Unter den Demonstranten waren zahlreiche Rechtsextremisten. Bei einer Gegenkundgebung gab es eine Schlägerei.
Tausende Menschen haben am Samstag in Wien-Innere Stadt an einer Protestkundgebung gegen den EU-Reformvertrag teilgenommen. Wenn man keine Volksabstimmung über die geplante neue EU-Rechtsgrundlage mache, dann komme dies einer "Vergewaltigung des österreichischen Volkes" gleich, sagte der Jurist Adrian Hollaender bei der Demonstration und fügte hinzu: Die Meinung des Volkes sei zu respektieren.
Peter Weish, Präsident des Forums Wissenschaft und Umwelt, erinnerte an den sogenannten Anschluss Österreichs an Nazi-Deutschland vor 70 Jahren und erklärte, dass die österreichische Bevölkerung aufpassen müsse, dass sie nicht die letzten Reste der Demokratie verliere.
5.000 Demonstranten
Transparente mit der Aufschrift "Nein
zur EU-Diktatur", "Frei und Neutral" und "Ihr
Vaterlandverräter - Wir haben ein Recht auf Volksabstimmung" waren
auf dem Stephansplatz zu sehen. Nach Polizeiangaben demonstrierten etwa
5.000 Menschen, welche mit lautstarken Sprechchören eine Volksabstimmung
forderten. Die Demonstration wurde von der Plattform "Neutralität
retten: Nein zum EU-Vertrag" organisiert.
"Es geht nicht um die Frage 'EU ja oder nein', sondern ob man das Recht auf eine Volksabstimmung hat", erklärte Hollaender am Rande der Kundgebung. Dieses Recht dürfe man niemandem nehmen und deshalb sei die österreichische Bevölkerung "böse". Auch Gruppierungen der FPÖ sowie BZÖ-Chef Peter Westenthaler und der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider (B) befanden sich unter den Kundgebungs-Teilnehmern. Die Demonstration sei nicht mit politischen Parteien abgesprochen gewesen, betonte Hollaender.
Zahlreiche Rechtsextemisten unter den Demonstranten
Unter den
Demonstranten befanden sich nach Angaben von Augenzeugen auch zahlreiche
Rechtsextremisten. Ein Experte für Rechtsextremismus in Österreich
berichtete der APA, dass sich unter anderem auch der ehemalige Führer der
mittlerweile nach dem Verbotsgesetz verbotenen Volkstreuen
Außerparlamentarischen Opposition (VAPO), Gottfried K., unter den
Kundgebungsteilnehmern befand.
Die Zahl der rechtsextremen Demonstranten schätzte der Experte auf mehr als 300. "Damit wurde bei dieser Demonstration eine Größenordnung in diesem Spektrum erreicht, die es viele Jahre nicht gab", sagte er. Verteilt wurden auch Flugblätter, auf denen Freiheit für den wegen Wiederbetätigung verurteilten Gerd Honsik gefordert wurde. Honsik war 1992 nach dem erstinstanzlichen Urteil nach Spanien geflüchtet, wo er im vergangenen August aufgrund eines europäischen Haftbefehls verhaftet und an Österreich ausgeliefert wurde.
Weitere Veranstaltungen geplant
Rudolf Pomaroli, Bundeschef der
Partei NFÖ ("EU-Austritt - Neutrales Freies Österreich"),
erklärte, dass noch zwei weitere Großveranstaltungen gegen den EU-Vertrag
geplant seien. Kommenden Freitag würden die Freiheitlichen eine Kundgebung
am Ballhausplatz abhalten und am Tag darauf sei eine Menschenkette beim
Parlament geplant. Das österreichische Volk würde sich mehrheitlich gegen
den Reformvertrag aussprechen, sollte es zu einem Referendum kommen, zeigte
sich Pomaroli "ganz sicher".
Der Europarechts-Experte Hollaender wollte dazu keine Prognose abgeben. Es solle aber nach der geplanten Ratifizierung des Vertrages ausschließlich durch das Parlament niemand sagen, er habe nicht gewusst, dass eigentlich eine Volksabstimmung erforderlich gewesen wäre.
Gegenveranstaltung
Zeitgleich fand in der Wiener Innenstadt eine
Gegenaktion von einer bis dato unbekannten Gruppe statt. Demonstranten
stürmten in ein Kaffeehaus am Stephansplatz und hissten, begleitet von
Sprechchören, ein Transparent mit der Aufschrift "Heimat im Herzen
- Scheiße im Hirn" auf dem Balkon des Gebäudes. Es kam zu einer
Schlägerei zwischen Kaffeehausgästen und diesen rund fünf Demonstranten, die
von der Polizei abgeführt wurden.