Die Parteien wollen international auf einen Atom-Ausstieg drängen.
Am Dienstagvormittag ist in der Sondersitzung des Nationalrats die Atom-Politik Österreichs, die Atom-Lobby und die Aufsichtsratstätigkeit des ehemaligen Bundeskanzlers Wolfgang Schüssel (V)
bei RWE diskutiert worden. Einig waren sich die Parteien darin, dass international auf den Atom-Ausstieg gedrängt werden muss. Der Opposition sind die Initiativen der Regierung allerdings noch nicht engagiert genug.
Strache gegen Tagesordnung
Der freiheitliche Klubobmann Heinz-Christian Strache pocht darauf, dass nun nach der Katastrophe in Japan nicht zur Tagesordnung übergegangen wird: "Die Bilder sind nachhaltig. Sie sind eine Warnung und müssen uns eine Lehre sein. Wir müssen aber befürchten, dass man leider wieder zur Tagesordnung übergehen wird. Genau das darf aber nicht passieren." Mittels Wasser, Solar, Geothermie oder Windkraft habe Österreich die Chance, energieautark zu werden. Eine autonome Energieversorgung und der Umweltschutz - "Das ist der Auftrag an uns alle", so Strache.
Auch für den roten Klubchef Josef Cap sind die aktuellen Ereignisse in Japan eine "Bestätigung", Atomkraft sei "vor allem moralisch keine saubere Energieform": "Das Zynische ist aber, dass die Atom-Lobbyisten genau wissen, was das Risiko ist und in Kauf nehmen, dass es zur Verstrahlung für Jahrtausende führen kann. Das ist der Skandal. Österreich kann und wird seinen Beitrag leisten." Cap sprach sich auch für eine "Umorientierung" von Euratom aus: "Euratom muss die Zielsetzung ändern und die Förderungen. Das wäre notwendig."
Grüne vermissen "ernsthafte Initiativen"
In der österreichischen Politik vermissen die Grünen aber "ernsthafte Initiativen", man sei "ein bissl frustriert über die Aktionslosigkeit der letzten Jahre". Sie kündigte an, die Regierung bei "echten Ausstiegsinitiativen" zu unterstützen, aber "nicht bei den Stresstests, das können sie allein machen mit der Atom-Lobby". Dass Ökostrom zu teuer sei, "dieses Argument möchte ich nie mehr hören. Das ist wirklich lächerlich", meinte Glawischnig. Angesichts der aktuellen Katastrophe sprach sie von einem "unglaublichen Fenster" für eine Abkehr von Atom.
Kritik übte Glawischnig wie auch Strache an Wolfgang Schüssel (V) aufgrund seiner Aufsichtsratstätigkeit beim deutschen Energiekonzern RWE. Glawischnig ortet eine Unvereinbarkeit und forderte ihn auf: "Ich verstehe nicht, dass sie sich nicht äußern können und hinter der Zeitung verkriechen. Das ist nicht in Ordnung. Bitte äußern sie sich."
Kopf verteidigt Schüssel
Schüssel und seine Aufsichtsratstätigkeit bei RWE in Schutz genommen hat hingegen ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf: "Wer, wenn nicht er hat eine Anti-Atompolitik nicht nur unterstützt, sondern betrieben, die uns europaweit endlich Sicherheitsstandards für Atomkraftwerke brachte." Als Aufsichtsratsmitglied habe er schließlich auch die Möglichkeit, österreichische Interessen zu vertreten - und die RWE stecke 1,5 Mio. Euro in erneuerbare Energie. "Auch das ist ein Faktor", betonte Kopf. Daraufhin musste Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (S) aufgrund der lauten Zwischenrufe Disziplin verlangen.
Kopf plädierte dafür, international vom "Irrweg" der Nuklearenergie abzugehen: "Machen wir uns gemeinsam stark, indem wir unsere glaubwürdige Politik und Position dafür einsetzen, die anderen Schritt für Schritt zu überzeugen. Mit Beharrlichkeit, manchmal auch wie ein Kampf gegen die Windmühlen." So verwies er etwa auf den gemeinsamen Aktionsplan, den die Bundesregierung am Dienstagmorgen beschlossen hatte.
Zeitfenster nützen
BZÖ-Klubchef Josef Bucher erklärte: "Wir müssen das Zeitfenster jetzt aktiv nützen und die Ängste der Bevölkerung ernst nehmen. Jede andere Entscheidung, wäre fahrlässig. Wir sollten nicht Lippenbekenntnisse von uns geben, wie das die Bundesregierung heute wieder gemacht hat." Der geplante Stresstest sei nur ein "Placebo": "Nur die Beamten kriegen einen Stress in der Administration, aber sie bekommen keine fundamentale Aussage über die Sicherheit nur eines AKW." Er werde jedenfalls nichts zum geforderten Atom-Ausstieg beitragen. Bucher drängt auf einen Ausstieg aus dem Euratom-Vertrag und möchte diese Gelder lieber in Österreichs Wirtschaft investiert sehen.