Bei der EU-Wahl 2004 war Hans-Peter Martin der Überraschungssieger - mit 13,98 Prozent landete er bei seinem ersten Antreten mit eigener Liste auf Platz 3.
Der gebürtige Vorarlberger und frühere Südamerika-Korrespondent des "Spiegel" wurde 1999 vom damaligen Bundeskanzler und SPÖ-Chef Viktor Klima zum SPÖ-Spitzenkandidaten auserkoren. Nach jahrelangen Spannungen wurde der von Anfang an "parteifreie" Ex-Journalist 2004 von der sozialdemokratischen SPE-Fraktion ausgeschlossen.
Streit mit Resetarits
Während Martin ein "Kesseltreiben" der SPE
wahrnahm, fühlten sich EU-Abgeordnete von ihm eingeschüchtert und
"bedrängt". Wenige Monate später holte Martin mit einer eigenen Liste bei
der EU-Wahl zwei Mandate. Mit seiner damaligen Listenzweiten, der früheren
ORF-Journalistin Karin Resetarits, kam es schon bald zum Bruch nach einem
Streit um finanzielle Fragen. Resetarits wechselte zu den Liberalen. Einen
jahrelangen Rechtsstreit um die teilweise Rückforderung seiner 1,5 Mio. Euro
Wahlkampf-Fördermittel gewann Martin 2008.
Innenpolitische Flops
Trotz seiner Erfolge im EU-Parlament konnte
Martin in der österreichischen Innenpolitik nicht Fuß fassen. 2006 verfehlte
er mit seiner Liste den Einzug in den österreichischen Nationalrat, 2008
verzichtete er auf eine Kandidatur. Dafür schmiedete er immer wieder
Allianzen im Ausland - im Vorfeld der irischen Abstimmung über den
EU-Reformvertrag unterstützte er etwa den EU-Kritiker und Multimillionär
Declan Ganley. Bei der bevorstehenden Europawahl wollte Martin trotzdem
nicht gemeinsame Sache mit Ganley und seiner EU-kritischen Partei "Libertas"
machen.
"OLAF-Affäre"
Vor zwei Jahren stand der Aufdecker
selbst nach Vorwürfen der Betrugsbekämpfungsbehörde OLAF im Zusammenhang mit
der Verwendung seiner Sekretariatszulage am Pranger. Das Europaparlament
forderte von Martin 163.381 Euro und 54 Cent zurück. Martin bestritt
"angebliche Formfehler", beklagte eine "politische Intrige" und reichte
Klage beim EU-Gerichtshof auf Rückzahlung ein. Ein Urteil ist noch
ausständig. In Österreich wurde ein Strafverfahren gegen Martin 2007
eingestellt, die Staatsanwaltschaft Wien fand keine Beweise für
unrechtmäßigen Bezug.
Geboren in Vorarlberg
Martin wurde 11. August 1957 in Bregenz,
Vorarlberg, geboren. Er studierte Rechts- und Politikwissenschaften in Wien.
Ab 1986 war er außenpolitischer Redakteur beim deutschen Nachrichtenmagazin
"Der Spiegel" in Hamburg. Von 1989 bis 1991 war er Korrespondent für
Südamerika mit Sitz in Rio de Janeiro. Dann leitete er das "Spiegel"-Büro in
Wien. Neben dem Bestseller "Die Globalisierungsfalle" publizierte er
"Nachtschicht - eine Betriebsreportage" sowie als Co-Autor "Gesunde
Geschäfte", "Kursbuch Gesundheit" und "Bittere Pillen". Martin ist in
zweiter Ehe verheiratet, aus erster Ehe hat er einen Sohn.