Bis zu 10 Jahre Haft

Das ist die ÖVP-Strafanzeige gegen Gewessler

20.06.2024

Die vom türkisen Generalsekretär Christian Stocker angekündigte Strafanzeige wegen Amtsmissbrauchs gegen Bundesministerin Leonore Gewessler zeigt oe24 hier. Die Anzeige will die ÖVP heute bei der Staatsanwaltschaft Wien einbringen.

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Die Angezeigte ist Bundesministerin für Klimaschutz, heißt es in der ÖVP-Strafanzeige gegen Leonore Gewessler (Grüne). Eingebracht hat sie die Volkspartei, es geht um Paragraph 302 Strafgesetzbuch - Amtsmissbrauch. 

Amtsmissbrauch: Bis zu 10 Jahre Haft drohen

Auf Amtsmissbrauch stehen bis zu 10 Jahre Haft - für Leonore Gewessler gilt die Unschuldsvermutung. Nach ihrem "Ja" zum EU-Renaturierungsgesetz ist die ÖVP brandheiß auf sie. Hier der Paragraph 302 zu Amtsmissbrauch im Strafgesetzbuch:

  1. Ein Beamter, der mit dem Vorsatz, dadurch einen anderen an seinen Rechten zu schädigen, seine Befugnis, im Namen des Bundes, eines Landes, eines Gemeindeverbandes, einer Gemeinde oder einer anderen Person des öffentlichen Rechtes als deren Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich mißbraucht, ist mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen.
  2. Wer die Tat bei der Führung eines Amtsgeschäfts mit einer fremden Macht oder einer über- oder zwischenstaatlichen Einrichtung begeht, ist mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren zu bestrafen. Ebenso ist zu bestrafen, wer durch die Tat einen 50 000 Euro übersteigenden Schaden herbeiführt. 

Das ist die Anzeige gegen Gewessler

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Auf acht Seiten legen die Anwälte der ÖVP dar, warum Gewessler ihrer Meinung nach gegen das Gesetz verstoßen hat. Sobald die Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Wien eingelangt ist, wird sie von den Staatsanwälten geprüft.

Die ÖVP will am heutigen Donnerstag die von ihr angekündigte Anzeige wegen Amtsmissbrauchs gegen die Grüne Umweltministerin Leonore Gewessler einbringen. In der Anzeige wirft die ÖVP ihrer Koalitionspartnerin vor, mit ihrer Zustimmung zur EU-Renaturierungsverordnung "wissentlich ihre Befugnis (...) missbräuchlich ausgeübt" zu haben, weil sie kein Einvernehmen mit den Bundesländern und dem ÖVP-geführten Landwirtschaftsministerium hergestellt hatte.

Weitere Anzeigen aus der Partei seien nicht geplant

Gewesslers Ja zur Renaturierungsverordnung hatte die Regierung ordentlich ins Wanken gebracht, Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat sich aber letztlich dagegen entschieden, die Koalition platzen zu lassen. Allerdings kündigte die ÖVP sowohl eine Nichtigkeitsklage beim EuGH als auch eine Amtsmissbrauchs-Anzeige gegen Gewessler an. Letztere liegt nun vor und soll am Donnerstag namens der Bundespartei bei der Staatsanwaltschaft Wien eingebracht werden. Weitere Anzeigen aus der Partei seien nicht geplant.

Diese Gründe stehen in der Anzeige

Die Argumente in der von der Kanzlei des Rechtsanwalts Werner Suppan verfassten Strafanzeige sind hinlänglich bekannt: Gewesslers Zustimmung auf EU-Ebene sei "nach innerstaatlichem österreichischen Recht zu Unrecht erfolgt und verstößt gegen die einschlägigen verfassungsgesetzlichen und einfachgesetzlichen Vorgaben", heißt es darin. Es sei eine ablehnende einheitliche Stellungnahme der Bundesländer vorgelegen, außerdem habe die Ministerin nicht das Einvernehmen mit dem Landwirtschaftsministerium hergestellt.

  • Die Verordnung betreffe mit Naturschutz Angelegenheiten, in denen die Gesetzgebung auch Landessache sei. Die Bundesländer hätten dazu im November 2022 eine ablehnende einheitliche Stellungnahme abgegeben, die im Mai 2023 durch eine weitere einheitliche Stellungnahme der Länder ergänzt worden sei. Eine Abweichung von einer einheitlichen Stellungnahme der Bundesländer sei nur aus zwingenden Integrations- und außenpolitischen Gründen möglich, die hier nicht ersichtlich seien, heißt es in der Anzeige.
  • Der inzwischen erfolgte Meinungsumschwung aus Wien und Kärnten ändert für die ÖVP nichts: "Eine anderslautende dahingehende einheitliche Stellungnahme der Bundesländer, wonach sie dem Vorhaben der Renaturierungsverordnung nunmehr zustimmen würden, ist ungeachtet der Meinungsäußerungen einzelner Bundesländer in der Folge nicht zustande gekommen", wird betont. Gewessler habe sich also über die einheitliche Länder-Stellungnahme "entgegen ihrer verfassungsgesetzlichen Bindung (...) hinweggesetzt".
  • Weiters wird argumentiert, dass Bundesministerien bei Geschäften, die den Wirkungsbereich mehrerer Ressorts betreffen, entweder gemeinsam oder zumindest im Zusammenwirken mit den beteiligten Bundesministerien vorzugehen hätten. In diesem Fall sei das Landwirtschaftsministerium berührt. Gewessler habe aber weder das Einvernehmen mit dem Landwirtschaftsministerium hergestellt noch eine Beschlussfassung der Bundesregierung herbeigeführt, "obwohl ihr eine entsprechende Ablehnung der Renaturierungsverordnung durch das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft bekannt war".

Verfassungsdienst warnte Gewessler

Dass all dies notwendig gewesen wäre, argumentiert die ÖVP auch in der Anzeige mit einer entsprechenden Information des Verfassungsdienstes im Kanzleramt. Es liege also "der Verdacht nahe, dass der Straftatbestand 'Missbrauch der Amtsgewalt' gemäß Paragraf 302 StGB erfüllt ist", meint die ÖVP. Denn Gewessler habe "funktionell als 'Beamtin'" wissentlich ihre Befugnis missbräuchlich ausgeübt, "indem sie dem Vorhaben mit dem (zumindest bedingten) Vorsatz, die betroffenen Bundesländer sowie das betroffene Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft (also den Bund) in ihren Rechten zu schädigen, zugestimmt hat".

Kritik: Gewesslers Gutachten seien  "private Expertisen" 

Die von Gewessler eingeholten Gutachten seien "private Expertisen", die zeigen würden, dass sich die Angezeigte "völlig eindeutig darüber im Klaren war, dass ihr geplantes und angekündigtes Vorgehen offensichtlich gesetzes- und verfassungswidrig war". Damit sei "ihre Wissentlichkeit beim vorgenommenen Befugnismissbrauch hinlänglich dokumentiert", schreiben die ÖVP-Anwälte in der Anzeige. 

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