Der VfGH-Präsident verkündete am Freitag die historische Entscheidung.
Im Marathon hat Gerhart Holzinger Erfahrung, im Herbst läuft der passionierte Sportler den nächsten Bewerb. Ausdauer und Tempo hat der Präsident des Verfassungsgerichtshofs nun auch in einem Demokratiemarathon bewiesen. Nach intensiver öffentlicher Verhandlung und innert der vierwöchigen Frist hat der VfGH die BP-Stichwahl aufgehoben - der Höhepunkt Holzingers Amtszeit, die 2017 zu Ende geht.
Seit 2008 VfGH-Präsident
Seit 1995 ist der heute 69-Jährige Mitglied des Höchstgerichts, 2008 wurde er dessen Präsident. Kommendes Jahr, wenn er das 70. Lebensjahr vollendet, wird er Abschied nehmen. In seiner Amtszeit traf der VfGH zahlreiche wegweisende Entscheidungen, die auch gesellschaftspolitisch einiges bewegten. Holzinger selbst tritt als aktiver Präsident auf, der sich zu tagesaktuellen Themen kein Blatt vor den Mund nimmt und sich zugleich um die Vermittlung der komplexen Verfassungsmaterie bemüht.
YouTube-Channel
So gibt es mittlerweile einen eigenen YouTube-Channel, wo der Präsident persönlich immer wieder Verfassungsthemen erläutert. Auch die Publikation "Verfassung kompakt" verfolgte das Ziel, hohe Gesetze nachvollziehbar zu erklären. In Holzingers Ära fiel auch die Übersiedlung des früher am Judenplatz beheimateten Verfassungsgerichtshofs ins neue Domizil an der Wiener Freyung. Neue Aufgaben kamen in den vergangenen Jahren auch hinzu, so etwa als Schlichtungsstelle bei Streitigkeiten in parlamentarischen Untersuchungsausschüssen.
Wahrung der Grundrechte oberstes Ziel
Dass ihm die Wahrung der Grundrechte gerade in Zeiten verschärfter Terrorbekämpfung oberstes Ziel ist, hat Holzinger in den vergangenen Jahren wiederholt deutlich gemacht. Nicht zuletzt warnt er vor einer Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung, seit sie sein Gerichtshof aufgehoben hat. Auch deutliche Worte Richtung Regierung scheut der gebürtige Gmundner nicht. Nicht nur einmal forderte er vehement Reformen und Schritte aus dem "Stillstand" ein, ebenso ergriff er in Sachen direkter Demokratie das Wort oder äußerte sich unmissverständlich gegen eine fixe Flüchtlings-"Obergrenze".
Kein Parteibuch
Ein Parteibuch hatte Holzinger nie, aber er ist seit seiner Studienzeit Mitglied des konservativen Cartellverbandes (CV). Dennoch wurde seine Tätigkeit als Verfassungsjurist auch von der SPÖ geschätzt: Er machte unter SPÖ-Kanzlern im Verfassungsdienst des Kanzleramtes Karriere. Ex-Kanzler Franz Vranitzky setzte sich für seinen Wechsel in den VfGH ein. Als Beamter bereitete er für Vranitzky verfassungsrechtlich den EU-Beitritt Österreichs vor, erstellte aber auch für ÖVP-Minister wie Heinrich Neisser oder Josef Riegler Konzepte für eine Bundesstaatsreform. Holzinger - anerkannter Experte für Grund- und Menschenrechte - war auch stets in der Wissenschaft verankert, etwa als Universitätsprofessor an der Uni Graz oder als Präsident der Österreichischen Juristenkommission (ÖJK).
Sportliche Passionen
Nicht nur Laufen zählt zu seinen sportlichen Passionen - er absolvierte Marathons von Wien über Berlin bis New York, auch beim "Ironman" war er schon dabei. Passiv ist Holzinger Fußballfan und bekennender Rapidler. Ansonsten interessiert er sich auch für Theater. Seiner oberösterreichischen Heimat blieb er stets verbunden: Er hat ein Haus in Gmunden und ließ kaum einen Oberösterreicher-Ball aus.
Zur Person
Gerhart Holzinger, geboren am 12. Juni 1947 in Gmunden. Jus-Studium und Uni-Assistenz in Salzburg. Ab 1975 im Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt, ab 1984 dessen Leiter. 1995 Verfassungsrichter, 2008 Präsident des Verfassungsgerichtshofs. 1998 Habilitation an der Universität Graz, 1999 bis 2003 Leiter des Menschenrechtsbeirats, 2000 bis 2008 Präsident der Österreichischen Juristenkommission. Holzinger ist verheiratet und hat zwei Kinder.
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