Wolfgang Schüssel hat seine Biografie schreiben lassen - Mit spannenden Insider-Details.
Am Dienstag tritt er wieder ins Rampenlicht, aus dem er sich gar nicht so ungern zurückgezogen hat. Bei "Morawa", der größten Buchhandlung Wiens, wird Wolfgang Schüssel – sieben Jahre Bundeskanzler, vor mehr als zwei Jahren abgetreten und dann von der politischen Bühne verschwunden – seine Biografie präsentieren.
Mit Susanne Riess-Passer
Mit dabei Susanne Riess-Passer, seine
Vizekanzlerin und engste politische Weggefährtin in den Tagen der
umstrittenen schwarz-blauen Koalition, die natürlich auch in diesem Buch
eine wichtige Rolle einnimmt.
In stundenlangen Sitzungen mit dem Journalisten Alexander Purger hat Wolfgang Schüssel sein Leben aufgezeichnet und festgehalten – und zu widerlegen versucht, dass er den "Ehrentitel" Schweigekanzler zu Recht getragen hat.
Majestätsplural
"Wolfgang Schüssel: Offengelegt" heißt das
Buch, und was zuerst überrascht, ist, dass es in der dritten Person
abgefasst ist. Obwohl es ausschließlich aus Schüssels Sicht geschrieben ist,
heißt es immer nur "er". "Er hat sich halt des Pluralis majestatis, des
Majestätsplurals, bedient. Passt schon“, ätzt ein Parteifreund, der das Buch
bereits gelesen hat.
Der kalte Vranitzky
Was an dem Buch weiters überrascht, ist die
Offenheit, mit der er über manche Zeitgenossen schreibt. Über den
ungeliebten Koalitionspartner, Ex-Bundeskanzler Franz Vranitzky, den er als
"kalt" und arrogant beschreibt und zu dem er nie eine menschlich tragfähige
Beziehung aufzubauen vermochte.
Der feige Klima
Menschlich netter schreibt Schüssel über
Vranitzkys Nachfolger Viktor Klima, ohne dass dieser besser wegkommt.
Schüssel erinnert sich in dem Kapitel über die gescheiterten
Koalitionsverhandlungen 1999 an den Schwächling Klima, den er trösten
musste, wenn dieser von der eigenen Partei fertiggemacht wurde, und an den
Feigling Klima, der sich nicht einmal zu den eigenen Gewerkschaftern traute
und lieber Finanzminister Edlinger schickte.
Schüssels Brille
Was an dem Buch noch überrascht, ist, dass
es wirklich spannend ist. Natürlich sind die Ereignisse, die zu Schwarz-Blau
führten, aus Schüssels Brille gesehen und halten wahrscheinlich einer
genauen historischen Überprüfung nicht stand – interessant sind seine
Version und die Details, die er über seinen Arbeitsstil verrät, allemal. Was
an dem Buch nicht überrascht: Selbstkritik ist Schüssels Sache nicht: Die
Blöden sind immer die anderen.
Wer das Buch liest, erfährt auch etwas über den privaten Schüssel: Wie er als Späthippie und Ö3-Mitarbeiter seine Gigi, Ehefrau Krista, kennenlernte und umgehend heiratete.