Ukraine empört, Österreichs Opposition besorgt, Strache jubelt.
Der schönste Tag im Leben ist eigentlich eine höchst private Angelegenheit. Doch im Falle von Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) stahl der Braut, "einem Traum im Dirndl", am Samstag Wladimir Putin die Show, wie die "New York Times" berichtete: Putin war eingeladen und tanzte tatsächlich auf der Hochzeit der 53-jährigen Außenministerin an der südsteirischen Weinstraße.
Die "Times" und viele andere internationale Zeitungen berichteten über das Ereignis mit dem ungewöhnlichen Gast. Russland-Experte Gerhard Mangott erklärte auf Twitter, allein am Donnerstag 15 Interviews zu Kneissls Hochzeit gegeben zu haben.
"Werbung für Österreich"
"Internationale Medienberichte und Bilder von der Hochzeit und der wundervollen steirischen Landschaft werden von Brasilien, bis Canada, in allen europäischen Staaten bis Australien sichtbar", meint Hochzeitsgast Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache. "Eine bessere Werbung für Österreich, seine wundervolle Natur, traumhafte Landschaft und gelebte Gastfreundschaft kann es gar nicht geben!", erklärte Strache auf Facebook.
Die Werbewirkung wird allerdings nicht nur positiv beurteilt. Auf Twitter kursierte ein Bild von dem Tanz Kneissls mit dem russischen Präsidenten - allerdings war Putin rausretuschiert und Adolf Hitler in das Bild reingesetzt worden. Diese böse Fotomontage stammt aus der Ukraine. Kiew ist über den "privaten" Besuch des russischen Präsidenten wenig erfreut. Die Vorsitzende des außenpolitischen Ausschusses im ukrainischen Parlament, Hanna Hopko, erklärte, dass Österreich mit der Hochzeitseinladung für Putin nun kein neutraler Vermittler in der Ukraine mehr sein könne.
Persönliche Einladung
Laut Kremlberater Juri Uschakow lud Kneissl Putin zu ihrer Hochzeit persönlich ein, als dieser zu Besuch in Wien war. Kneissl hatte Putin im Juni am Flughafen empfangen und zu seinen Gesprächen mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen gebracht. Van der Bellen hatte damals erklärt, kein Glaubwürdigkeitsproblem Moskaus erkennen können. "Eine grundsätzliche Vertrauenskrise" zwischen der EU und Russland sehe er nicht, erklärte der Bundespräsident, was für manche Beobachter etwas überraschend kam. Schon damals wurde Österreich zu große "Russland-Freundlichkeit" unterstellt.
Anlässlich der Hochzeit kam nicht nur aus der Ukraine Kritik. Die österreichische Opposition sah durch den russischen Hochzeitsgast einen Imageschaden für Österreich, gerade jetzt in einer Zeit, als es die EU-Ratspräsidentschaft innehat. Die "Süddeutsche Zeitung" erinnerte: Selbst ein Putin-Freund wie der deutsche Altkanzler Gerhard Schröder "verzichtet bei seiner Feier anlässlich seiner fünften Hochzeit im Oktober auf den Kremlchef als Gast. Begründung: Ein Staatschef bedeute 'viel zu viel Buhei'".
Warum die Außenministerin Putin einlud, ist unklar. Dass sie mit Putin eine persönliche Beziehung verbinden würde, blieb der Öffentlichkeit bisher verborgen. Putins Sprecher Dmitri Peskow erklärte, Putin und Kneissl Gatte Wolfgang Meilinger würden eine Leidenschaft für Judo teilen, wie die BBC berichtete. Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" vermutet einen anderen Grund: "Es ist der Versuch, Nähe herzustellen, eine Nähe, die Putin wohlgesinnt stimmen soll", meinte die Zeitung. "Kneissl sorgt sich um die österreichische Wirtschaft. Die sei von den russischen Gegensanktionen stärker betroffen als die Wirtschaft anderer EU-Länder. In der Landwirtschaft sei es zu massiven Einbußen gekommen. Kneissls Pläne zielen darauf, diese Verluste möglichst schnell aufzufangen."
Hohe Kosten für Sicherheit
In Österreich sorgten vor allem die Kosten für die Sicherheit Putins für Diskussionen. Laut ÖSTERREICH schätzen Insider die Kosten für den Hochzeitsbesuch auf nicht weniger als 250.000 Euro, die auf den Steuerzahlern lasten würden. Mehr als 500 Polizisten waren im Einsatz.
"Die Trauung ist längst ein Politikum geworden", so die ARD. Ex-Vizekanzler Erhard Busek (ÖVP) meint, Kneissl sei "instrumentalisiert" worden. "Putin ist ja nicht ungeschickt, er kommt nur zu gewissen Anlässen, um Zeichen zu setzen. Es ist anzunehmen, dass der österreichische EU-Vorsitz für ihn ausschlaggebend war", so Busek zu ÖSTERREICH. Der russische Präsident sei immer meisterlich vor den Kameras, schrieb die "New York Times": ob halbnackt auf dem Pferd posierend, mit Tataren tanzend oder mit Harley-Motorradfahrern fahrend.
"Ein Despot ist nie privat", meint der Grüne EU-Abgeordnete Michel Reimon: Schwarz-Blau werde "als verlängerter Arm des russischen Regimes in der Europäischen Union wahrgenommen und verspielt die gute Reputation des Landes", formulierte Reimon und forderte Kneissls Rücktritt. "Der diplomatische Fettnapf, der Außenministerin-Hochzeit, hat Ölfass-Dimensionen erreicht, Putin fährt mit Österreich Schlitten", urteilte die Ex-Skiläuferin Nicola Werdenigg.