Kollegen, Parteifreunde und Medien - alle wollen etwas von der designierten Justizministerin Claudia Bandion-Ortner - die geht vorerst auf Tauchstation.
Die Ernennung der Wiener Strafrichterin Claudia Bandion-Ortner zur Justizministerin war am Dienstag zentrales Gesprächsthema im Wiener Straflandesgericht. Kollegen, Staatsanwälte und Strafverteidiger freuten sich über den Karrieresprung der BAWAG-Richterin und wollten ihr persönlich gratulieren. Bandion-Ortner befand sich allerdings auf Tauchstation - sie hatte sich mit dem umfangreichen BAWAG-Akt in einem Zimmer neben dem Großen Schwurgerichtssaal eingesperrt, wo sie einer Schriftführerin die BAWAG-Urteile diktierte.
BAWAG-Urteil abschließen
Bis zur Angelobung der neuen
Bundesregierung am kommenden Dienstag will Bandion-Ortner die schriftliche
Urteilsausfertigung abgeschlossen haben. Bis dahin will die designierte
Justizministerin auch keine Interviews geben. "Sie lässt sich nicht
ablenken. Sie sitzt diszipliniert über den Urteilen und diktiert und diktiert",
wusste Gerichtssprecher Christian Gneist zu berichten.
Posten muss nachbesetzt werden
Im Haus selbst sei wieder Ruhe
eingekehrt, nachdem der Montag recht hektisch verlaufen war, wie Gneist
erläuterte. Das Präsidium war am Wochenende von Bandion-Ortners
Karriereplänen informiert worden. Umgehend wurden organisatorische Maßnahmen
veranlasst, um der Noch-Richterin die raschestmögliche Fertigstellung der
BAWAG-Urteile zu ermöglichen. Zusätzlich muss der mit Bandion-Ortners Abgang
vakant gewordene Planposten in der Wirtschaftsabteilung nachbesetzt werden. "Da
kann man nicht lange zuwarten, da diese Abteilung personell unterbesetzt ist",
sagte Gneist.
"Alle wollen mit ihr sprechen"
Zur Telefonistin
degradiert dürfte sich die junge Rechtspraktikantin fühlen, die
Bandion-Ortner dienstzugeteilt wurde. Das Telefon läute permanent, ständig
klopfe es an der Tür, verriet die im Büro der BAWAG-Richterin die Stellung
haltende Juristin: "Alle wollen mit ihr sprechen." Vor allem
Anwälte würden sich nach dem Verbleib und dem Befinden der Ministerin in spe
erkundigen. Wenigstens müsse sie keine Geschenke entgegennehmen, scherzte
die Rechtspraktikantin. Das könnte sich ändern: Bandion-Ortner feiert am
kommenden Sonntag ihren 42. Geburtstag.