minister bleiben?
SPINDELEGGER: Das ist die Entscheidung der SPÖ. Von mir aus kann er bleiben und das Votum ordentlich umsetzen.

ÖSTERREICH: Die meisten Beobachter haben den Eindruck, der Ton zwischen Ihnen beiden wird seit dem Kampf um die Heeres-Befragung deutlich schärfer.
SPINDELEGGER: Das halten wir aus.
FAYMANN: Ja, das halten wir aus.

ÖSTERREICH: Sind Sie eigentlich in der Europa-Politik noch auf einer Linie? Die ÖVP hat ja zuletzt sogar mit einem Veto gedroht.
SPINDELEGGER: Wir wollen beide, dass Österreich in den beiden wesentlichen Fragen des EU-Budgets nicht unter die Räder kommt: bei der ländlichen Entwicklung und beim Rabatt.

ÖSTERREICH: Fordern Sie weiter ein Veto?
SPINDELEGGER: Ich bleibe genau auf Linie – und so bleibt es auch.
FAYMANN: Mit der Veto-Keule zu drohen, bringt noch kein Ergebnis. Wir haben eine gemeinsame Linie abgesprochen. Das hält.

ÖSTERREICH: Sie haben den Kanzler in der EU-Politik zuletzt kritisiert und gemeint, seine Überlegungen für eine Vergemeinschaftung der Schulden wären Wahnsinn.
SPINDELEGGER: Jawohl – eine Schulden-Vergemeinschaftung in Europa zum jetzigen Zeitpunkt halte ich für einen Wahnsinn.
FAYMANN: Da muss man bei der Wahrheit bleiben. Wir konnten die Rettung der gefährdeten Länder wie Griechenland, Portugal und Irland nur durch gemeinsame Hilfe und den gemeinsamen Schutzschirm gewährleisten. Wir haben also bereits etwas wie ein gemeinsames Schulden-Management. Und was den Begriff der Vergemeinschaftung der Schulden betrifft – dass alle gemeinsam für alle Schulden haften, dafür ist ja niemand!
SPINDELEGGER: Bravo! Das wollte ich hören. Jetzt sind wir wieder auf einer gemeinsamen Linie.

ÖSTERREICH: Sind Sie eigentlich so wie die Frau Finanzminister der Meinung, dass Europa in puncto Krise über den Berg ist?
FAYMANN: Ganz sicher nicht! Solange wir nicht mehr Wirtschaftswachstum haben, solange die Jugendarbeitslosigkeit in Teilen von Europa bei 50 Prozent liegt, solange sind wir in Europa ganz sicher nicht über den Berg. Auch wenn es in den vergangenen Monaten gelungen ist, die Eurozone zu stabilisieren.
SPINDELEGGER: Also, Maria Fekter hat recht – wir stehen heute viel besser da, als vor einem Jahr, und auch schon deutlich besser, als noch im Sommer. Aber wir werden noch viel tun müssen.

ÖSTERREICH: Bekommen wir eine Steuerreform?
FAYMANN: Ich bin für eine Steuerreform – aber erst, wenn wir sie uns leisten können.
SPINDELEGGER: Derzeit ist der Spielraum noch nicht da, aber wir brauchen eine Entlastung für den Mittelstand und die Familien. Dafür stehe ich.

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