Warnung vor EU-Strafen
Datenspeicherung: Koalition streitet weiter
15.02.2011
Regierungsparteien haben langen Weg bis zu einer Einigung vor sich.
Die Regierungsparteien haben in der strittigen Frage der Speicherung von Kommunikationsdaten am Dienstag vor dem Ministerrat auf ihren Positionen beharrt. SP-Infrastrukturministerin Doris Bures warnte vor drohenden EU-Strafen, pochte auf Rechtsschutz und wies den Vorwurf der ÖVP zurück, dass mit dem Gesetz die Bekämpfung von Internetkriminalität eingeschränkt werde. Justizministerin Bandion-Ortner (V) dagegen sieht nach wie vor eine "Schwächung der Instrumente gegen Kinderpornografie und schwerer Internetkriminalität".
Zugriff erlaubt
Wohl steht mittlerweile außer Streit, dass der Zugriff auf E-Mail-, Handy- und Internetverbindungsdaten bei Delikten ab einer Höchststrafe von einem Jahr erlaubt sein soll. Doch erstens sieht das Justizministerium hier einen Widerspruch zum Begriff "schwere Straftaten", wie er im Gesetz stehen soll; zweitens verweist man auf einige Delikte, die dieses Höchststrafenlimit nicht erreichen. Als Beispiel werden Tatbestände im Bereich der Kinderpornografie genannt, u.a. Besitz und Weitergabe von entsprechendem Material. Hier habe man der SPÖ ohnehin schon "Zugeständnisse gemacht", sagte Bandion-Ortner.
Streit in der Koalition
Infrastrukturministerin Bures weist diese Darstellung des Koalitionspartners vehement zurück. Der Vorwurf, Verbrechensbekämpfung werde erschwert, sei "unhaltbar", hieß es aus ihrem Büro. "Es gibt keinen Paragrafen, der damit aufgehoben wird", betonte Bures vor Journalisten. Man habe nämlich im Gesetzesentwurf festgelegt, dass Justiz und Polizei auf Internet-Daten zur Verfolgung aller Strafdaten zugreifen dürften - bei dringenden Fällen oder Gefahr im Verzug auch sofort. Bures unterstrich einmal mehr, dass der SPÖ der Rechtsschutz besonders wichtig sei, bzw. die Rechtsmittel bei missbräuchlicher Verwendung. Außerdem warnte die SP-Ministerin, einmal mehr vor den drohenden Geldstrafen der EU, Österreich hätte die Richtlinie ja schon 2009 umsetzen sollen.
Finanzierung
Doch nicht nur inhaltlich sondern auch bezüglich der Finanzierung für die Umsetzung der Richtlinie ist die Koalition noch auf keinen grünen Zweig gekommen. Die Anstoßkosten (etwa Speichermedien) werden mit bis zu 20 Mio. Euro einmalig beziffert. Das Infrastrukturministerium hat wenig Lust, dieses Geld locker zu machen, Justizministerin Bandion-Ortner dagegen findet, Bures habe lange genug Zeit gehabt, diesen Betrag in ihrem Ressort zu budgetieren. Sie erwarte sich weiterhin einen "haushaltsrechtskonformen" Vorschlag. Bandion-Ortner stellte indes in Aussicht, dass ihr Ministerium einen Teil der laufenden Kosten übernehmen würde.
Bundeskanzler Werner Faymann (S) räumte zwar ein, dass die Vorratsdatenspeicherung für letzte Verhandlungen zurückgestellt wurde, er sieht aber "positive Ergebnisse". Er geht davon aus, dass die zuständigen Regierungsmitglieder die Gespräche in den nächsten Tagen vorantreiben: "Ich lasse sie in Ruhe arbeiten". Faymann geht es um die "optimale Terrorismusbekämpfung" bei Wahrung des Datenschutzes.
Verbindungsdaten
Mit der Vorratsdatenspeicherung sollen sämtliche Verbindungsdaten von Internet-, Telefon- und E-Mail-Anwendern ein halbes Jahr lang gespeichert werden - und zwar bei allen Teilnehmern, ohne Vorliegen eines konkreten Tatverdachts. Damit können die Behörden künftig feststellen, wer, wann, wie lange, von wo aus mit wem kommuniziert hat und welche Internet-Seiten er besucht hat. Verwendet werden sollen die Daten laut einer 2006 unter dem Eindruck u.a. der Terroranschläge von Madrid erlassenen EU-Richtlinie zur "Verfolgung von schweren Straftaten".
Österreich hätte die Vorratsdatenspeicherung bis 15. März 2009 umsetzen sollen und ist bereits einmal vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) wegen Säumigkeit verurteilt worden. Im Februar ist laut Infrastrukturministerium mit dem zweiten Mahnschreiben in dieser Sache zu rechnen. Ab dann läuft eine zweimonatige Frist. Ist die Umsetzung danach noch immer nicht erledigt, drohen Strafzahlungen, und zwar in Millionenhöhe. Mittlerweile denkt die EU-Kommission an eine Überarbeitung der Richtlinie.